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Die Verurteilten

Die Verurteilten

OT: The Shawshank Redemption
DRAMA: USA, 1994
Regie: Frank Darabont
Darsteller: Tim Robbins, Morgan Freeman, Bob Gunton, William Sadler

STORY:

Andy Dufrense wird unschuldig und nur aufgrund von Indizienbeweisen zu zwei mal lebenslänglich für den Mord an seiner Frau und ihrem Geliebten verurteilt. "Die Verurteilten" erzählt vor allem die Geschichte Andys hinter Gittern. Wie man es auf dieser Basis auf die Nummer 2 der Top 250 Filme aller Zeiten auf IMDB schafft, versucht dieses Review zu ergründen.

KRITIK:

Wenn ein genialer Künstler zu sehr über die Außergewöhnlichkeit seiner Werke und nicht über deren Inhalte und künstlerische Aspekte definiert wird, passiert es häufig, dass durch die Medien nur noch eine sehr oberflächliche Wahrnehmung der jeweiligen Person transportiert wird. Das hat meist den Effekt, dass massentaugliche Kunst entsteht.

Zugegeben, ich hätte jetzt gerne "Unterschichtenkunst" geschrieben - aber einerseits gibt es wenige Personen, die derartige Wörter gebrauchen können, ohne dass man dahinter gleich Diskriminierung und dergleichen vermuten würde - und andererseits habe ich zumindest die Grundidee dieses Wortes von genau so einer Person geklaut: nämlich Harald Schmidt.

Dieser wiederum ist definitiv kein "Unterschichtenkünstler", aber wir finden derer trotzdem gar viele: Alice Cooper zum Beispiel, über den sogar Bob Dylan meinte, dass er ein "overlooked songwriter" wäre. In der Öffentlichkeit wird sein Schaffen aber auf Aussagen wie "Master of Shock Rock" reduziert und dabei übersehen, dass die gewalttätigen, kunstblutspritzenden Bühnenshows nur die visuelle Ausdrucksweise des eigentlichen künstlerischen Schaffens waren. Auf äußerst tiefgründigen Konzeptalben wie "Welcome To My Nightmare" kann jeder einen erschreckend real dokumentiert wirkenden Blick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Psyche werfen.

Was Alice Cooper in der Musik ist, ist Stephen King in der Literatur: verschrien als "King of Horror" wird auch hier das zugrundeliegende Werk - besonders in Verfilmungen - oft einfach übersehen. Drehbuchautoren und Regisseure scheinen oft in Kings Büchern - dem Horror-King-Image entsprechend - nur nach dem "besten Schocker" für die Leinwand zu suchen. Kings aufopferungsvolle Recherchearbeit, die seine Bücher zu teils ebenfalls psychoanalytischen Meisterwerken werden lassen, fallen plump unter den Tisch. Gelegentlich werden immerhin noch Kings teils sarkastisch-bösartige wie auch liebevolle Aufarbeitungen des US-Kleinbürgertums ("Needful Things") in die Filme übernommen - wenn auch meist rein zufällig.

So ergibt es sich, dass ausgerechnet aus King-Büchern, die nicht ins Horror-Genre passen, die besten Verfilmungen entstehen. Gemessen an der Buch-Vorlage musste man ja sogar Stanley Kubricks (trotzdem genialer) Verfilmung von "The Shining" kapitales Scheitern unterstellen.

Hingegen schafften es die vergleichsweise eher unbekannten Regisseure Rob Reiner ("Stand By Me", "Misery") und Frank Darabont ("Die Verurteilten", "The Green Mile") mit der Verfilmung von nicht-King-typischen Material Filme, die in fast allen Film-Bestenlisten dieser Welt sehr weit oben zu finden sind. Natürlich gilt das auch für Kubricks "Shining" - doch dieses komplexe Thema eines genialen Buchs und eines genialen Films, die am Ende gar nicht viel miteinander gemeinsam haben, soll in einem eigenen Review aufgearbeitet werden.

Wie schon bei "Stand by me" steht man nun beim Thema "Die Verurteilten" aber vor einem besonderen Phänomen: beide Filme wurden von Kritik und Filmpublikum äußerst wohlwollend aufgenommen. "Die Verurteilten" darf sich sogar rühmen, in der IMDB im Originaltitel "The Shawshank Redemption" an zweiter Stelle der 250 besten Filme aller Zeiten zu stehen.

Genau wie in "Stand by me" - den man auf den ersten Blick für einen etwas besseren Disney-Abenteuerfilm halten könnte - passiert in "Die Verurteilten" eigentlich gar nicht viel. Es ist eine Geschichte, eine Erzählung, beinahe schon ein Abenteuer wie "Stand by me" auch.

In vielerlei Hinsicht ist der Film auch sehr vorhersehbar. Andy als Unschuldiger tut sich anfangs schwer in Gesellschaft richtiger Mörder und Verbrecher, versucht sich durch Isolierung sein Überleben zu sichern und ist auf der Suche nach einem Grund, in seiner aussichtslosen Lage überhaupt überleben zu wollen. Mit Red (Morgan Freeman) findet sich schließlich auch ein Gesprächspartner und ein Freund für das ganze Leben - hinter Gittern. Diese Freundschaft dient als Basis für philosophische Gespräche zum Thema Hoffnung und Zukunftspläne.

Hier zeigt sich Kings größtes Talent in voller Stärke: seine Erzählkunst. Der Zuseher ist gebannt von den Versuchen der Protagonisten, hinter Gittern zu überleben, sich Hoffnungen aufzubauen und in Gesprächen das Leben zu finden, das es in einem Knast real nicht gibt. Das ganze präsentiert umgeben von der Aura eines Unschuldigen - und eines tatsächlich sympathischen wie intelligenten Mörders in Gestalt von Morgan Freeman. Die Identifikation des Publikums mit den Hauptprotagonisten macht hier den wesentlichen Teil aus, wie dieser Film, wie diese Geschichte funktioniert.

Viel mehr aber noch ist das Publikum gebannt von der Hoffnung - vom Kampf um die Hoffnung, dass es ein Leben nach Shawshank gibt. Ein Kampf, den vor allem Andy kämpft und von dem er auch Red überzeugen möchte.

Hinter den von King feinst gezeichneten Charakteren finden sich aber auch äußerst kritikhaltige Positionierungen. Wie schon "The Green Mile" ein äußerst denkwürdiges wie erschütterndes (vor allem aber äußerst kreatives) Statement gegen die Todesstrafe ist, will auch "Die Verurteilten" aufzeigen, dass Menschlichkeit nicht hinter Gefängnismauern aufhören sollte. Hier mag der Film zwar etwas konstruiert wirken indem er die üblichen Klischees des bösen Gefängnisdirektors, der bösen Wärter und der armen Insassen hernimmt - doch unter den historischen Gesichtspunkten der 40er Jahre ist es beinahe schon höhnisch, von "konstruierten Klischees" zu sprechen. Ja, sogar in der Gegenwart ist das, was King über Shawshank berichtet, bittere Realität - selbst in den angeblich so menschlichen "westlichen Nationen".

Am Ende aber ist dieser Film eine Erzählung über Andy und Red - und die vielen Jahre, die sie gemeinsam in Shawshank verbrachten - auf der Suche nach Hoffnung.

Stephen Kings Charaktere werden durch Meisterleistungen von Tim Robbins und Morgan Freeman - jeweils in einer ihrer besten Rollen - perfekt von Papier auf Film transportiert. Regisseur Frank Darabont inszeniert den Film respektvoll, still, zurückhaltend - der Vorlage entsprechend. Schade, dass man - trotz wiederholt hervorragender Leistung in "The Green Mile" und 3 Oscar-Nominierungen - seine Filme nach wie vor an einer Hand abzählen kann.

Die Verurteilten Bild 1
Die Verurteilten Bild 2
Die Verurteilten Bild 3
Die Verurteilten Bild 4
Die Verurteilten Bild 5
Die Verurteilten Bild 6
Die Verurteilten Bild 7
FAZIT:

Das besonders Schöne an "Die Verurteilten" ist, dass der Film alle Stärke rein aus der Story zieht. Die wiederum profitiert von ihrer selten gesehenen Glaubwürdigkeit und ihren außergewöhnlich detaillierten Charakterzeichnungen. Dadurch kann dieser Film auf Dramatisierungen oder Regie-Kunstgriffe komplett verzichten. Hier wird eine Geschichte erzählt, so klassisch wie nur irgendwie möglich inszeniert. Und das funktioniert großartig. Ein Meisterwerk. Sowohl Stephen Kings Kurzgeschichte - als auch Frank Darabonts filmische Umsetzung. Bleibt zu hoffen, dass Darabont und King ein weiteres mal nach "The Green Mile" auf ihre fruchtbare Zusammenarbeit setzen.

WERTUNG: 10 von 10 hammerstarken Bibeln
TEXT © Bernhard König
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Dein Kommentar >>
Wambo | 22.02.2011 10:06
Ein wirklich wundervoller Film.
Einer der ganz wenigen, die ich mir gerne mehrmals anschaue. Er weckt Hoffnung in einer verlorenen Welt.
>> antworten
Nic | 21.08.2007 23:53
mein lieblingsfilm, lange vor kenntnis dieser liste :)
Randle P. McMurphy | 14.04.2010 15:43
Scheiße - ja - der Film ist ein Meisterwerk.
Auch wenn es mir in der Seele weh tut das
der Vollpfosten von Stephen King die Geschichte
geschrieben hat...........
Chris | 09.05.2010 19:24
Was hat er denn gegen Stephen King? Auch wenn in meinem persönlichen Autorenranking die Herren Lovecraft, Laymon, Masterton, Wilson und Barker vor dem König rangieren, so finde ich doch, dass der gute Mann doch etwas mehr Respekt verdient hat. Schließlich hat er einige über jeden Zweifel erhabene Meisterwerke der Horrorliteratur erschaffen und nicht nur für die. Einem Vollpfosten wäre so etwas bestimmt nicht gelungen.
>> antworten
Andreas | 21.08.2007 14:35
Ich habe mir vor ein paar jahren diesen film auch ausgeliehen, weil ich ihn auf platz 2 der liste fand und noch nciht kannte...

mich wundert es, dass gerade dieser film es so weit geschafft hat. das interessante ist, dass dieser film nicht gerade außergewöhnlich ist. das tolle vermutlich daran ist, dass er wirklich JEDEM gefällt.

auf meiner liste definitiv nicht platz 2, aber für 7 von 10 punkten langt es trotzdem
>> antworten
Harald | 21.08.2007 11:21
diese Top-250-Liste...naja. Wenn's nach mir ginge, würde ich Star Wars, Matrix und Konsorten gegen ein paar echte europäische Klassiker tauschen.
'Das große Fressen', 'Die 120 Tage von Sodom', 'Wenn die Gondeln Trauer tragen', 'Ein kuzer Film über das Töten' uva. fehlen da ganz schmerzlich...
Bernhard | 22.08.2007 13:53
"Bestenlisten" sind sowieso immer ein mehr als zweischneidiges Schwert und meist eher ein Abbild der Meinung der breiten Masse. Ich finde sie aber trotzdem interessant, besonders aber die Platzierung dieses Films. Für mich sind aber genauso "Der Pate" und "Die Verurteilten" definitiv nicht die besten Filme aller Zeiten. Ansonsten ist das IMDB-Rating, wenn man etwas Erfahrung damit hat, meist ein ganz guter Anhaltspunkt über die Qualität eines Films. Wenn es auf filmtipps.at kein Review gibt, muss also IMDB herhalten, damit ich weiß, ob ich mir einen Film ausleihen will :-)
Harald | 22.08.2007 15:25
...wobei ich mittlerweile OFDB den Vorzug gebe; wegen zumindest für meinen Geschmack treffsicherer Ratings als IMDB, v.a. bei Horror...
Andreas | 22.08.2007 20:32
was horror betrifft vielleicht, aber was augefallenes asiatisches kino betrifft ist die imdb um welten voraus (vieles ist in der ofdb ja nicht mal erfasst) - vor allem was neue in europa unbekannte produktionen betrifft
membrano. | 30.08.2010 21:11
generell gilt für mich:
traue keiner liste, die "wall-e" vor "gran torino" führt. :D
>> antworten