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Der Vorleser

Der Vorleser

OT: The Reader
DRAMA: USA/D, 2008
Regie: Stephen Daldry
Darsteller: Kate Winslet, Ralph Fiennes, David Kross, Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Lena Olin

STORY:

Der 15 Jährige Michael hat einen Sommer lang eine Affaire mit der älteren Hannah. Er liest ihr vor und danach lieben sie sich. Eines Tages ist sie verschwunden. Jahre später als Michael Jus studiert, begegnet er ihr wieder. Sie ist Angeklagte in einem Mordprozess, der in die Nazizeit zurückreicht...

KRITIK:

Ich verkünde gleich die Spoilerwarnung: Das ist eine Kritik für Leute, die das Buch schon gelesen haben.

"Der Vorleser" von Bernhard Schlink ist eines dieser unglaublichen Kunstwerke der Literatur, die trotz eines schmalen Äußeren und leichten Lesbarkeit ein ungeheures Gewicht und eine Vielfalt von Themen zu behandeln weiß. Daneben konnte dieses Buch praktisch alle überzeugen: Kritiker und Lesepublikum waren sich einig wie selten. Auf knappen 300 Seiten finden sich die Unsterblichkeit der ersten Liebe, die Kraft der Literatur, die alles beherrschende Scham vor der eigenen Unzulänglichkeit, die unfassbare Fähigkeit von Menschen, die Schuld ihrer eigenen Handlungen zu "übertünchen" und der unlösbare innere Konflikt einer ganzen Generation von Nachkriegsdeutschen (und natürlich auch Österreichern) ineinander verwoben.

Wie zur Hölle soll man mit einem Menschen umgehen, den man, aus welchem Grund auch immer, romantische Gefühle oder schlichte Verwandtschaft, liebt, wenn man von ihm weiß, dass er ein Mörder ist? Wie zur Hölle kann ein Mensch sich zum Mörder instrumentalisieren lassen? Was ist es, das uns so schwach macht, das uns uns fügen lässt, wenn wir meinen die Befehle kommen von einer dazu legitimierten Person? Trägheit, Egoismus, Selbsterhaltungstrieb, Scham,........? Was?

Unsere konkrete Protagonistin Hanna wird als einfacher Mensch gezeichnet. Sie stellt sich keine großen Fragen, sie befolgt Befehle und will mit allen Mitteln verhindern, dass irgendjemand herausbekommt, dass sie nicht lesen kann. Sie nimmt dafür Jahre Gefängnis in Kauf, sie führt dafür tödliche Befehle aus. Und wir, die Leser, befinden uns auf einmal in der selben Situation wie der gebeutelte Protagonist Michael: Wir können es verstehen, aber trotzdem ist das keine Entschuldigung, trotzdem können wir weder vergeben noch vergessen. Wir sehen sie nur, sie die so uneinsichtig scheint, sind angewidert, und haben trotzdem Mitleid mit ihr.

Was will man uns sagen? Dass sogar KZ-Aufseher Menschen waren? Natürlich waren sie das. Aber sie waren auch Mörder. Sie waren beides zugleich und das lässt sich nicht mehr so leicht begreifen. Das ist zu komplex, um eine einfache Antwort zu geben, um entschlüsselt zu werden.

Die ganze Geschichte verdeutlicht unsere moralische Machtlosigkeit, unsere Ohnmacht vor Gerechtigkeit und zählt somit vielleicht zum weisesten, was bislang über den Holocaust geschrieben wurde. Oder aber es ist der gefährlichste Zugang überhaupt, den Mördern ein Gesicht zu geben, all jenen, die das Gesicht ihrer Opfer nicht sehen wollten...

Wie auch immer, grundsätzlich sollte sich dieses Dilemma auf die Leinwand übertragen lassen. Leider wählt Regisseur Daldry den sichersten Weg. Er verfilmt einfach das Buch, eine Adaption ohne eigene Interpretation, ohne eigenen Geist, schafft ein herkömmliches Drama, mit exzellenten Hauptdarstellern und guter Ausstattung.

Ein guter Film ist das deswegen noch lange nicht. Im Grunde eine ziemlich feige Kopie der Vorlage, die nur einem Umstand zu verdanken hat, dass sie dennoch funktioniert: Die Unmöglichkeit, die Kraft dieser Geschichte totzukriegen. Die Themen sind einfach zu groß, um sie durch Konventionalität - einzige Ausnahme: die Freizügigkeit der Darsteller - zu ersticken. Nur eines vermag der Film, der nie und nimmer als eigenständiges Werk betrachtet werden kann, zu vermitteln: Lest das verdammte Buch!!!! Erst dann kann man wirklich verstehen, was es bedeutet einen Menschen zu lieben, der nicht geliebt werden darf...

Der Vorleser Bild 1
Der Vorleser Bild 2
Der Vorleser Bild 3
Der Vorleser Bild 4
Der Vorleser Bild 5
FAZIT:

Konventionelle Literaturverfilmung, der nur die unbeugsame Kraft der Geschichte und Thematik der Vorlage verhilft, der Mittelmäßigkeit zu entfliehen.

WERTUNG: 7 von 10 Kassetten
TEXT © Ralph Zlabinger
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Dein Kommentar >>
Patrasch | 02.03.2009 14:07
Schließe mich im Großen und Ganzen an...7,5/10
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Nic | 01.03.2009 14:30
hat mich nicht vom hocker gehauen. war aber gut gespielt. wem fad is.. :)
7/10
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