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Death Laid an Egg

Death Laid an Egg

OT: La Morte ha fatto l'uovo
GIALLO: FRANKREICH/ITAL, 1968
Regie: Giulio Questi
Darsteller: Ewa Aulin, Gina Lollobrigida, Jean Sobieski, Jean-Louis Trintignant

STORY:

Mark (Jean-Louis Trintignant) hat Anna (Gina Lollobrigida) nur aufgrund ihres Geldes geheiratet. Die beiden betreiben gemeinsam eine vollautomatisierte Hühnerfarm. Mark ist seines öden Lebens jedoch überdrüssig und ermordet zum Ausgleich Prostituierte. Als eines Tages Annas Cousine Gabriella (Ewa Aulin) bei ihnen einzieht, beginnt Mark mit der hübschen, jungen Frau eine Affaire. Gemeinsam planen sie die Ermordung von Anna. Und dann ist da noch der aalglatte Werbefachmann Mondaini (Jean Sobieski), der zusammen mit Mark eine neue Werbekampagne für den Verkauf der Eier plant. Doch nichts ist hier, wie es scheint ...

KRITIK:

Giulio Questis Film DEATH LAID AN EGG aus dem Jahre 1968 kam bei uns unter dem nichtssagenden Titel DIE FALLE heraus. Dieser Frühgiallo ist eine bizarre Mischung aus Thriller, Sozialkritik und Experimentalfilm. Dass wir es hier nicht mit einem gewöhnlichen Giallo zu tun haben, deutet sich bereits an, als zu den Titeleinblendungen Bilder von Zellteilungen und einem heranwachsendem Ei gezeigt werden, das Ganze unterlegt mit einer dissonanten Musik mit Violine und Spanischer Gitarre.

Zwar finden sich später im Film zahlreiche der typischen Ingredienzien des Genres wie z.B. ein Killer mit schwarzen Handschuhen, falsche Fährten und unerwartete Wendungen im Handlungsverlauf. Auch hat der exzellent fotografierte und geschnittene Film mit Ewa Aulin und Gina Lollobrigida gleich zwei schöne Leading Ladies zu bieten. Aber die Gesamtatmosphäre von DEATH LAID AN EGG erinnert doch wesentlich mehr an die Filme der Nouvelle Vague, als an Mario Bava.

Beim Sehen kamen mir immer wieder die Filme von Jean-Luc Godard in den Sinn, insbesondere die beiden ein Jahr vor DEATH LAID AN EGG erschienenen Filme ZWEI ODER DREI DINGE, DIE ICH VON IHR WEISS und WEEKEND. Zum einen scheint Giulio Questi einzelne Bilder diesen Filmen entnommen zu haben, wie z.B. die stakkatoartig aneinander geschnittenen Reklametafeln oder die nahezu experimentelle Schnittsequenz mit einem brennenden Auto. Aber noch mehr als diese konkreten Images ist es der allgemeine Ton von DEATH LAID AN EGG, in dem sich seine Nähe zum damaligen französischen Avantgardefilm, und hier insbesondere zu Godard, zeigt.

DEATH LAID AN EGG zeigt eine kalte, mechanische, rationalisierte Welt, in der alles vom Streben nach persönlichem Vorteil und Gewinnmaximierung bestimmt wird. Da ist zum einen die technisch perfekt gesteuerte Massentierhaltung der Hühnerfarm von Anna und Mark. Die Hühner sind in endlosen Käfigreihen zusammengefercht, dazu verdammt ein Leben lang nur zu produzieren. Aber genauso ist auch Mark nur ein ganz kleines Rädchen in der "Organisation" der Hühnerfarmer, der letzten Endes ebenso wenig freie Entscheidungsgewalt besitzt wie die Hühner. Und so, wie Mark Anna nicht aus Liebe, sondern allein ihres Geldes wegen geheiratet hat, so verbietet sich die "Organisation" jedweden Protest aus moralischen Gründen von Seiten Marks, als zur weiteren Gewinnsteigerung auf einmal Hühner ohne Kopf (!!!) und ohne Flügel gezüchtet werden.

Der Film steuert, trotz aller zwischenzeitlich auftretenden Verrücktheiten, ganz langsam, aber unerbittlich auf seine äußerst zynische Schlusspointe hin. Am Ende ist dann auf einmal alles glasklar. Wir verstehen, warum Mark niemals behelligt wurde, obwohl er in seinem dauerhaft gemieteten Hotelzimmer regelmäßig Prostituierte umbringt. Und wir verstehen plötzlich auch, dass der, unter vielen dämlichen Giallo-Filmtiteln, besonders dämliche Titel DEATH LAID AN EGG überhaupt nicht dämlich, sondern so smart, wie der gesamte Film ist.

Ja, dieser so langsame und so sperrige Film besitzt trotz allem auch noch fast durchgehend einen so hohen Unterhaltungswert, dass man hier fast von einem kleinen Meisterwerk sprechen könnte - wäre da nicht diese grauenhafte Musik! Der unendlich enervierende Soundtrack veranschaulicht sicher ganz ausgezeichnet Marks Unwohlsein. Aber er führt auch dazu, dass DEATH LAID AN EGG trotz all der tollen Bilder, schönen Frauen, bizarren Ideen und absurd, komischen Szenen, über weite Strecken oft schwer genießbar ist.

Damit outet sich Giulio Questi als einer dieser typischen, arroganten, europäischen Autorenfilmer, die ihrem Publikum unbedingt klar machen müssen, dass sie sich ihre Filme ja nicht zum Vergnügen ansehen, sondern allein um die tiefschürfende Message des erlauchten Meisters in sich aufzunehmen. Und genau das führt dazu, dass DEATH LAID AN EGG eben kein Meisterwerk, sondern "nur" ein hochinteressanter Film geworden ist. Na ja, Giulio Questi hat danach auch nur noch einen Film für die große Leinwand gedreht, bevor er sich erst ins Fernsehen und dann ganz aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hat...

Death Laid an Egg Bild 1
Death Laid an Egg Bild 2
Death Laid an Egg Bild 3
Death Laid an Egg Bild 4
Death Laid an Egg Bild 5
Death Laid an Egg Bild 6
FAZIT:

Giallo meets Godard: DEATH LAID AN EGG ist eine einzigartige Mischung aus italienischem Genrekino und französischer Nouvelle Vague. Dieser äußerst zynische Film zeigt eine kalte, unmoralische Welt, die allein vom Streben nach persönlichen Vorteil und Profit regiert wird. Trotz aller tiefschürfenden Gesellschaftskritik ist der Film jedoch gleichzeitig so absurd und bizarr, dass er den Zuschauer prächtig unterhalten könnte, hätte er nicht auch noch diesen absolut nervtötenden Soundtrack.

WERTUNG: 8 von 10 mutierten Hühnern
TEXT © Gregor Torinus
Dein Kommentar >>
Marcel | 15.07.2012 01:55
Hm. Ja. Alles richtig. Ein Monstrum. Und dennoch, der Film hat mich kaum berührt. Er ist an den entscheidenen Stellen einfach zu kopflastig bemüht. Auch am Ende. Da hat er mich schon, und dann spannt er den Bogen mit ein paar Eingriffen doch wieder über. Schade irgendwie. Und an der Musik lag's nicht. Die habe ich ab einem gewissen Punkt akzeptiert. 5 von 10 faulen Eiern.
Gregor | 16.07.2012 13:26
Versteh ich. Sicherlich kein Film zum Lieben, aber irgendwie trotzdem faszinierend.
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Lesotho | 29.09.2010 16:31
der Film ist ein faszinierendes Monstrum. Ich fand ihn zunächst so bemüht seltsam, das ich es schwierig fand ihn zu mögen. Nach dem 2.Sehen muss ich sagen, dass es ein ziemlich genialer Thriller mit sozialkritischen Tönen und hervorragenden Schauspielern ist. Sehr sehenswert!
Gregor | 29.09.2010 16:47
Das sehe ich genauso! Aber die Musik nervte mich tzrotzdem auch beim zweiten Ansehen ungemein.
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