HORROR: USA, 1981
Regie: Michael Wadleigh
Darsteller: Albert Finney, Diane Venora, Gregory Hines, Edward James Olmos
Der milliardenschwere Baulöwe Van der Veer, seine Ehefrau und sein Leibwächter werden im nächtlichen Battery Park von etwas angegriffen und bestialisch getötet. Der knorrige Polizist Wilson wird aus dem Zwangsruhestand geholt und beginnt zu ermitteln. Der Fall gestaltet sich rätselhaft, denn vieles deutet daraufhin, dass die Menschen mitten in New York von Raubtieren gerissen wurden. Und es wird noch unheimlicher, als Wilson im Zuge seiner Nachforschungen herausfindet, dass diese Tiere scheinbar nicht von dieser Welt stammen...
Sowohl Tony Scotts BEGIERDE aus dem Jahr 1983 als auch der hier vorliegende WOLFEN - leider der einzige Spielfilm des eigentlich auf Musikdokumentationen spezialisierte Michael Wadleigh - sind Romanverfilmungen aus der Bibliografie des amerikanischen Schriftstellers Whitley Strieber. Während BEGIERDE ein außergewöhnlicher Vampirstreifen ist, ist WOLFEN ein außergewöhnlicher Werwolffilm.
Wobei diese Kategorisierung vielleicht nicht ganz korrekt ist, denn WOLFEN kann man gut und gerne auch als mystischen Tierhorror bezeichnen. Aber egal in welcher Schublade man dieses Werk letztendlich verstauen möchte; WOLFEN ist und bleibt ein Paradebeispiel eines intelligenten Horrorfilms, der alle Klischeefallen des Genres erfolgreich umschifft und mit dem knorrigen wie charismatischen Albert Finney in der Rolle des Wilson und der angenehm unaufgeregten Diane Venora auch noch glänzend besetzt ist.
Gemessen am Tempo heutiger Genreproduktionen ist der aus den ganz frühen 80ern entstandene WOLFEN eher ein Slowburner mit recht dosiert eingesetzten Schock- und Actionmomenten; die wenn sie kommen, gewaltig kommen. Die Wolfsattacken sind eindrucksvoll und insbesondere die gespenstischen Angriffe im ersten Filmdrittel sowie beim Finale haben sich in meinem Gedächtnis eingenistet, seitdem ich WOLFEN in meiner Jugendzeit zum ersten Mal gesehen habe. Und die von James Horners treibenden Score untermalten Szenen aus der (Wärmebild-)Perspektive des jagenden Rudels sind nicht nur die Vorwegnahme der PREDATOR-Sight aus dem sechs Jahre später entstandenen uns allen bekannten Schwarzenegger-Hits, sondern auch heute noch zeitlos gute, kleine, aber feine Horrormomente mit großer Wirkung.
Doch noch über den stets aus der First Person- (oder besser: First Beast-) Perspektive zuschnappenden Bestien und den zerrissenen Kehlen steht fast noch die grandiose Atmosphäre von WOLFEN.
Die Konfrontation zwischen uralten, indianischen Tiergöttermythen und dem die Natur schändenden urbanen Großstadtmoloch ist nicht nur eindrucksvoll bebildert, sondern jederzeit auf beklemmende Weise spürbar. Völlig frei von Klischees, Mythenkitsch oder fehlplatzierter Melodramatik erklären die uralten Mächte der Ahnen die New Yorker Parks, Straßen, Brücken und insbesondere die Ruinen eines Abbruchviertels zu ihren Jagdgründen und werden letztendlich auch die Welt des knorrigen, zynischen Bullen und Realisten Wilson für immer aus ihren Fugen hieven.
Somit formuliert WOLFEN seine Kritik am Umgang des neuen Amerikaners mit der Umwelt und den Ureinwohnern "seines" Kontinents nicht plakativ plump, sondern mit den schlagkräftigen Argumenten eines originellen und konsequent düsteren Horrorfilms, der es großartig versteht, den mystischen mit dem urbanen Schrecken zu kombinieren. Die daraus gewonnene eigentümlich mysteriöse Atmosphäre, die etwas an Peter Weirs DIE LETZTE FLUT erinnert, ist dabei so dicht, dass sie der Geschichte auch über die eine oder andere Länge im Mittelteil hinweg hilft.
Mystische Wölfe erklären das moderne New York zu ihren Jagdgründen...- Der eigentlich auf Musikdokumentationen spezialisierte Michael Wadleigh hat einen Roman von Whitley Strieber verfilmt und lässt äußerst gekonnt mystischen Schrecken in eine bedrückend urbane Großstadtatmosphäre einbrechen. Fernab den üblichen Genreklischees und verklärtem Mythenkitsch ist ihm mit WOLFEN ein Paradebeispiel eines erwachsenen, intelligenten Horrorfilms geglückt. Sowohl die beklemmende Atmosphäre als auch die eigentümlich gefilmten Raubtierattacken bleiben in bester Erinnerung.
In diesem Sinne: "Life that will prey on us as surely as we prey on this earth!"