OT: A tutte le auto della polizia
GIALLO: ITALIEN, 1975
Regie: Mario Caiano
Darsteller: Antonio Sabato, Enrico Maria Salerno, Luciana Paluzzi, Gabriele Ferzetti
Hat da etwa einer ein Drehbuch aus Massimo Dallamanos Koffer geklaut? Eine vermisste 16-jährige, verbotene Leidenschaften, illegale Bordelle und eine brutale Mordserie. WITHOUT TRACE sorgt gleich für mehrere Déjà-Vus, die unweigerlich an die großen Gialli des "Schulmädchen-in-Angst"-Maestros denken lassen
KRITIK:Wir erinnern uns: Im italienischen Thriller der Sechziger- und Siebzigerjahre waren die Schulmädchen-in-Angst das ureigene Terrain des 1976 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Massimo Dallamano. Mit Hingabe und Perfektion hat er sich diesem Thema gewidmet und mit den grandiosen WHAT HAVE YOU DONE TO SOLANGE? und DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER zwei unumstrittene filmische Referenzwerke geschaffen.
Wenn man den jüngst in den USA erschienenen WITHOUT TRACE anschaut - hinter dem sich übrigens der Insidertipp A TUTTE LE AUTO DELLA POLIZIA verbirgt, der lange Zeit im WWW unter dem Decknamen CALLING ALL POLICECARS inoffiziell die Runde gemacht hat -, dann könnte man tatsächlich annehmen, Mario Caiano hätte ein Skript Dallamanos in die Finger bekommen und es ganz im Sinne des alten Meisters in bewegte Bilder gefasst. WITHOUT TRACE ist nämlich so nahe an WHAT HAVE YOU DONE TO SOLANGE? und DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER dran, dass diese drei Filme fast eine Trilogie im Geiste bilden.
Gleich zu Beginn generiert Caiano eine verboten-schwüle Schulmädchenatmosphäre, in dem er eine (lt. Drehbuch) minderjährige Professorentochter in aufreizender Weise den am elterlichen Pool loungierenden Geschäftsfreunden des Vaters präsentiert und als Zugabe noch eine Frontal Nudity-Szene derselben nachschiebt. Ein paar Filmminuten später verabschiedet sich die Kleine von Muttern mit der Lüge, dass sie bei einer Freundin lernen wolle und ward vorerst nicht mehr gesehen.
Für die Suche nach der vermissten Tochter mobilisiert der tief besorgte und einflussreiche Vater all the Policecars und von da an konzentriert sich der Film für längere Zeit auf minutiöse Polizeiarbeit. Action gibt es in dieser Passage zwar nicht; fesseln tut's aber trotzdem. Denn vor den Polizisten tun sich immer tiefere Abgründe auf. Und als die Ermittlungen den dreckigen Boden des Falls erreichen, explodiert das letzte Drittel von WITHOUT TRACE in einer großen, schmuddeligen Wolke (Schulmädchen-)Sleaze und brutalen (Handschuh-)Morden.
Keine Frage! Caiano hat seinen Dallamano gelernt!
Ganz in der Tradition von Dallamanos "Schulmädchen-in-Angst"-Klassikern stehend, zeigt sich Caianos WITHOUT TRACE dem großen Vorbild fast ebenbürtig. Es wird also düster, spannend und zum Ende hin zunehmend sleazig und blutig.