ROADMOVIE: USA, 1990
Regie: David Lynch
Darsteller: Nicolas Cage, Laura Dern, Willem Dafoe, Crispin Glover, Isabella Rossellini, Harry Dean Stanton
Mit unendlichem Haß und glimmernder Eifersucht verfolgt Marietta die Liebe zwischen ihrer Tochter Lula und deren Lover Sailor. Zum Letzten entschlossen setzt sie einen Killer auf den gerade auf Bewährung freigelassenen Sailor an. Lula und Sailor flüchten in ihrem 65er Thunderbird. Auf ihrer ruhelosen Odyssee durch den schwülen Süden Amerikas finden sich Lula und Sailor immer wieder in brennendem Verlangen,
im Wechselbad zwischen aggressiver Begierde und atemloser Erotik.
Mit im Reisegepäck: die bizarren Erinnerungen an die Vergangenheit.
Die Suche nach Wärme, Liebe und Geborgenheit endet in einem skurillen Nest in Texas.
Zwischen Säufern und Huren, Killern und Geisteskranken trifft er auf seine ehemalige Geliebte Perdita,
die ihn geradewegs an Mariettas Killer ausliefert. Der zerstörerischen Kraft in dieser Welt von Drop-outs hält Lulas und Sailors Liebe nicht stand. Doch die Hilfe kommt von unerwarteter Seite... (Video-Covertext)
Puh, das ist nicht einfach: Wie bringe ich eine Kritik eines meiner absoluten Lieblingsfilme aus lang vergangenen Jugendtagen halbwegs krampffrei über die Bühne? Beginnen wir mal mit den Fakten: 1990 hat David Lynchs surreales Roadmovie in Cannes für einen handfesten Skandal gesorgt - weil der Film gegen den Willen der konservativen Presse die Goldene Palme gewann. Die Mehrzahl der Kritiker schäumte: Gewaltverherrlichend, brutal, sexistisch, abstoßend. Man kennt sie ja, die Adjektive, die gutbürgerlichen Für-die-Breite-Masse-Schreibern einfallen, wenn ihnen sonst nichts mehr einfällt. Weil sie David Lynch offenbar völlig überfordert hat.
Natürlich mutet der Meister des Abgründigen seinem Publikum einiges zu. Allerdings auf eine andere Art und Weise als sonst. Nein, hier gibt es keine vertrackten Rätsel zu lösen; niemand verwandelt sich, die Erzählung bleibt auf dem Boden der Realität. Der Lynch-Realität, wohlgemerkt. Die ist ja bekanntlich voller Kontraste: Da wird fröhlich schunkelnder Glenn Miller-Sound von Speedmetal unterbrochen, da geht poetisches Liebesgeflüster in handfestem Dirty Talk über, da lösen sich explizite Sex-Einlagen und derbe Splatter-Sequenzen in ein märchenhaftes Szenario auf.
In Lynchland ist alles erlaubt; sogar der Auftritt einer guten Fee(!), die unserem Helden aus der Patsche hilft. Apropos Held: Unfassbar, was für ein cooler Hund Nicolas "Schlangenlederjacke" Cage einmal war. Sein Gegenspieler hat den nicht minder coolen Filmnamen Bobby Peru, herrlich ekelhaft verkörpert von Willem Dafoe, und Laura Dern alias Lula war damals wohl die schönste Frau der Welt. 'Nuff said :-)
Ein surreales, exzessives, sämtliche narrative und visuelle Möglichkeiten des Kinos ausreizendes Meisterwerk von einem Roadmovie. Love it or hate it. Ratet mal, wofür ich mich entschieden habe ...
PS: Die Deutschfassung ist abzulehnen, weil unfreiwillig komisch.
Lynch'sche Fick-Lyrik kommt nur im Original gut.