DRAMA: Indien, 2005
Regie: Deepa Mehta
Darsteller: Sarala, Lisa Ray, Seema Biswas, u.a
Zur Zeit Gandhis Aufstieg zur Macht lernt der Zuschauer die Geschichten mehrerer Witwen in einem indischen Frauenhaus kennen.
KRITIK:Nach Fire und Earth vollendete Deepa Mehta 2005 ihre Elemente-Trilogie mit diesem großartigen Film. Die Thematisierung von Menschenrechtsverletzungen hatte die Zerstörung der Sets, Morddrohungen, andauernde Krawalle und Selbstmordversuche durch extremistische Hindus zur Folge. Die Dreharbeiten mussten abgebrochen werden und konnten erst fünf Jahre später unter höchster Geheimhaltung in Sri Lanka unter falschem Titel fortgesetzt werden. (Ob die Academy aus Angst vor > 1 Mrd. Indern den Auslandsoscar nicht für Water rausrückte? Für mich auf jeden Fall der Gewinner unter den heurigen Nominierten - vor Pans Labyrinth, den ich liebe - also will das was heißen!)
Die Erzählung beginnt mit der achtjährigen Chuya (Sarala), die in diesem Alter schon verheiratet ist. Nach dem Tod ihres Ehemanns wird sie, wie es in Indien für Witwen üblich ist, in ein Ashram gesteckt, wo ihr sofort der Kopf geschoren wird. Stirbt der Gatte, stirbt die Ehefrau zur Hälfte mit. Sie kann entweder ihrem Mann in den Tod folgen oder ihr restliches Leben lang im Ashram für die Sünden der Vergangenheit, die zum Tod ihres Mannes geführt haben, Buße tun.
Die kahlgeschorenen Witwen dürfen nur einfachste weiße Saris tragen, nur sprechen, wenn sie angesprochen werden, müssen am Boden schlafen und wenn sie nicht ihr spärliches Mal essen oder darum betteln ist Beten angesagt und auf ihren Tod warten. Die kleine Chuya bringt da unwillkommene Abwechslung und Durcheinander in ihre neue "Familie" der 14 Witwen im Ashram.
Sie hasst die alte Madhumati (Manorma), die als Vorsteherin des Ashrams eine Schreckensherrschaft führt. Die einzige, die Madhumati die Stirn bieten kann, ist Shakuntala (Seema Biswas) - mit ihr versteht sich Chuya schon besser. Doch zur besten Freundin im Haus wird ihr die schöne Kalyani (Lisa Ray) - sie darf als einzige Witwe im Haus lange Haare tragen, denn sie wird von Madhumati zur Finanzierung des Ashrams in die Prostitution gezwungen. Eine unter keinem guten Stern stehende Liebe bahnt sich an, als Kalyani den Gandhi-Anhänger Narayan (John Abraham) kennenlernt...
Doch nicht nur die mutige Wahl des Themas ist beeindruckend - auch die Umsetzung verdient großes Lob:
Mehta erzählt ruhig, treibt aber die tragische Geschichte immer voran. Schritt für Schritt - sie nimmt sich Zeit, die einzelnen Nebenfiguren und das Leben im Ashram zu beleuchten.
Unterstützt wird sie dabei von ihrem Stamm-Kameramann Giles Nuttgens, der wirklich bewegende Einstellungen fotografierte. Das titelgebende Wasser zieht sieht sich in vielen Variationen wie ein roter Faden durch den Film.
Auch wenn Mehta beim Neudreh in Sri Lanka neu besetzen musste - die Darsteller spielen eindrucksvoll (allen voran Lisa Ray und das vorher unerfahrene Naturtalent Sarala).
Der vollführte Wechsel der Hauptfigur (vom Chuya zu Kalyani) im Laufe des Filmes stört keineswegs - im Gegenteil. Die überwältigende Optik und der starke Einsatz von Musik erzeugt Stimmung in überdeutlicher Weise. Manche Szenen werden sich für lange Zeit im Gedächtnis einbrennen.
Wer jetzt glaubt, die geschilderten gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse aus dem Jahre 1938 gehören längst der Vergangenheit an und die Stellung der Frau und insbesondere der Witwe in Indien ist heute ein viel bessere - think again!
Dass fundamentalistische Hindu-Gruppen Mahtas Werke als "eine Art von sozialem AIDS" bezeichnen, beweißt das leider ebenso wie die oben geschilderten Schwierigkeiten, Water fertigzustellen.
Hat Deepa Mehta wohl doch einen wunden Punkt getroffen...
Drama mit Schauplatz Indien: Thematisch, optisch und schauspielerisch beeindruckend. Einer der besten Filme, die wir dieses Jahr zu sehen bekommen werden!