OT: Lions for Lambs
DRAMA: USA, 2007
Regie: Robert Redford
Darsteller: Robert Redford, Meryl Streep, Tom Cruise, Andrew Garfield, Michael Peña, Derek Luke
Sechs Jahre nach dem Beginn des Afghanistankrieges: Während die Zahl der getöteten Soldaten kontinuierlich nach oben steigt, rasselt die Zustimmung der Bevölkerung zum Krieg in den Keller. Ein charismatischer Senator versucht deshalb eine kritische TV-Journalistin von einer neuen Kriegsstrategie, die die lang ersehnte Wende bringen soll, zu überzeugen. Zur gleichen Zeit versucht ein Collegeprofessor einen politikverdrossenen, antriebslosen Studenten davon zu überzeugen wieder seine Vorlesungen zu besuchen und mehr aus seinem Leben zu machen. Er erzählt dem Studenten von zwei ehemaligen Studenten, in denen er damals ebenfalls Potential sah. Und im Gegensatz zu dem antriebslosen jungen Mann, wollten diese Zwei auch etwas bewegen, die Welt zu einem besseren Ort machen. Deshalb beschlossen sie sich, gegen den Rat ihres Professors, freiwillig für den Einsatz in Afghanistan zu melden...
KRITIK:Bereits zu Beginn des Filmes wird dem Zuseher ein kurzer Ausschnitt aus einem Fernsehbericht, wie er auf den Nachrichtensendern wohl zu Haufe zu finden ist, um die Ohren gehauen. Inklusive Opferzahlen, nüchtern heruntergebettet. Was folgt sind kurze Kameraschwenks die immer wieder auch den Focus auf Statistiken und Listen setzten. Schnell wird klar: Von Löwen und Lämmern oder "Lions for lambs", wie der Film im Original heißt, ist keine leichte Kost. Was bei der Thematik und dem Zugang aber auch kein Wunder ist.
Um es gleich einmal vorweg zu nehmen: Der Film ist sehr dialoglastig. Das dürfte sicher nicht jedermanns Sache sein. Aber das Herz des Films ist nun mal das politische, auch wenn ein Teil der Geschichte im Kriegsgebiet spielt, so sind es doch vor allem die Wortduelle, auf denen der Focus des Films liegt. Neben dem Krieg in Afghanistan und dem 11. September geht es um das Wertesystem junger Amerikaner, die Glaubwürdigkeit von Politikern und Medien, US-amerikanische Außenpolitik und und und...
Mit zitierwürdigen Aussagen wird dabei nicht gespart, Philosophen werden in den Ring geworfen und verschiedene Sichtweisen angeschnitten. Auch formal ist der Film überaus interessant. Wie sich bereits aus der Inhaltsangabe ableiten lässt, werden parallel drei Geschichten erzählt, die alle irgendwie, wenn auch nur lose, etwas miteinander zu tun haben. Die Filmhandlung selbst geschieht fast in Realzeit, immer wieder wechselt die Kamera zwischen den einzelnen Orten und Geschichten hin und her. Vereinzelt kommen auch kurze Rückblenden in Spiel, vor allem wenn der Collegeprofessor auf die Schützlinge von einst zu sprechen kommt.
Seine Spannung zieht der Film vor allem aus seinen Dialogen und den Wortgefechten, wobei vor allem das Duell zwischen der Journalistin (Meryl Streep) und dem Senator (Tom Cruise) zu fesseln vermag. Meryl Streep spielt auf gewohnt hohem Niveau während Cruise mit perfektem Zahnpastalächeln wie geschaffen für die Rolle des leicht schmierigen Senators zu sein scheint.
Durchaus interessant, wenn auch etwas schwächer ausgefallen, ist die Konfrontation zwischen einem gealterten, schon leicht ernüchterndem Hochschulprofessor (Robert Redford) mit seinem aus gutem Hause stammenden, ehemals Vorzeigestudenten (Andrew Garfield). Der junge Mann, der mehr und mehr in Richtung Null-Pock Mentalität abzudriften droht, böse Zungen behaupten auch, dass er schlicht und einfach nur faul ist, mag für die meisten Zuseher wohl die ihm am nächsten stehende Figur sein, dennoch vermag der junge Student durch sein arrogantes Auftreten nicht so Recht das Publikum auf seine Seite zu ziehen.
Die Handlungen am Kriegsschauplatz und die Rückblenden sorgen für ein wenig Auflockerung in dem oftmals starr wirkenden, kameraspielartigen Film. Auch wenn die ganzen Kriegsszenen, gelinde gesagt, manchmal doch sehr nach Studio aussehen.
Der Film setzt sich durchaus kritisch mit der ganzen Afghanistan-Thematik auseinander, streut aber gleichzeitig nicht wirklich Salz in die offene Wunde. Gegen Ende bekommt der Film sogar einen leicht patriotischen Einschlag. Das war meiner Meinung nach zu viel des guten. Die Motivation der Macher den braven "Boys", die ihr Leben dem Vaterland opfern ein Denkmal zu setzen in allen Ehren, passt das ganze doch nicht so Recht in den restlichen Film.
Aber man darf nicht vergesse, dass der Film trotz aller Kritik am Einsatz in Afghanistan, immer noch aus den USA kommt.
Der Film ist durchaus nicht perfekt, aber ein engagiertes, zum Nachdenken anregendes Werk ist Robert Redford allemal gelungen. Es sind vor allem die kleinen Szenen, die im Endeffekt in Erinnerungen bleiben. Wenn Tom Cruise nach einer telefonischen Hiobsbotschaft gleich wieder sein Strahlemannlächeln aufsetzt und so tut als ob nichts gewesen wäre, oder Meryl Streep auf der Rückfahrt vom Gespräch noch schnell ein paar Tränen übers Gesicht laufen. Was dem Film leider fehlt ist ein Schluss, der den Zuseher richtig packen, irgendwie nachdenklich, um nicht zu sagen, erschüttert zurück lassen vermag. Denn genau das schafft der Film leider nicht: den Zuschauer rausreisen, erschüttern.
"Von Löwen und Lämmern", ist alles andere als eine leichte Filmkost. Der Film entpuppt sich als vielschichtige, dialoglastige Auseinandersetzung mit der jüngeren amerikanischen Geschichte. Nicht zuletzt dank dem starken Ensemble wird die Sache trotz den ganzen Dialogen und Sichtweisen und manchmal auch fast schon philosophisch anmutenden Exkursen, zumindest für politisch interessierte Zuseher, nicht langweilig. Interessant ist auch der Abspann. Da haben sich die Macher echt was einfallen lassen, so viel sei verraten.