OT: Män som hatar kvinnor
THRILLER: SE, 2009
Regie: Niels Arden Oplev
Darsteller: Michael Nyqvist, Noomi Rapace, Sven-Bertil Taube, Peter Andersson, Peter Haber
Mikael Blomkvist ist am Ende. Der einst so erfolgreiche Enthüllungsjournalist saß einer falschen Fährte auf und findet sich auf einmal im Gerichtssaal wieder. Da kommt ihm das Angebot eines alten Industriefamilienpatriachen, das rätselhafte Verschwinden seiner Nichte aufzuklären, gerade recht. Dumm nur, dass die Verschwundene das letzte Mal vor über vierzig Jahren gesehen worden ist und ein Verbrechen am wahrscheinlichsten erscheint. Dass ein Teil der möglichen Zeugen und Täter in der Zwischenzeit bereits das Zeitliche gesegnet hat, macht die Sache auch nicht gerade einfacher. Da erhält Blomkvist plötzlich Hilfe von unerwarteter Seite: Eine junge Hackerin, die sich seines PCs bemächtigt hat, bringt ihn auf die erste heiße Spur.
KRITIK:Der Schwede Stieg Larsson schuf mit seiner Millenium-Triologie eine der ersten Bestseller-Reihen des neuen Jahrtausends. Die Büchern um den Journalisten Mikael Blomkvist und die junge Hackerin Lisbeth Salander, avancierten zu den meistverkauften Europas. Und so war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis sich findige Produzenten auf das Werk stürzten, zumal Larssons frühen Tod und diverse Erbschaftsstreiterei-Gerüchte die Medienmaschinerie kräftig anheizten. Und weil man Eisen am besten anfasst wenn sie noch heiß sind, wurde nicht lange gefackelt und mit "Verblendung" der erste Teil der Romanverfilmungen auf den Markt geworfen. Ein Schnellschuss? Von wegen.
Larsson war selbst Journalist. Und er verschrieb sich dem Kampf gegen Faschismus und Neonazis. Nebenbei war er als Krimitautor tätig. In seinen Werken wollte er die Leser auf gesellschaftliche Missstände und Abgründe hinweisen. Was soll man sagen. Das Schweden, das Larsson zeigt, hat mit den kitschigen Inga Lindström Filmchen, die gern das Hauptabendprogramm blockieren, nichts, aber auch rein gar nichts gemeinsam. In "Männer die Frauen hassen" so der Originaltitel (auch Bücher erhalten manchmal recht eigenartige Titel-Übersetzungen), zeigt Larsson eine Gesellschaft am Abgrund, in der Gewalt und Korruption schon beinahe als etwas Alltägliches erscheinen. Dementsprechend düster und brutal fiel auch die Verfilmung aus. Auch wenn die meisten Dinge nicht allzu explizit dargestellt werden, ist der Film nichts für Zartbesaitete.
Obwohl der Film mit einer stolzen Laufzeit von über zwei Stunden aufwartet, mussten einige Handlungsstränge des Buches verkürzt oder verändert werden, damit die Geschichte überhaupt Platz hat und noch einigermaßen plausibel rüberkommt. 600 Seiten Wälzer in einen Film zu transformieren ist schließlich keine Kleinigkeit.
Regisseur Niels Arden Oplev ist das Ganze jedoch ohne weiteres gelungen. Er schuf einen stimmigen, düsteren Krimi, der bis kurz vorm Schluss die Spannungskurve konstant oben hält. Neben der komplexen Krimihandlung zieht der Film einen weiten Teil seiner Spannung aus den interessanten Hauptfiguren und dem sich zwischen ihnen entwickelnden Verhältnis. Aber es ist vor allem die Figur Lisbeth Salander, kongenial verkörpert von der Newcomerin Noomi Rapace, die den Zuseher bei der Stange hält und gleichermaßen berührt. Das liegt nicht nur an Rapaces Spiel, sondern auch an dem Umstand, dass Larsson mit Lisbeth Salander eine der interessanten und vielschichtigsten Frauenfiguren seit langem geschaffen hatte.
"Verblendung" ist mehr als nur ein spannender, düsterer Thriller aus dem hohen Norden, es ist auch das Porträt einer gequälten Seele und eine Reflexion über Macht und Ohnmacht.
Schauspielerisch gibt es auch nicht viel auszusetzen. Noomi Rapace liefert eine One-Woman-Show die sich sehen lassen kann. Michael "Wie im Himmel" Nyqvist verkörpert den Enthüllungsjournalisten zwar routiniert und durchaus glaubhaft, bleibt im Vergleich zu Rapace aber auch etwas blass, was jedoch auch an der Rolle geschuldet ist. Aber auch die Riege der Nebendarsteller, ins besonders Peter Andersson, kann sich sehen lassen.
Lediglich zum Schluss, nach dem Showdown, bricht der Film etwas ein.
Ein interessantes Detail am Rande: Auch Hollywood hat Interesse an dem Stoff durchblicken lassen und man munkelt gar von einer Verfilmung unter der Regie von David Fincher.
"Verblendung" ist ein nordischer Thriller at his best: Neben einer spannenden Story und einer dichten Atmosphäre wartet die Verfilmung auch noch mit Charakteren die Ecken und Kanten haben, auf. Es sind vor allem die Charaktere, die den Film aus dem Einheitsbrei der Krimiverfilmungen abheben. "Verblendung" ist ein Thriller der härteren Art, düster und dreckig.