ACTION: USA, 2012
Regie: John Hyams
Darsteller: Scott Adkins, Dolph Lundgren, Jean-Claude Van Damme,
"There are monsters in the house!"
Das waren die letzten Worte, die John (Scott Adkins) von seiner Tochter hört, bevor sie vor seinen Augen erschossen wird. Ein halbes Jahr später wacht John mit Amnesie in einer Klinik auf. Das Einzige, woran er sich erinnern kann, ist der Schmerz. Und das Gesicht des Killers, der seine Familie ausgelöscht hat. John schwört Rache ...
Eben hat der geschätzte Kollege Erich den neuen Dolph Lundgren-Reisser STASH HOUSE recht wohlwollend besprochen. Was mich an meine Rezensentenpflicht zu diesem Werk erinnert.
Dolph ist bekanntlich einer der coolsten Haudegen überhaupt: Es ist ja jetzt nicht so, dass man jeder seiner Rollen den IQ von 160 und das abgeschlossene Uni-Studium in technischer Chemie wirklich ansehen würde. Dass er einen schwarzen Gurt in Karate und einen Lebenslauf-Eintrag als Bodyguard (und Lover?) von Grace Jones sein Eigen nennen darf und darüber hinaus auch ganz respektabel Schlagzeug spielt, hab ich Euch schon einmal erzählt.
Trotzdem ist das Direct-to-DVD-Business, und da insbesondere die Abteilung Action, eine der undankbarsten Berufsfelder überhaupt. Man muss bis ins hohe Alter topfit sein und körperliche Höchstleistungen erbringen. Die Gagen sind gering, die Arbeitsbedingungen schlecht, und vom Prestige ganz zu schweigen. Stehen Actionfilme doch im Ruf, eine Zielgruppe zu bedienen, die ihr hart verdientes Harz IV-Geld zu gleichen Teilen in Schnaps, Kippen, Futter für den Kampfhund und DVD-Leihgebühren in schummrigen Vorstadtvideotheken investiert.
Doch mit diesem Film sollte sich das ändern. Meines Wissens nach ist UNIVERSAL SOLDIER - DAY OF RECKONING der erste Direct to DVD-Actioner überhaupt, der weniger bei der angestammten Zielgruppe, als vielmehr bei der intellektuellen Filmkritik punkten konnte. Und wie!
Ich erlaube mir an dieser Stelle den lieben Kollegen Sebastian Selig von critic.de zu zitieren, einen fast schon militanten Anhänger dieses Streifens:
"Es ist, als würde man mitten in der Nacht von einem tiefen, dunklen Vibrieren geweckt. Ein Vibrieren, das man selbst Monate später noch in jedem der immer wieder neu aufgebrochenen Knochen dumpf nachhallen spürt. Dieser Film ist wie Drohnen-Brummen. Ein Tinnitus-Film. Der einen Krieg als eine alles vereinnahmende, tief drin im Körper wütende Erfahrung spüren lässt. Einem diese förmlich in den Körper drischt. Mit unlauteren Mitteln. Mit dem Baseball-Schläger. Mit einer das taube Fleisch aufreißenden Machete. Wer das Glück hatte, Universal Soldier: Day of Reckoning groß, in wundervoll die Architektur der Räume aufbrechendem 3D als Höhepunkt der diesjährigen Sommerfestspiele des Fantasy Filmfests im Kino zu sehen, der wird ihn nie mehr los. Die eine, vielleicht nur ein oder zwei Mal im Leben/im Kino/auf den Knien alles durcheinanderwirbelnde und dann wieder neu zusammensetzende Seherfahrung. Ein gewaltiger Kraftakt. Ein die Grenzen des Bewegtbildes mit hypnotischen Mitteln neu auslotendes Meisterwerk. Die Wucht von zehn Irréversible (2002) entwickelnd, dabei mindestens einundzwanzigmal so intensiv wie die sakrale Beglückung der letzten Minuten von 2001 - Odyssee im Weltraum (1968). Ein Film, in dem sich der Schmerz von vier Teilen Rambo (1982-2008) und einem Teil Marina Abramovic: The Artist Is Present (2012) bündelt."
Ich wollte und konnte das nicht glauben. Sollte der Streifen auch nur halb so gut sein, haben wir einen der Filme des Jahres vor uns. Und was soll ich sagen: Er ist mindestens dreiviertel so gut.
Was der junge Regisseur John Hyams - der Sohn von Action-Routinier Peter Hyams - uns hier um die Ohren knallt, ist schon ein verdammt irres Teil von einem Sci-Fi-Action-Horror-Bastard, der sich von Memento und Robocop über David Lynch, Philip K. Dick bis Gaspar Noe wie wild durch die Filmgeschichte zitiert und selbst vor einer etwas größenwahnsinnig anmutenden Apocalypse Now-Hommage nicht zurückschreckt.
Zuständig dafür ist ein in Würde gealterter Jean Claude van Damme, der hier mit kahlrasiertem Schädel den besten Marlon Brando gibt, den er draufhat.
Mit seinen aberwitzigen, ultrabrutalen Kampfchoreographien und dem wohl kaum mehr zu toppenden Mittelteil-Showdown qualifiziert sich UNIVERSAL SOLDIER - DAY OF RECKONING noch vor dem indonesischen Knochenbrecher THE RAID und dem hyper-stilbewußten DREDD-Remake zum Action-Event des Jahres. Ein Kunstfilm im Gewand eines Direct-to-DVD-Actioners, der deine Sehgewohnheiten in (dreidimensionale) Fetzen schießt. Kaufpflicht - aber selbstverständlich nur für die Uncut-Version.
In diesem Sinne: "Das nenne ich Kampfgeist, Soldat!"
Believe it or not - UNIVERSAL SOLDIER - DAY OF RECKONING ist einer der besten Actionfilme aller Zeiten: Ein Kunstfilm im Gewand eines Low Budget-Actioners, der deine Sehgewohnheiten in Fetzen schießt. Mehr APOCALYPSE NOW geht nicht mehr im Direct-to-DVD-Bereich.
Man achte bitte auf die Uncut-Fassung.