OT: Rehla ilal kamar / Journey to the Moon
SCI-FI-TRASH: Ägypten, 1959
Regie: Hamada Abdel Wahab
Darsteller: Rushdy Abaza, Souad Tharwat, Edmond Tuima
Wäre Ismail doch bloß nicht auf der Suche nach Hochprozentigem in die deutsche (!) Rakete gekraxelt, die da irgendwo in der Wüste Ägyptens stand. Jetzt steht sie nicht mehr da. Denn jetzt sieht er nur noch Sterne. Und die kommen nicht von der Pulle Rum, die er doch tatsächlich in der Rakete gefunden hat. Sein Chef, Mr. Rushdie, ist nicht gerade erfreut. Und gemeinsam müssen sie noch Dr. Shivan, den deutschen Raketentüftler, aus seiner Ohnmacht holen, in der er vor Schreck gefallen ist. Doch als der einmal begreift, dass er auf dem Weg zum Mond ist, kann er sein Glück kaum fassen: "Fantastisch! Wunderbar! Sär gutt!"
Ja, auch Ägypter fliegen zum Mond. Mit einem deutschen Wissenschaftler! Ägypten? Geheimnisvolles Land voller Mysterien, Pyramiden und Mumien. Jahrtausende von Geschichte. Was um alles in der Welt hat hier eine deutsche Rakete verloren? Und wieso dreht man ausgerechnet hier einen Science-Fiction-Film? Ägyptische Science-fiction-Filme gibt's ja nun nicht wie Sand in der Sahara. Aber andererseits haben davon die Ägypter mehr als genug. Da ist auch noch Platz für eine Rakete.
Also, schnell den Countdown auf - äh - arabisch? Egal!
"Säx! Funf! Drei!(?) Drei! Swai! Ein!"
Innerhalb von 20 Minuten fliegt die Rakete nun 15 Mal in der exakt gleichen Einstellung am Zuschauer vorbei. Ich hab's mitgezählt. Gut, ein wenig redundant ist das schon. Und ermüdend. Irgendwann landen sie dann auf dem Mond. Und irgendwie sieht der Landeplatz genauso nach Wüste aus wie der Startplatz auf der Erde. Aber wer will behaupten, die Rakete hätte sich gar nicht bewegt? Schließlich war sie zwischendurch im Weltraum. 15 Mal.
Und wen treffen sie auf dem Mond da? Mr. Kosmos! Ja Fantastisch! Wunderbar! Sär gutt! Und seine Töchter: Luna, Solar, Venus, Marsia, Terra, Astra. Und Stella. Die spinnen, die - äh - Ägypter.
Die Mondmädchen tragen erstaunlich kurze Röckchen. Und sprechen fließend arabisch, was ich von mir nicht behaupten kann. Wenn nicht gerade deutsche oder englische Satzfetzen erklingen, verstehe ich nicht wirklich jedes Wort. Andererseits begleiten Ägypter ihre Worte mit einer hingebungsvollen Gestik. Wenn die Hände Ismails erst jammernd zum Himmel gehen und er dann mit einem Wortschwall auf den Boden zeigt, wird auch mir klar, dass der unfreiwillige Raumfahrer doch wieder gern festen Boden unter den Füßen hätte.
Die weitere Geschichte ist nun auch nicht furchtbar kompliziert. Eins der Mädel verliebt sich in Mr. Rushdie. Vor lauter Freude legen die anderen Mädchen eine Tanzeinlage hin. Ismail und Otto, der Roboter, hauen die Alkoholvorräte des Mondes auf den Kopf. Für die Rückkehr nimmt man einen Eispickel und hackt damit etwas Atomeis (!). So ganz ohne Treibstoff geht's halt nicht. Und ich stelle mir wieder die Universalfrage: Was haben die damals geraucht?
Aber so eine Entdeckung ist für jeden Cineasten eine Herausforderung. Ich habe vier Anläufe gebraucht, um ihn zu Ende zu sehen. Denn neben den erwähnten Wot?-Situationen gibt es auch einfach unglaublich viel Leerlauf. Aber der ist in erstaunlicher Qualität zu bestaunen. Da muss jemand sichtlich stolz gewesen sein und seinen Schatz mit Argusaugen gehütet haben. Kaum eine Schramme lässt sich im Film ausmachen. Das Bild sieht aus wie am ersten Tag. Und eine Botschaft hat er am Ende auch noch: Make Love, not War! Allahu akbar.
Ägyptische Science-Fiction. Genauso gut könnte man im Restaurant nach mexikanischem Champagner oder echten portugiesischen Scotch fragen. Oft blubbert der Film nur vor sich hin. Die gewollten Comedy-Einsprengsel funktionieren meist schlechter als die ungewollten. Aber die hauen den Zuschauer mit 7 g in den Couchsessel.
Und die Universalfrage wird auch noch beantwortet. Sigarr!