DRAMA: USA, 2005
Regie: Mike Mills
Darsteller: Lou Taylor Pucci, Tilda Swinton, Keanu Reeves
Justin (Lou Pucci) ist 17 Jahre alt und eigentlich ganz normal, sieht man davon ab, dass er immer noch Daumen lutscht. Sein kleiner Bruder findet ihn deswegen peinlich, sein Vater (Vincent D´Onofrio) streitet ständig mit seiner Mutter (Tilda Swinton) darüber, eine Freundin hat Justin auch nicht, dafür aber tief sitzende Selbstzweifel. Als ihn der Kieferorthopäde und New-Age-Hobbypsychologe Dr. Perry Lyman (Keanu Reeves) mittels Hypnose von seiner Obsession befreit, wird jedoch nichts besser. Denn der Daumen war nur ein Ventil für Justins Unsicherheit. Und sein Lehrer Mr. Geary (Vince Vaughn) offenbart sich als genauso verunsichert wie Justin. Scheinbar ist es nicht leicht erwachsen zu werden - egal wie alt man ist...
KRITIK:Der amerikanische Regisseur Mike Mills, der seine Brötchen bislang im Werbe- und Videoclipfach verdiente,
drehte dieses schöne Coming of Age-Drama um einen Teenager, der mit seinen langen Haaren und androgynen Gesicht glatt sei Suede spielen könnte,
hätte sich diese wunderbare Band nicht längst aufgelöst.
Doch der junge Mann hat ein Problem: Er ist immer noch Daumenlutscher,
ein Umstand, der bei Eltern, Lehrern und potentiellen Freundinnen nicht unbedingt für Begeisterung sorgt.
In bester US-Independentfilm-Tradition erzählt der Streifen von ganz normalen Außenseitern und liebenswerten Verlierern wie dich und mich.
Dass diese Beautiful Losers immer junge Männer sind, mit reichem Innenleben und leichtem psychischen Knacks, etwas schüchtern, aber bildhübsch, mag zwar nicht immer der Realität entsprechen.
Was den Film aber nicht abwertet, ganz im Gegenteil.
Denn anders als im europäischen Kunstkino, das visuelle Experimente hasst wie Pest,
wird im amerikanischen Indie-Kino die Realität überhöht, soll heißen: optisch und akustisch aufgepeppt.
Dank seiner stilvollen Bildsprache, seiner surrealen Momente und dem stimmigen Soundtrack der Band
Polyphonic Spree wirkt Thumbsucker wie ein schöner runder Indie-Popsong. Ich mag das, sehr sogar.
Schönes, charmantes Coming of Age Drama, das alles hat, um Menschen, die eher FM4 als Ö3 hören, Freude zu bereiten: Angenehmer Soundtrack, hübsche Bilder, schöne Menschen. Melancholie und Humor halten sich die Waage. Wer das US-Indiekino liebt, kommt an Thumbsucker nicht vorbei.