DRAMA: USA, 2017
Regie: Martin McDonagh
Darsteller: Frances McDormand, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Peter Dinklage, Abbie Cornish
Vor sieben Monaten wurde Mildreds Tochter Angela ermordet. Und noch immer läuft der Täter frei herum. Mildred will diesen Zustand nicht mehr länger hinnehmen. Sie mietet drei Plakatflächen außerhalb der Stadt, auf denen sie die Untätigkeit der Polizei anprangert. Eine Aktion, mit der sie nahezu die gesamte Stadt gegen sich aufbringt.
Es ist ja immer wieder gut, gänzlich unvorbereitet in einen Film zu gehen. Von "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" hatte ich nur einen kurzen Teil des Trailers gesehen. Frances McDormand in einem Coen-artigen Kleinstadt-Thriller-Szenario, das war mein erster Eindruck. Und: Muss ich sehen. Unbedingt. Fällt diese Entscheidung noch während des Trailers, habe ich die Angewohnheit, die Augen zu schließen, damit mir der restliche Trailer bloß nicht zu viel spoilert.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, dass der Regisseur Martin McDonagh (In Brughes, 7 Psychos) heißt. Und der Film für nicht weniger als sieben Oscars nominiert war. Von sieben Psychopathen zu sieben Oscars, nicht schlecht. Ein Witz, ganz nach dem Geschmack des irischen Dramatikers McDonagh, der von Theater kommt und mit seinem erst dritten Spielfilm ganz oben angelangt ist. Später lese ich dann vom absurden Missverständnis, wonach dem Film von Überkorrekten in den USA allen Ernstes Rassismus unterstellt wurde - als ob ein Film, in dem eine rassistische Figur vorkommt, gleich per se rassistisch wäre.
Um jetzt endlich zum Punkt zu kommen: "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" ist ein großartiger Film. Meisterwerk-Alarm. Wir haben zwar erst Ende Jänner, und trotzdem steht ein potentieller Film des Jahres bereits fest. This Year's Revenant, wenn man so will. Auch 2016 war der Film des Jahres schon im Jänner zu sehen. Der erste Eindruck mit dem schwarzhumorigen Coen'schen Kleinstadt-Thriller-Szenario hat auch gestimmt. Und doch ist "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" so viel mehr: Ohne jetzt pathetisch klingen zu wollen, haben wir es hier mit einem amerikanischen "Morality Play" zu tun, einem Film, der keine Angst hat, die ganz großen Themen anzugehen. Es geht um Humanismus, um Schuld, um Moral, um die verschobenen Koordinaten zwischen Gut und Böse.
Wenig ist dabei so, wie es scheint. Auch wenn der "Falter" etwas abschätzig von einem "Film für Checker" spricht, würde ich meinen, dass die Wendungen hier garantiert niemand vorhersieht. Es ist eine wirklich arge Geschichte, die von ausgezeichneten Schauspielern zum Leben erweckt wird. Der Schauplatz mag eine (fiktive) Kleinstadt im amerikanischen mittleren Westen sein, doch die Themen sind universell: Die traurigen, verzweifelten, zornigen, schmerz- und hasserfüllten, zum Rassismus neigenden Menschen, sie sind, wie wir nur zu gut wissen, ganz und gar kein amerikanisches Spezifikum. Die gibt es überall.
McDonaghs eigentümlicher, pechschwarzer Humor mag ein wenig von der Dramatik der Ereignisse abfedern. In Hochstimmung lässt einen dieser Film natürlich nicht zurück. Der "Mad Max - Fury Road" der Dialoge, um Facebook-Freund Chris zu zitieren.
Eine Frau, die um ihre ermordete Tochter trauert, attackiert die Polizei mit einer Plakat-Aktion. Ein amerikanisches Moralstück, berührend, virtuos komponiert und gespielt. Vom Humor und Setting her grundsätzlich Coen-artig, aber irgendwie "erwachsener", tragischer und somit essentieller. Der "Mad Max - Fury Road" der Dialoge. Steht der Film des Jahres schon im Jänner fest?