OT: Thirsty for Love (Sex and Murder)
GIALLO: TR, 1972
Regie: Mehmet Aslan
Darsteller: Kadir Inanir, Meral Zeren, Yildirim Gencer
Die attraktive Mine verbringt mit Ihrem Mann einige Tage in Istanbul. Sie trifft dort ihre Freundin Oya und lernt auf einer gemeinsamen Party auch noch den charmanten Yilmaz kennen, mit dem sie eine Affäre beginnt. Doch die bleibt nicht unentdeckt, Mine wird erpresst. Wer steckt dahinter? Ihr sadistischer Ex-Liebhaber, der ihr nach Istanbul gefolgt ist? Und wer ist der Mörder, der derzeit Istanbuls Damenwelt mit dem Rasiermesser dezimiert und ganz offensichtlich in Mine sein nächstes Opfer sieht?
Immer dann, wenn man meint, bereits alles gesehen zu haben, gräbt irgendein obskures Filmlabel einen noch obskureren Film aus. In diesem Falle die einzig erhaltene Kopie des einzigen türkischen Giallo.
Geht nicht? Gibts nicht? Von wegen.
Bursas Skiparadies statt Sonnenstrände an der Riviera! "Belgrad Park" statt Schloß Schönbrunn! Fiat-Lizenzbau statt Mercedes-Benz! Der KILLER VON WIEN - jetzt am Bosporus! Darauf erst mal einen Raki zum runterspülen.
Nachdem die Kinnlade wieder oben ist und auch die Gesichtsmuskeln sich eingermaßen eingerenkt haben, halten wir fest: wenn schon abkupfern, dann richtig. Szene für Szene.
Bitte keine Hemmungen. Das ist so extrem, dass die Unterschiede mehr auffallen als die Gemeinsamkeiten. Es wird nicht mal vor Nacktszenen halt gemacht. Die orientalische Männerwelt erhält Nachhilfeunterricht in weiblicher Anatomie. 1972! In einem türkischen Film! Won't believe it? Und dann diese Klamotten! Farbenfroh und verdammt kurz.
Think of the differences: Der Connaisseur stellt mit Erstaunen einen etwas anderen Ausgang fest. Und vor allem die Klopperei unter Männern am Ende des Films. Eigentlich ist alles gesagt, da fliegen die Fäuste noch mal. Let's get physical. Kann ja nach all dem Gehirnzellenjogging beim Mitraten, wer's denn nun war, nicht schaden.
Besonderes Ohrenmerk gilt der Tonspur. Ok, an Nora Orlandis Soundtrack wagte man sich nicht heran. Dafür aber mussten Morricone & Co herhalten. Der Toningeneur mischt dabei auch schon mal zwei Soundtracks übereinander oder lässt ein Gitarrenriff in einer Endlosschleife die Gehörgänge durchnudeln. Yeah, psychedelic! Sobald aber ein Wort gesprochen wird, ist Schluss mit lustig. Gnadenlos wird die Musik einfach unterbrochen.
Ja, rosa Türen in grünen Wänden, Sex & Crime im Farbenrausch, noch Fragen? Istanbul gibt sich 1972 verdammt sleazy und hipp. Dafür ist die Männerwelt noch in Ordnung. Man trägt zeitlosen Schnauzbart turkish style und weiß, worauf man Wert legt.
Sie (zum Autofahrer): "Du stinkst nach Alkohol!"
Er (am Steuer): "Ein richtiger Mann stinkt nach Alkohol und Zigaretten!"
Obskur. Rar. Trash. Giallo alla Turca. Hat die Welt noch nicht gesehen. Hat sie wohl auch nicht vermisst. Aber ohne diese 57 Minuten ist sie irgendwie ärmer.