Drama: IRL/E, 2006
Regie: Ken Loach
Darsteller: Cillian Murphy, Pádraic Delaney, Liam Cunningham, Orla Fitzgerald
Im Irland des Jahres 1920 kämpfen die beiden Brüder Damien und Teddy während des Irischen Unabhängigkeitskriegs Seite an Seite für die Befreiung von der Britischen Herrschaft. Teddy ist Anführer einer IRA-Einheit während Damien zunächst sein Medizinstudium in London beenden will, sich aber unmittelbar vor seiner Abreise, nachdem er Zeuge mehrere grausamer Zugriffe durch Britische Soldaten geworden ist, Teddys Einheit anschließt. Als 1921 dann zunächst ein Waffenstillstand und schließlich ein Friedensvertrag geschlossen wird, der jedoch nicht die gewünschte Unabhängigkeit von England bringt, entzweien sich die einstigen Kämpfer für die gemeinsame Sache, ein Bürgerkrieg bricht aus, und aus den beiden Brüdern werden Gegner.
Nach Flags of Our Fathers der nächste Kriegsfilm dieses Jahres, oder besser gesagt Anti-Kriegsfilm. The Wind That Shakes the Barley allerdings behandelt einen Krieg, der jenseits der Britischen Inseln kaum mehr Thema ist. Beziehungsweise, eigentlich geht es um zwei Kriege - den Irischen Unabhängigkeitskrieg auf der einen, und den darauf folgenden Bürgerkrieg auf der anderen Seite.
Ken Loach, der große Realist des Britischen Kinos, der zuletzt mit A Fond Kiss ganz neue Töne angeschlagen hatte, ist nunmehr wieder in sein angestammtes Terrain zurückgekehrt, und das auf spektakuläre Weise. The Wind That Shakes the Barley ist ein großer Film mit grandiosen Landschaftsaufnahmen und fantastischen Schauspielern, allen voran der unglaubliche Cillian Murphy.
Vor allem aber handelt es sich um ein leidenschaftliches Plädoyer gegen jeglichen Krieg. Den letztlich gerechten Krieg, das zeigt dieser Film einmal mehr, kann es nicht geben. Selbst wenn ein Krieg zunächst aus vermeintlich gerechten Gründen begonnen wurde, rein, um sich und die gerechte Sache zu verteidige, so muss er früher oder später zu einem hässlichen werden, in dem auf allen Seiten Unrecht passiert.
Im konkreten Fall schließt sich der Medizinstudent Damien zunächst der IRA-Einheit, die von seinem Bruder geleitet wird an, nachdem er das Unrecht, das im ganzen Land von Britischen Soldaten begangen wird, nicht mehr tatenlos mit ansehen will. Er steht voll und ganz hinter der Sache, ist in Gefangenschaft sogar bereit sein Leben für das seines Bruders zu opfern. Die wirklich hässliche Fratze des scheinbar gerechten Krieges zeigt sich ihm jedoch erstmals, als er laut Kriegsrecht gezwungen ist, einen Jungen, den er von Klein auf kennt, als Verräter zu exekutieren.
Die Nachricht vom Waffenstillstand jedoch scheint all die Gräuel bezahlt gemacht zu haben. Umso größer ist der Schock, als der Friedensvertrag sich für viele IRA-Gefolgsleute als fauler Kompromiss darstellt, der Irland nicht die gewünschte vollkommene Unabhängigkeit vom Britischen Königreich bringt. Im darauf folgenden Bürgerkrieg finden sich die beiden Brüder Damien und Terry in gegnerischen Lagern - Terry meint, einen Etappensieg errungen zu haben, und Damien will sich nicht damit abfinden, dass all die bisher erbrachten Opfer erst recht nicht die ersehnte Unabhängigkeit gebracht haben sollen.
Dieser Kunstgriff Loachs, dass er diese zwei Brüder einander gegenüberstellt als Symbol dafür, dass letztlich Iren gegen Iren kämpften, tut das seine, um einen letztlich beim Abspann des Films schockiert im Kinosessel zurück zu lassen. Zu frisch sind zudem die Assoziationen zu einem aktuellen Krieg, dem im Irak, der zunächst auch mit einer Besatzungsmacht begann, und schließlich in einen unüberschaubaren und ungleich verheerenderen Bürgerkrieg ausgeartet ist.
Großes Kino über ein leider wohl ewig aktuelles Thema. Ein von der ersten Minute an bis zum hoffnungslosen Ende hin schockierender, drastischer Film, der einen lange nicht los lässt.