OT: The Walking Dead - Season 1
HORROR/SERIE: USA, 2010
Regie: u. a. Ernest R. Dickerson
Darsteller: Andrew Lincoln, Sarah Wayne Callies, Laurie Holden, Steven Yeun, Chandler Riggs
Sheriff Rick Grimes wacht aus dem Koma auf und findet nicht nur ein völlig verwüstetes Krankenhaus sondern auch eine komplett zerstörte Welt vor. Und überwall wandelnde Tote. Er macht sich sofort auf um inmitten einer post-apokalyptischen Welt seine Frau und seinen Sohn zu finden...
Wenn es eine Sache im Horrorbereich gibt, die noch ausgelutschter ist als Vampire – ja, dann sind das Zombies. Und, ach du meine Güte, sind Zombies ausgelutscht. Ein sicheres Zeichen für den absoluten Untergang der lebenden Toten gefällig? Brad Pitt. In einem Zombiefilm. Ich mochte das Buch World War Z, ich mag den Trailer zur Verfilmung, irgendwie, aber wenn Brad Pitt in einem Zombiefilm mitspielt, dann ist das Ende der Fahnenstange doch irgendwie schon … nur noch im Rückspiegel zu sehen. Denn das Ende war schon lange erreicht.
Dann allerdings kam THE WALKING DEAD. Zunächst als Comic und die Gemeinschaft der Comicleser feierte die Serie ohne Ende – sie tun‘s eigentlich immer noch – und so ist THE WALKING DEAD stets vorne mit dabei, wenn’s um Verkaufszahlen geht. Dann kam die Fernsehserie und Freunde bewegter Bilder aller Länder waren begeistert und brachen in Freudenstürme aus. Es hagelte Lob aus allen Richtungen und die Serie wurde als revolutionär, als Meisterleistung der Fernsehunterhaltung in den Himmel gelobt.
Und obwohl sowohl Comic als auch Serie bisher völlig an mir vorbeigegangen waren, habe ich mich schließlich doch einmal hineingewagt in die Welt der Wiedergänger um zu schauen „what the buzz is all about“ – wie man im Englischen so schön sagt. Und die Frage, die sich mir nach dem Ende der ersten Staffel stellt ist eindeutig: Hab ich dieselbe Serie gesehen wie alle anderen? Soll das wirklich diese große, die Fernsehlandschaft komplett aus den Angeln hebende, großartige und innovative Fernsehserie sein?
Zunächst einmal fielen mir die „Referenzen“ auf. Referenzen auf andere Zombiewerke. Referenzen, die manchmal klein und subtil sind, schöne Zitate über die man sich freut. Referenzen aber auch, die man schon fast als Kopie bezeichnen könnte und bei denen man sich fragt wo nun das Spektakuläre, das Neue zu finden sein soll.
Rick erwacht aus seinem Koma und merkt recht schnell, dass die Welt, wie er sie kannte nicht mehr existiert, dass sie nun bevölkert ist von sonderbaren Wesen, die nur auf eins aus sind – Menschenfleisch. Drum wandert er zunächst einmal völlig entgeistert durchs Krankenhaus und schließlich auch durch die Stadt und trägt dabei sein Krankenhaushemdchen. Nun, vielleicht mag ich das zu eng sehen, aber das hab ich bereits anno domini 2002 gesehen, als 28 DAYS LATER die Lichtspielhäuser unsicher machte. Auch sonst gibt es im Westen nicht viel Neues; eine Gruppe von Überlebenden kämpft um ihr aller Überleben und natürlich ist sie dermaßen bunt zusammengewürfelt, dass es zu allerlei Konflikten kommt – wer hätte das gedacht? Überhaupt ist so ziemlich alles vorhersehbar und Überraschungen sind so selten, dass ich begonnen habe mich hier und da zu fragen, ob ich das Drehbuch nicht selbst geschrieben habe.
Und doch gebe ich gerne zu, dass mir die erste Staffel THE WALKING DEAD durchaus Spaß bereitet, ich sie gar förmlich verschlungen habe. Denn trotz allem was nicht so richtig funktionieren will, trotz aller Macken ist TWD durchaus am Ende immer noch spannend, was vor allem an drei Faktoren liegt. Zum einen ist die Serie, trotz ihrer Unzulänglichkeiten, vor allem in Hinblick auf die Charakterisierung der Figuren gut geschrieben. Klar, wir haben die Standardtypen alle versammelt: Den Hillbilly, den netten alten Opa – der mit Sicherheit ein schmutziges Geheimnis hat –, den harten Burschen, den lustigen Tüp und den anderen lustigen Tüp. Aber darüber hinaus sind diese Figuren größtenteils auf die eine oder andere Art sympathisch und man kann nicht anders als ihren Werdegang verfolgen zu wollen. Auch sind die Konflikte innerhalb der Gruppe nicht nur nachvollziehbar, sie erzeugen zudem eine Spannung, die den Zuschauer zum Weiterschauen bringt, und die ständige äußere Bedrohung durch die Untoten auf persönlicher Ebene auch von innen heraus schwelen lässt.
Darüber hinaus ist THE WALKING DEAD gekonnt in Szene gesetzt und vermittelt die richtige Atmosphäre zu rechten Zeit. Soll es spannend sein und der Blutdruck in die Höhe schnellen? Kein Problem. Soll es lustig sein, ein wenig comic relief die Stimmung auflockern? Kein Problem. Es bedarf ein wenig Action um den Motor auf Touren zu bringen? Kein Problem.
Sieht man einmal von den übertriebenen nicht zu übersehenden Referenzen ab, wurde hinter der Kamera ziemlich viel richtig gemacht. Bis auf… das Sakrileg schlechthin: Blut aus dem Computer. Es sah nie gut aus – von echt mal ganz zu schweigen –, es sieht nicht gut aus und es wird nie gut aussehen. Dafür sind viele der restlichen Effekte noch richtig handgemacht und dazu noch äußerst… explizit. Für Sachen die bei THE WALKING DEAD an Splatter und Gore im Abendprogramm in der heimischen Glotze zu sehen sind, steht Peter Jacksons BRAINDEAD seit Urzeiten hier in deutschen Landen – meine lieben Nachbarn die filmliberalen Ösis haben da mehr Glück – auf Liste B. Gut, natürlich muss man dazu sagen, dass TWD für die Fernsehaustrahlung ein wenig geschnitten wurde – weshalb eOne / WVG die erste Staffel nun glücklicherweise in einer Special Uncut Version auf DVD und Blu-ray auf den Markt gebracht hat und ein Großteil der Folgen nun ungeschnitten zu sehen sind.
An dieser Stelle muss ich dann doch auch nochmal so richtig ein paar Worte des Lobes für THE WALKING DEAD auspacken, denn dass sich Überlebende als Zombies ausgeben und unerkannt entkommen zu können, das habe ich schon gesehen. Dass sie jedoch vorher einen Zombie bis auf Bolognese-Konsistenz zerhackstücken und sich anschließend damit einreiben – das war doch mal was Neues und… kreativ, wenn auch sicherlich nicht jedermanns Geschmack.
In diesem Sinne: „Das zäheste Arschloch, das ich kenne, ist mein Bruder. Wenn der ‘nen Hammer frisst, scheißt er nachher Nägel!“
THE WALKING DAED ist bei Weitem nicht die Überserie, die fast die ganze Welt in ihr sieht. Und weder fügt sie dem inzwischen ausgelutschten Zombie-Subgenre Neues hinzu, noch revolutioniert sie außergewöhnliche Fernsehunterhaltung. Diese Beschreibung passt da schon eher auf TRUE BLOOD, eine Serie, die tatsächlich mal etwas Neues zu bieten hat.
Dennoch kommt man nicht umhin auch die Qualitäten der Wandelnden Toten zu entdecken, denn THE WALKING DEAD ist äußerst spannend und auf den Punkt inszeniert. Dazu gesellen sich interessante Figuren, die viel Potential für zukünftige Konflikte bieten und damit die Untoten nicht die einzige Bedrohung sind die, atmosphärisch dicht, wie ein Damoklesschwert über der Gruppe von Überlebenden hängt.
Wer einmal hineinschauen möchte, sollte zur ungeschnittenen Fassung greifen, denn die zeigt Eindrucksvoll, dass THE WALKING DEAD dann letztlich doch ein klein wenig revolutionär ist – denn den Maßstab für Gewalt in Abendserien hat sie durchaus um einiges höher gehängt.