THRILLER: GB, 2011
Regie: Matthew Hope
Darsteller: Toby Kebbell, Brian Cox, Tony Curran, Tom Brooke
Robert Miller, Afghanistanveteran, kehrt nach dem Krieg nach Hause zurück. Und sein Zuhause ist kein beschaulicher Vorort, sondern die Sozialbauten South Londons. Dort werden die Straßen von Drogendealern beherrscht, die nicht davor zurückschrecken auch Kinder in ihre Dienste zu stellen. Schnell gerät Miller zwischen die Fronten der Gewalt des Ghettos und den Anwerbungsversuchen des britischen Geheimdienstes.
South London? Drogendealer? Gewalt in den Straßen? Werke aus Großbritannien, die dieses Thema behandeln, werden wir in nächster Zeit wahrscheinlich häufiger in den Kinos oder auf DVD sehen.
Denn der soziale Brennpunkt South London stellt nicht erst seit den Unruhen in der englischen Hauptstadt ein durchaus aktuelles Thema dar. Nach den Ghettofilmen aus der Ära der 90er, die zum großen Teil in South Central, Watts oder der South Bronx angesiedelt waren, schwappt die Welle nun endgültig über den großen Teich und erreicht das Bewusstsein der europäischen Gesellschaft.
Die Gründe für diese Ghettoisierung der Vorstädte in England, Frankreich und Deutschland und der Amerikanisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse wurzeln in den verschiedensten Ursachen, deren Beschreibung hier wohl den Rahmen sprengen würden
Nach Harry Brown und Attack the Block nun also der dritte Film über South London den ich in den letzten Wochen in die Finger bekommen habe.
Von Anfang an begleiten uns zwei Handlungsstränge. Auf der einen Seite der aus dem Krieg heimkehrende Veteran, der mit der Gewalt Zuhause konfrontiert wird und merkt, dass der Krieg nicht nur in seinem Kopf fortbesteht, sondern auch auf den Straßen vor seiner Haustür. Auf der anderen Seite führt uns die Geschichte Robert Millers in die Tiefen des sogenannten "Krieg gegen den Terror" und die damit verbunden Verwicklungen des MI6, CIA und des pakistanischen Geheimdienstes ISI. Ein weiterer Beweis dafür, dass der Krieg nicht an den Grenzen Afghanistans halt macht und Miller bis nach England verfolgt.
Grundsätzlich eine gut durchdachte, dichte Erzählung die es dem Film aber von Anfang an erschwert, alle Aspekte dieser komplizierten und verworrenen Erzählstruktur ausreichend in knapp 100 Minuten zu beleuchten.
Sozialstudie und Gesellschaftskritik hier, imperialistische, kapitalistische Agenda und manipulativer Masterplan eines politischen Establishments da.
Vielleicht hätte sich Matthew Hope auf einen Erzählstrang beschränken sollen. Aber ich möchte nicht zuviel an diesem, trotz dieser kleinen Schwächen, durchaus soliden und düsteren Thriller herummeckern.
Denn trotzallem muss die Tatsache bedacht werden, dass die Message des Films durchaus zum Nachdenken anregt und in Zeiten in denen die Filmkunst oft genug schamlos als Propagandamittel instrumentalisiert wird ein progressives Werk wie The Veteran ausreichend gewürdigt werden sollte.
Beeindruckt haben mich vor allem die sehr authentisch wirkenden, roh in Szene gesetzten Gewaltszenen in den Straßen Londons, die ein wunderbares Setting für diese Story abgeben und deren Trostlosigkeit und erdrückende, angsteinflössende Atmosphäre dank der soliden Kameraarbeit glänzend zur Geltung kommen.
Der Spannungsbogen wird durch die dichte Erzählung konstant aufgebaut und entlädt sich in einem fulminanten Showdown, der dem englischen Thriller alle Ehre macht.
Wer also Lust auf einen bedrückend in Szene gesetzten Thriller, gespickt mit Gesellschaftskritik und politischen Intrigen hat, sollte hier beherzt zugreifen.
Ein solider, gewalttätiger, die gesellschaftliche Verrohung thematisierender Thriller direkt von der großen Insel. Nicht verpassen!