DOKUMENTARFILM: USA, 2011
Regie: Andrea Blaugrund Nevins
Darsteller: US-Westküsten-Punk-Rocker
Es war einmal der Punk: Fuck the Establishment, Fuck the Future, Fuck the World! Doch der Punk ist reif geworden: Be a Father, Love your Family, Give them Future! Wie diese Entwicklung in der Realität von US-Westküsten-Punk-Rockern aussieht, davon handelt THE OTHER F WORD...
Ob Fat Mike, ein Held meiner prä-, inter-, und postpubertären Zeit dieses schöne Lied auch Tochter Darla vorsingt? Ja ja auch Punk-Rocker werden älter, auch Punk-Rocker sehnen sich nach Liebe und Zuneigung, auch Punk-Rocker gründen Familien und versuchen ein geordnetes Leben zu führen. "Punks Now Dad" Und weil dies für den Ottonormalhörer so unwahrscheinlich klingt, dachte sich die Regisseurin Andrea Blaugrund Nevins, man müsse der Sache doch mal auf den Grund gehen. Herausgekommen ist dabei THE OTHER F WORD - ein Porträt reif gewordener US-Westküsten-Punk-Rockern.
Ich habe mich sehr auf den Film gefreut, da ich die meisten der gefeaturedten Bands (NOFX, Rancid, The Vandals, Bad Religion, Pennywise, Bouncing Souls, etc.) als Skatepunk klassifiziere, dem Sound der nicht nur meine Rollbrettfahrerei sondern auch mein Leben stets begleitet hat. Also zunächst mal zu den richtig guten Seiten der Doku. Erstens TOFW wird niemals fad. Es macht echten Spaß die verrückten Typen, herauszuheben sind hier vor allem Lars Frederiksen von Rancid, Duane Peters von den U.S. Bombs, Rob Chaos von Total Chaos, Flea von den Red Hot Chili Peppers und eben Fat Mike von NOFX, sich als verantwortungsvolle Väter geben zu sehen, was schon aufgrund ihres extraordinären Stylings nicht so recht gelingen mag. Zweitens TOFW vermittelt einen Eindruck davon, dass auch total ausgeflippte Punk-Rocker auch nur Menschen, mit humanen Bedürfnissen sind. Drittens TOFW widmet sich eine Subkultur, die es sonst eigentlich eher weniger zu Wort kommt. Viertens der Soundtrack von TOFW ist natürlich hammergeil!
Nun habe ich es aber nicht so mit Oberflächlichkeiten. Die Altpunker mit ihren Kindern rumalbern zu sehen genügt mir nicht, ich hätte mir mehr Tiefgang erwartet. TOFW versucht zwar, eine Entwicklung von FUCK zu FATHER zu zeigen, nimmt sich aber viel zu wenig Zeit dafür. Bei einer Laufzeit von "nur" ca. 98 min. und nicht weniger als 22 Interviewpartnern, kann sich das auch nicht wirklich ausgehen. Daneben sollen ja auch noch, Kindheitsfotos, Familienarchivaufnahmen und aktuelle Filmbilder gezeigt werden. So hetzt der Film von Punk zu Punk ohne sie jemals wirklich zu Wort kommen zu lassen. Nur einer bekommt wirklich Redezeit, Jim Lindberg von Pennywise. Kein Wunder, soll die Idee zum Film doch durch sein Buch Punk Rock Dad entstanden sein. Obwohl natürlich vollkommen nachvollziehbar wirken Lindbergs Erzählungen über das monotone Leben auf Tour, die Sehnsucht nach der Familie und den schweren Stand als Vater doch wie typisch österreichisches Gesuder. Man ist versucht zu sagen: "Hey man, you are a Punk-Rocker. Shut tha Fuck up!"
Aber, so ist das Leben und warum sollten Punks nicht ebensolche Bedürfnisse haben wie wir anderen auch. Und im Prinzip schafft TOFW trotz einiger Schwächen diese Botschaft zu transportieren. Mögen auch einige Szenen aufgesetzt wirken, Einiges zu kurz kommen und einige Altpunker nerven, im Endeffekt ist THE OTHER F WORD eine unterhaltsame und mit ein wenig gedanklicher Eigenarbeit auch eindringliche Doku. Wenn quasi als Tribut an all die auf der Strecke Gebliebenen noch kurz Bro Hymn angespielt wird, dann führt dies, wie jedes Mal, zur skatepunkerischen Gänsehaut.
THE OTHER F WORD ist eine eigentlich gelungene Doku, die allerdings ein wenig Eindringlichkeit vermissen lässt. Während vor allem viele Bilder den familiär-punkerischen Status Quo zeigen sollen, kommt die Entwicklung von FUCK zu FATHER doch zu kurz. Einiges wirkt aufgesetzt und Anderes wünscht man sich vertieft. Aber die verrückten Kerle, nach dem Motto "Punks Now Dad" mit ihren Kindern zu sehen und dabei den geilen Soundtrack zu hören macht trotzdem Spaß.