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The New World

The New World

DRAMA: USA, 2005
Regie: Terrence Malick
Darsteller: Colin Farrell, Q'Orianka Kilcher, Christopher Plummer, Christian Bale

STORY:

Im April 1607 erreichen Schiffe aus Großbritannien die amerikanische Küste. Hier soll eine Siedlung aufgebaut werden. An Bord eines dieser Schiffe befindet sich John Smith, der eigentlich gehängt werden soll, in letzter Sekunde aber noch eine Begnadigung erfährt. Die Siedler erkennen bald, dass sie nicht alleine sind. Anfangs werden die Neuankömmlinge noch von den Eingeborenen geduldet, doch schon bald kommt es zu den ersten Reibereien zwischen den beiden Parteien. Als Smith in Gefangenschaft gerät und getötet werden soll, rettet ausgerechnet die Tochter des mächtigen Häuptlings Powhatan sein Leben...

KRITIK:

The New World erzählt vom Clash der Kulturen. Die zugrunde liegende Liebesgeschichte zwischen einer jungen Indianerin und einem der englischen Eroberer dient lediglich dazu, die Begegnung der unterschiedlichen Welten, das gegenseitige Kennenlernen, anhand menschlicher Schicksale darzustellen. Im Zentrum des Films steht eine junge Indianer-Prinzessin, die ihr Herz an einen der Fremden verliert.

Auch wenn beide Kulturen anfangs mit Neugierde aufeinander reagieren, steht für beide Seiten außer Frage, dass es am Ende nur einen geben kann. Sowohl bei den Ureinwohnern als auch bei den Weißen folgt Misstrauen und Feindseligkeit der anfänglichen Neugier. Die neue Welt, sie übt Bedrohung und Faszination in gleicher Weise aus. In einem Monolog bemüht sich Smith um eine Gegenüberstellung der beiden Welten, die radikaler gar nicht sein könnte: Während den Indianern Gefühle wie Neid und Missgunst fremd wären, würden seine eigenen Leute selbst dann, wenn nicht genug Essen für alle vorhanden sei, in ihrer unermesslichen Gier nach Gold suchen. Für Smith wirkt das Leben der Indianer wie ein wahr gewordener Traum.

Auf eine für sie neue Welt trifft auch das junge Indianermädchen, das von den Engländern "Rebecca" getauft wird. Von ihrer Sippe verstoßen, weil sie den Eroberern geholfen hat, findet sie sich plötzlich inmitten einer fremden, anderen Welt wieder.

Regisseur Terrence Malick macht es den Zusehern nicht gerade einfach. Es wird auffallend wenig gesprochen, dafür gibt es phantastische Bild- und Tonkompositionen. So wurde The New World gänzlich auf 65mm-Film gedreht: Eine extrem kostspielige Technik, die es aber auch ermöglicht, weitgehend auf künstliche Beleuchtung zu verzichten.

Handwerklich wie formell ist The New World brillant, Szenen die wie aus einem Traum wirken, wechseln sich ab mit purem Realismus, die spärlichen Dialoge werden ergänzt von langen, teils poetischen Monologen, die Einblick in die Denkweise einzelner Figuren geben. Auch die Schauspieler, allen voran die junge Hauptdarstellerin Q'Orianka Kilcher, agieren auf hohen Niveau.

Dennoch wird der Film schwer sein Publikum finden. Das (sehr) langsame Erzähltempo, das Fehlen eines roten Fadens, die fehlende Action, all dies macht es dem Zuseher nicht gerade leicht. Zudem ist es trotz langer Monologe schwer sich mit den Figuren zu identifizieren, sie bleiben einem stets fremd und ihr Verhalten befremdet. The New World ist eben ein spezieller Film, für ein spezielles Publikum.

The New World Bild 1
The New World Bild 2
The New World Bild 3
The New World Bild 4
FAZIT:

Clash der Kulturen a la Terrence Malick. Ein sehr spezieller Film, für ein spezielles Publikum. Und bei dem man einen großen Bildschirm benötigt (optimaler wäre Leinwand).

WERTUNG: 7 von 10 Todesurteilen
TEXT © Gerti
Dein Kommentar >>
Patrasch | 26.12.2007 17:53
bez. "Clash of Cultures": Merry Christmas Mr. Lawrence!!!
>> antworten
Bernhard | 18.12.2007 12:34
Schließe mich Patrasch an ;-)

Malick hat mit "The Thin Red Line" den besten Film der vergangenen Dekade abgeliefert und ich vergöttere ihn dafür. Bei "The New World" hat er das Konzept dieses Films aber nahezu 1:1 kopiert und bestenfalls die Gewichtung von Krieg und Liebe in der Handlung ausgetauscht.

Was aber bei "The Thin Red Line" so extrem wichtig ist - nämlich es dem Zuschauer schwer zu machen, ihn nicht zu unterhalten (wie viele andere Anti-Kriegsfilme) sondern ihm etwas zu zeigen, ihm die Grauen des Krieges nicht durch Schocktherapie a la Spielberg sondern per Poesie und Metaphern näher zu bringen.

Ich habe den Eindruck dass Malick von "The Thin Red Line" selbst so begeistert war (zu Recht), dass er diesen Film nochmal mit einem anderen Thema machen wollte. Aber es passt irgendwie nicht. Ralph hat recht, es gibt auch hier großartige Bilder und Botschaften, die auf Malicks ganz eigene Weise funktionieren, wenn man nur bereit ist, hinzusehen. Wenn man versteht, warum Malick sich mitten in einer Kriegsschlacht auf einen toten Vogel konzentriert statt auf abgetrennte Körperteile hinzuhalten.

Aber bei "The New World" will es einfach nicht passen. Das Bild fügt sich nicht zusammen und irgendwie gibt es zu viel Leere. Man kann es übertreiben, und Malick hat genau das hier getan, ja. Ich war deshalb auch eher enttäuscht vom Film, auch wenn ich ihn trotzdem wirklich gut finde.

Malick hätte einen anderen Zugang zum Thema finden müssen. "Thin Red Line" auf Pocahontas mit ausgetauschten Haupthandlungssträngen hat nicht wirklich funktioniert. Schade.
Ralph | 18.12.2007 17:11
Dazu kann ich auch nur sagen, ich hab das genauso empfunden wie du Bernhard, beim ersten Mal anschauen. Da war dieser großartige Thin Red Line und da wirkte TNW anfangs tatsächlich wie eine Kopie. Aber nach dreimal ansehen (und fünfmal TRL ansehen) finde ich, dass dieser Film Thin Red Line sogar übertrifft....
Bernhard | 19.12.2007 10:54
Ok, werd dem Film nochmal eine Chance geben und dann berichten ;-)
Ralph | 19.12.2007 13:22
Mission erfüllt :-)
Movie King | 05.02.2010 08:22
finde ich auch!
>> antworten
Patrasch | 16.12.2007 14:53
Hier hat es der Kinopoet übertrieben. Ich empfand des Film als belanglos und nervig... vor allem diese schmalzigen Monologe...
Ralph | 17.12.2007 16:25
Blasphemie!!!! :-) Nein, ich kann verstehen was du meinst, denn beim ersten Mal ist mir der Film genauso vorgekommen. Ich hatte enorm hohe Erwartungen und wurde bitter enttäuscht - belanglos, redundant, fad. Aber ich gab dem Film noch eine Chance und hab ihn inzwischen dreimal gesehen. Der Film wird jedesmal besser (bei mir zumindest). Inzwischen würde ich ihn irgendwo bei 12/10 bewerten;-). The New World ist einfach unglaublich sensibel in seiner Herangehensweise. Es sind kleine Gesten, die man beim ersten Mal noch nicht ganz erfassen kann, die einem aber bei jedem Mal ansehen bewusster werden. Der Film erzählt in einem unglaublichen Detailreichtum davon, wie einer Kultur untergeht und was das auf der Gefühlsebene bedeutet, was uns faktenorientiertes Publikum etwas überfordert im ersten Augenblick. Auf die Gefahr hin jetzt völlig in den Kitsch abzugleiten möchte ich trotzdem einen Satz anbringen, der selten so treffend passt: Nur mit dem Herzen sieht man gut. Und so funktioniert dieser Film. Er zeigt wie natürlich die Indeaner zusammanleben, er zeigt ihre Naturverbundenheit und ihre Liebe ohne Besitzdenken, Gier oder Neid. Und er zeigt wie die Zivilisation, das moderne Denken diese Kultur Stück für Stück auseinandernimmt und wieder zusammensetzt. Das bemerkenswerteste dabei ist, das der Film dabei die Imperialisten nicht verdammt, nach ihren Barbareien die durch ihre anfänglichen Schwierigkeiten entstanden sind, haben auch sie eine lebenswerte Kultur etabliert. Dieser Film möchte also keine Seiten beziehen, er spricht sich nicht gegen die Zivilisation aus, gegen den Westen oder sonst etwas. Er handelt vom Verlust und Vergessen alten Wissens, Glaubens, Magie, alter Kulturen und zeigt wie wir uns selbst etwas nehmen indem wir unsere Kulturen einander nicht bereichern lassen sondern eine die andere ablöst. Als Pochahontas dann zum ersten Mal in einem englischen Kleid vor dem Spiegel steht, ihr Wildenkostüm abgestreift hat kommt die ganze Traurigkeit der Aussage dieses ausergewöhnlichen Films zur Geltung. Sie war frei, ihre Schultern und Beine waren frei, ihre Haare wehten im Wind und jetzt ist sie ganz versteckt, jetzt ist sie abbegrenzt von ihrer Umwelt, jetzt ist sie ein Individuum geworden und das alles fühlt sich so krank an, so traurig und so unnötig. Aber es passiert jeden Tag und mit der Zeit gewöhnen wir uns daran, so auch sie. Ihr Sohn wird sich diese Fragen schon gar nicht mehr stellen, er wird in einer anderen Welt aufwachsen und gar nicht wissen, was er verloren hat. The New World ist wohl der reifste Film zum Thema Clash of Cultures, denn ich jemals gesehen habe. Und dabei auch der schönste. Ich hab jetzt direkt Lust ihn mir gleich nocheinmal anzusehen.......
Patrasch | 18.12.2007 11:18
mir fehlt in erster Linie der Zugang zur Handlung, hab ich gestern nochmal gesehen; die Inszenierung ist gut.
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