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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
The Master

The Master

DRAMA: USA, 2012
Regie: Paul Thomas Anderson
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Joaquin Phoenix, Amy Adams, Laura Dern, Rami Malek

STORY:

Freddie Sutton (Joaquin Phoenix) ist nicht gerade einer von denen, die mit dem Glück gesegnet wurden zu wissen, was sie von ihrem Leben wollen und wie sie es erreichen können. Seine Spezialität besteht darin Alkohol aller (!) möglichen Anwendungsformen zu Cocktails zu mixen und dann alleine oder in der Gruppe wegzusaufen. So alkoholisiert er ziellos durchs Leben bis er auf den charismatischen Lancaster Dodd trifft, Intellektueller/ Schriftsteller/ Religionsgründer/ Existenzialphilosoph/ Doktor oder eben alles zusammen als "Meister". Hat der Kerl jetzt endlich einen Weg gefunden, oder wird er nur ausgenutzt, das ist hier die Frage.

KRITIK:

Lange haben wir gewartet. Aber wir warten schließlich gerne auf die Malicks, Hanekes, von Triers oder eben Paul Thomas Andersons dieser Welt, sind sie schließlich die Regisseure, die kompromisslose und eigenständige Filme machen dürfen und das auf höchstem technischem Niveau.

Schön, dass es ein paar Künstler gibt, die eine solche Freiheit genießen. Paul Thomas Andersons neuestes Werk ist wie immer, so viel darf schon am Anfang gesagt werden, ein großartiger Film geworden, nur leider - und das ist natürlich hochsubjektiv, denn vermutlich hat er das ja auch so gewollt - hat er diesmal ein wenig seine Handschrift gegen einen "klassischeren" Zugang eingetauscht.

Mit der Entwicklung der Figur von der in alle Richtungen unkontrolliert wuchernden, geschundenen Seele, die nicht zu sich findet, hin zum reifen Menschen, der es irgendwie doch schafft seine Mitte zu finden, nimmt auch die Energie der Inszenierung ab, tritt in den Hintergrund, lässt die Figuren die erste Geige spielen. Natürlich, so sollte es ja (wahrscheinlich) sein, aber wie gesagt, wir lieben PTA ja nicht nur, weil er anspruchsvolle Geschichten erzählt, sondern weil er sie einfach so toll erzählt, so unverwechselbar und einzigartig.

Wenn er damit aufhört, dann werden die Filme dadurch nicht schlechter, aber trotzdem austauschbarer. Irgendjemand hat ja herausgefunden, dass es in Wahrheit nur 25 Plots gibt, die wir seit Jahrtausenden immer wieder in neuen Variationen erzählen. Soviel zu Thema Hollywood fällt nichts mehr ein und Alles sind Remakes. Das war eigentlich immer schon so.

Dass Regisseure wie PTA so einzigartig sind, liegt wie gesagt an ihrer besonderen Fähigkeit, aus diesen ausgelutschten, uralten Geschichten das Beste herauszuholen. Inhaltich zumindest hat PTA wieder alles richtig gemacht, denn wer sich erwartet, dass die Sekte, um die es hier geht, als das Böse selbst gedeutet wird, der sollte sich dann doch lieber einen Hollywoodfilm mit sauber ausdefiniertem Schwarz-Weiß-Schema ansehen. Unser Protagonist mag ein dauersaufender, manchmal auch gewalttätiger Versager sein, trotzdem ist er eigentlich kein schlechter Kerl und schon gar kein Sklave. Und unser diabolisch-charismatischer Sektenführer ist auch kein Teufel (ganz im Gegensatz zu manchen seiner fanatischen Anhänger).

Dass er gerne im Flutlicht steht ist klar, dass er manchmal aggressiv auf eine zu genaue Analyse seiner durch und durch unwissenschaftlichen und vollkommen widersprüchlichen Heilslehre steht, macht die Sache auch nicht besser, aber man kann ihm beim besten Willen nicht vorwerfen, dass er scheinen Schäfchen nicht helfen möchte. Und so offenbart sich hier ein gewagter und interessanter Blick auf diese eigenartige Schicksalsgemeinschaft.

Denn, so die These dieses Films, sofern ich es richtig verstanden habe, ganz abstrakt gesehen scheint es völlig egal zu sein, welchen Stuß man von welchem Verein gepredigt bekommt. Wichtig ist, dass man jemanden hat, der einem zuhört, dass man das Gefühlt hat dazuzugehören, dass sich jemand (ehrlich?) für einen interessiert. Und schon kann man als afghanischer Terrorist, Bayern München-Fan oder Großstadtbobo so etwas wie Selbstvertrauen entwickeln. Wichtig wäre halt noch, dass man eine Gruppe erwischt, deren oberstes Ziel es nicht ist alle anderen ("Ungläubigen") umzubringen, aber nicht jeder hat dieses Glück.

Letztendlich spielt es aber keine Rolle, denn der letzte Schritt muss es sein, nach der langen Phase des Lernens und der Seelenbildung aus seines Meisters und seiner Gruppe Schatten zu treten und selbstständig zu denken beginnen. Das sollte dann natürlich auch in einem selber stecken. PTA, der große Menschenfreund. Wagt es doch tatsächlich, die Welt und seine Bewohner nicht in schwarz oder weiß einzuteilen. Wie kann er das nur wagen?

The Master Bild 1
The Master Bild 2
The Master Bild 3
The Master Bild 4
The Master Bild 5
The Master Bild 6
The Master Bild 7
FAZIT:

"The Master" von Paul Thomas Anderson ist ganz großes Schauspielerkino (Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffmann spielen sich begeistert die Seele aus dem Leib!) mit ganz besonders vielschichtigen Charakteren (schlauer Tor trifft auf selbstverliebten Meister) und somit ein weiterer großartiger Kinomeilenstein in dessen Euvre. Jetzt heißt es noch hoffen auf einen baldigen Starttermin!

WERTUNG: 8 von 10 geheimen Zutaten
TEXT © Ralph Zlabinger
Dein Kommentar >>
Djan | 02.03.2013 19:25
Wahnsinn! Jp und psh spielen sich wirklich die im wahrsten sinne
des wortes die seele aus dem leib! 9/10
>> antworten
Puhdl | 01.03.2013 20:37
Die schauspielerische Leistung von JP finde ich beeindruckend und der Film an sich gefällt mir auch. Die Story ging mir aber nicht so gut rein. War kurz davor die Vorstellung zu verlassen und den Film als abgedrehtes Psychodrama abzuhaken.
>> antworten
Bernhard | 26.02.2013 13:44
Weiß irgendwer ob der Film in Österreich in 70mm gezeigt wird? Plant das Gartenbau was? Einen Projektor hätten sie ja AFAIK ...
>> antworten
FA | 25.02.2013 12:56
Hatte am WE in München schon die Ehre ... wieder ein wunderbarer PTA-Film mit absolut grandioser Schauspieler-Leistung.
>> antworten
Nic | 24.02.2013 15:50
der Film ist natürlich Pflicht. PTA hat noch nie enttäuscht imo, und der Cast spricht für sich. kann nur geil werden..
>> antworten
Markus E. | 17.02.2013 19:03
destruktive-gruppen-erkennen.com
>> antworten
Bernhard | 04.01.2013 00:15
Auf orf.at gibt es jetzt einen Artikel zur unten erwähnten Megan Ellison ... kein sonderlich guter Artikel der sich üblichen Milliardär-Klischees bedient (was ich bisher über Ellison las und gehört habe, ist jedenfalls das genaue Gegenteil einer Frau, die Geld "einfach mal so" hergibt), aber trotzdem interessant dass das Thema nun auch in die Massenmedien gelangt:

orf.at/stories/2155962/2155963/
>> antworten
Bernhard | 10.12.2012 17:51
Als Ergänzung noch dazu, dass es schön ist dass macnhe Künstler solche Freiheit genießen:

Gilt für PTA leider nur eingeschränkt. Schon "There Will Be Blood" kam wegen Finanzierungsproblemen erst Jahre verspätet in die Kinos, für "The Master" fand sich dann allerdings kein einziges (großes) Studio mehr das den Film finanzieren wollte.

Nach jahrelangen Finanzierungsschwierigkeiten hat sich dann Megan Ellison, die Tochter von Oracle-Milliardär Larry Ellison, als Geldgeberin gefunden die quasi als Hobby mit ihrer Produktionsfirma Annapurna Pictures anspruchsvolle Filme aus dem Independent-Umfeld finanziert. Soll noch einer was gegen die bösen Milliardäre sagen :)

Deshalb gibt es leider mittlerweile bestenfalls noch alle 5 Jahre etwas von PTA im Kino zu sehen :(
>> antworten
Bernhard | 10.12.2012 17:35
21. Feber sollte es in Österreich so weit sein. Bin gespannt ob er hierzulande auch irgendwo in 70mm gezeigt wird, in den USA hat sich ja herausgestellt, dass trotz digitaler Revolution doch noch eine beachtliche Anzahl an 70mm-Projektoren in den Kinos (einsatzfähig) vor sich hin verstauben.

In Österreich hat zumindest das Gartenbau 70mm-Projektoren, sonst wüsste ich von keinem Kino ...

Immerhin ist es der erste Film seit 1992 (Baraka, zu diesem visuellen Meisterwerk hab ich auch noch irgendwo ein halbfertiges Review rumliegen) der großteils in 70mm gedreht wurde - da würde ich ihn mir auch gerne in seiner ganzen Pracht anschauen.
>> antworten
Nico D. | 10.12.2012 16:45
Oh, wie ich darauf warte, seit dem ich das erste Mal den Trailer gesehen habe... Kritik gern gelesen! und es hat mich überrascht sie hier schon zu finden... Danke Ralph!
>> antworten