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The L.A. Riot Spectacular

The L.A. Riot Spectacular

SATIRE: USA, 2005
Regie: Marc Klasfeld
Darsteller: Snoop Dogg, T.K. Carter, Charles S. Dutton, Emilio Estevez, Michael Buffer

STORY:

Tatort: Los Angeles 1992, Rodney King wird in alkoholisiertem Zustand - böse Zungen behaupten er war blunzenfett - mit seinem PKW von Beamten des LAPD gestellt. Was folgt, fällt dann eindeutig in die Kategorie Polizeigewalt, ob die Knüppelschläge der Exekutive nun als Reaktion auf Kings Verhalten zu werten sind, oder eben nicht, spielt keine Rolle. Als die beteiligten Beamten trotz eines sehr einseitigen Videos welches nur die Brachialgewalt der Polizei zeigt, nicht aber die Aktion Rodneys, ein Jahr später von allen Vorwürfen freigesprochen werden, brechen unter der schwarzen Bevölkerung Los Angeles' Unruhen aus. Die als L.A. Riots bekannten, bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen forderten 53 Todesopfer und mehrere tausende Verletzte...

KRITIK:

Ein wahrlich empfindliches Thema, dessen sich Regisseur Marc Klasfeld hier angenommen hat. Das auslösende Momentum der Unruhen - der Angriff auf Rodney King - und der damit verbundene Rassenkonflikt Schwarz gegen Weiß ist nur die Spitze eines ethnosozialen Brennpunkts, der sich in Los Angeles bis zu den 1990er Jahre gebildet hat und der, wie man aktuell sieht, in den ganzen USA bis zum heutigen Tage wächst.

Als ebenso problematisch zeigt sich die stetige Zuwanderung anderer ethnischer Minderheiten wie Lateinamerikaner und Koreaner, die in hauptsächlich von Afroamerikanern bewohnte Bezirke drängen. Eine realistisch-authentische und ebenso ausgewogene Auseinandersetzung mit dieser Thematik scheint innerhalb einer fiktiven Diegese, aufgrund der enormen Komplexität der sich entwickelten und immer noch entwickelnden Probleme, kaum möglich. Deshalb macht Klasfeld von der ersten Szene weg klar, als was er seinen Film verstanden wissen will.

Die Verfolgungsjagd Kings und die anschließenden Vorfälle inszeniert der ehemalige Musikvideomacher als überdimensionales Pferderennen. Eine Mautstelle wird kurzerhand zur Startbox erklärt und ein über dem Geschehen schwebender Reporter kommentiert den Rennverlauf. Als Kings Wagen gestoppt wird, schließen die Beamten des LAPD noch schnell letzte Wetten ab, welcher Bevölkerungsgruppe die sich im Fahrzeug befindliche Person angehören könnte. Konsequenterweise handelt es sich um den jungen schwarzen Rodney King.

Sofort merkt man, der Film versucht zumindest keine Partei zu ergreifen. Alle involvierten Gruppierungen werden zu gleichen Teilen auf die Schippe genommen, stereotype Eigenschaften aller Beteiligten total überzeichnet und aufs übelste durch den Kakao gezogen. So hält L.A. RIOTS SPECTACULAR ganz Los Angeles, ganz Amerika, ja vielleicht sogar der ganzen Welt den filmischen Spiegel vor. Ob man nun gutheißen möchte, dass dies überwiegend in vollkommen übertriebener Art und Weise passiert, ist Geschmacksache. Mich persönlich erreichen derbe, sich mitunter unter der Gürtellinie befindliche "In Your Face-Ausschreie" in dieser Art von Filmen besser als intellektuell-witzig gestaltete Dialoge, aber das muss jede(r) selbst entscheiden. Szenen in diesem Stil gibt es hier jedenfalls zur Genüge und manchmal sprengen sie den Rahmen - zumindest jenen der filmischen Kontinuität.

Es verwundert deshalb wenig, dass bei vielen im Netz zu findenden Besprechungen von einer "zusammenhangslosen Aneinanderreihung von sinnlosen Szenen" zu lesen ist. Diesem Urteil kann und will ich mich nicht anschließen. L.A. RIOT SPECTACULAR ist weniger komödiantische Narration, denn satirische Deskription. So entwickelt der Film von Beginn weg eine Art "Videoclip-Sensationsnachrichten-Ästhetik", welche die sprunghafte Darstellung verschiedenster Ereignisse erlaubt, der filmischen Kontinuität aber natürlich nicht zuträgt. Dem Befund, dass dies mitunter mühsam werden kann, stimme ich zu, sinnlos ist das alles aber nicht. Vollkommen überspitzt, und trotzdem pointiert werden auf diese Art Missstände in der Gesellschaft vermittelt, welche sich innerhalb einer kontinuierlichen Narration nicht vereinen lassen würden. So wird es möglich, Vater und Sohn beim gemeinsamen Schauen neonazistisch-deutscher Fernsehpropaganda, militante Koreaner bei ihren Vorbereitungen zum Bürgerkrieg und Afroamerikaner beim Anzünden von Geschäften innerhalb kürzester Zeit aufeinanderfolgend zu zeigen und sie dabei allesamt saudämlich wirken zu lassen.

Ob nun das zwanghaft anmutende Aneinanderheften einzelner Sequenzen - hier kommt der auf dem Cover zu sehende Snoop Dogg ins Spiel - durch einen Erzähler unbedingt notwendig gewesen wäre, kann ich nicht objektiv beurteilen. Viel zu sehr liebe ich die abgefahrenen Cameos (TRAINING DAY, STARSKY & HUTCH, etc.) des schwarzen Westcoast-Rappers. Auch hier ist Snoop (als Snoop) wieder mal nicht die wichtigste aber die coolste Figur im Kollektiv. Kennern der Biografie Calvin Cordezar Broadus, Juniors dürfte bekannt sein, dass er: a) aus Long Beach - Kalifornien stammt; b) einen ziemlich nonkonformen Lebenslauf hat; und c) zu den eher ambivalenten Persönlichkeiten des Showbusiness gehört.

Insofern ist die Besetzung Snoop Doggs als polizeihassender Narrator-Moral-Apostel mit enormer Bildpräsenz ziemlich gut gewählt, um der amerikanischen (vielleicht auch unseren) Gesellschaft auf völlig politisch-unkorrekte Weise den filmischen Spiegel vorzuhalten und das möglichst mit vielen Vorurteilen aber wenigen Parteiergriffen. In L.A. RIOT SPECTACULAR gibt es nämlich nur zwei wahre Übel: Die Medien und den Alkohol. Ganz großes Kino ist das zwar nicht, aber alarmierende "In Your Face-Satire" allemal.

The L.A. Riot Spectacular Bild 1
The L.A. Riot Spectacular Bild 2
The L.A. Riot Spectacular Bild 3
The L.A. Riot Spectacular Bild 4
The L.A. Riot Spectacular Bild 5
FAZIT:

L.A. RIOT SPECTACULAR ist kein wirklich guter Film, dafür fehlt es ihm an erzählerischer Struktur. ABER wirksame "In Your Face-Satire" ist er allemal. Viele Anspielungen unter der Gürtellinie, absolute "Political Incorrectness", und überwiegende Parteilosigkeit machen diesen überlangen Videoclip mit vielen Originalaufnahmen ziemlich interessant.

WERTUNG: 7 von 10 Flaschen "False Hope"
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