THRILLER: D/USA, 2009
Regie: Tom Tykwer
Darsteller: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thomsen
Clive Owen als Interpol-Agent und Naomi Watts als New Yorker Staatsanwältin kämpfen gegen die kriminellen Machenschaften einer Luxemburger Großbank...
KRITIK:Dass Banker miese Schweine sind, hat sich ja, Finanzkrise sei Dank, mittlerweile sogar schon bis zur Leserschaft von Qualitätsgazetten wie der Kronenzeitung oder "Die ganze Woche" herumgesprochen. Warum also ausgerechnet der innovative deutsche Filmemacher Tom Tykwer (LOLA RENNT, DER KRIEGER UND DIE KAISERIN) diese bahnbrechende Erkenntnis dem Kinopublikum aufs Auge drücken will, bleibt ein unaufgelöstes Rätsel.
In THE INTERNATIONAL jagt ein idealistischer Interpol-Agent (Owen) den Drahtziehern verbrecherischer Bankgeschäfte hinterher. Quer durch Europa geht die Hetzjagd - Berlin, Mailand, Istanbul - was der amerikanischen
Produktion einen - no na - europäischen Look verleiht. Das ist ja nie verkehrt. Ich persönlich finde ja Verfolgungsjagden mit europäischen Vehikeln Marke Renault oder Alfa Romeo um Hausecken stilvoller als Crash-Orgien mit gesichtslosen Ami-Schlitten.
Bloß: Tykwer ist kein wirklicher Thriller-Regisseur. Der Film leidet an seiner relativen Spannungs- und Actionarmut. Dazu laboriert Tykwer am "CSI"-Syndrom. Damit ist jene streberhafte Technik- und Logikgläubigkeit gemeint, die beim Publikum zwar bestens ankommt, mich persönlich aber ziemlich kalt lässt. Das für meine Wenigkeit WIRKLICH Interessante am Thriller-Kino, die psychischen und körperlichen Extremsituationen, das Abgründige, das Körperliche, das interessiert Tykwer nur am Rande.
Tykwer ist ein Kunstfilmer. Das merkt man zum Beispiel daran, dass er eine Schießerei ins New Yorker Guggenheim-Museum verlegt. Diese dauert über zehn Minuten, ist wirklich virtuos inszeniert und entschädigt für so manchen Durchhänger im mit 118 Minuten um einiges zu lang geratenen Film.
Die Geschichte selbst verläuft weitgehend in konventionellen Bahnen: Unser aufrechter Held muss erkennen, dass er einen Kampf gegen Windmühlen führt, weil das Böse im internationalen Finanzsystem viele - zu viele Gesichter hat. Eines davon gehört einem etwas schläfrigen Armin Mueller-Stahl, der im letzten Cronenberg-Film eine wesentlich erinnerungswürdigere Performance hingelegt hat. Auch Naomi Watts wirkt etwas gelangweilt. Hat sie das Drehbuch zu genau gelesen?
Apropos: Beim unvermeidlichen verbalen "Rechtfertigungs-Showdown" fallen hochgradig sinnige Sprüche wie "Ihre Vorstellung von Gerechtigkeit ist eine Illusion" oder - ganz toll: "Manchmal finden wir unser Schicksal auf Wegen, die wir umgehen wollten." Wer, bitteschön, denkt sich so etwas aus? Haben Hollywoods Drehbuchautoren auf ihren Laptops einen Kalenderspruch-Generator installiert?
Der einst so experimentierfreudige deutsche Regisseur Tom Tykwer inszenierte einen eher konventionellen Verschwörungsthriller, der seine selbst auferlegte Mission, dem internationalen Finanzwesen ans Bein zu pinkeln, ein bissl gar zu ernst nimmt. Weniger wichtigtuerisches Gerede und mehr Spannung, das wär's gewesen. Sehenswert? Ja, die Guggenheim-Schießerei ist die Kinokarte allemal wert.
In diesem Sinne: "Wehe, du krepierst jetzt!"