OT: La Mano che nutre la Morte
HORROR: Italien, Türkei, 1974
Regie: Sergio Garrone, Yilmaz Duru
Darsteller: Klaus Kinski, Katia Christine, Ayhan Isik, Marzia Damon
In einem vorigen Jahrhundert: Eine Kutschfahrt führt das Ehepaar Alex und Masha in einen Landstrich, wo immer wieder junge Frauen spurlos verschwinden. Ein Kutschunglück führt Alex und Masha unwissentlich in die Höhle des Löwen. Professor Nijinski nimmt die beiden Leichtverletzten bei sich auf. Die Eheleute ahnen nicht, dass ihr Gastgeber im Keller seines feudalen Familiensitzes ein verbotenes Laboratorium betreibt und grauenvolle Operationen durchführt, um seiner durch ein Feuer entstellten Gemahlin die einstige Schönheit zurückzugeben. Fatalerweise ist Masha der Lady Nijinski, so wie sie vor dem Brand ausgesehen hat, wie aus dem Gesicht geschnitten...
Kurz bevor er sich in die schmuddeligen Niederungen der Naziploitation verabschiedet hat, hat SS EXPERIMENT LOVE CAMP-Regisseur Sergio Garrone noch zwei Beiträge zum Gothic Horror geleistet. Mit nahezu identischer Cast und Crew wurden im Jahr 1974 LE AMANTI DEL MOSTRO und LA MANO CHE NUTRE LA MORTE (aka EVIL FACE aka THE HAND THAT FEEDS THE DEAD) abgedreht.
Beim letzteren - im Übrigen eine italienisch-türkische Co-Produktion - hat Garrone sich den Regiestuhl mit Yilmaz Duru geteilt. Während LE AMANTI DEL MOSTRO eine Jekyll & Hyde-Geschichte erzählt, wurde LA MANO CHE NUTRE LA MORTE eindeutig vom Franju-Klassiker AUGEN OHNE GESICHT inspiriert: Wieder will ein entstelltes Frauenantlitz die einstige Schönheit durch (eine dafür über Leichen gehende) Chirurgenhand zurückgewinnen und wieder müssen dafür einige unschuldige junge Damen in einem geheimen Operationssaal im Keller eines feudalen Landsitzes ihr Leben lassen.
Neben einigen bezaubernden Frauen, einem weitgehend gelangweilt wirkenden Klaus Kinski (als finsterer Schönheitschirurg), einem mörderischen (os)manischen Faktotum und einem Helden, der öfters auf die Fresse bekommt und einmal sogar lebendig in Ivan Rassimovs (!) Sarg gesteckt wird, bietet LA MANO CHE NUTRE LA MORTE eine nette Fotografie, gotisches Setting sowie ein paar schön eklig detailierte Hauttransplantationen aus der Hand der italienischen Maskenbildnerlegende Carlo Rambaldi.
Und leider übergebührlich viel Langatmigkeit...
Erst im letzten Drittel kommt in Garrones Schauermär so etwas wie Spannung auf. Darüber hinaus feiert ein gelungen-boshafter Twist, den man so bei Franjus Epigonen auch noch nicht gesehen hat, Premiere. Doch dann erwacht Kinski für Nijinskis tragische fünf Minuten aus seiner Lethargie und der daraus resultierende Monolog bremst das Geschehen wieder gnadenlos aus. Das Unhappy End auf breiter Front ist wiederum formvollendet und konsequent.
Für Eurohorror-Komplettisten mag LA MANO CHE NUTRE LA MORTE nicht uninteressant sein; der Rest der Welt braucht diese etwas zu schläfrig geratene Variante eines klassischen Horror-Themas nicht wirklich zwingend. Kennt sie doch schon Franjus erhabenes Meisterwerk aus dem Jahr 1959. Oder den erotisch-poetischen BLOOD ROSE. Oder Jess Francos viel schmissigeren und gorigeren FACELESS, der darüber hinaus mit der Rollin-Muse Brigitte Lahaie und einem sleazigen Helmut Berger als Duo Infernale aufwarten kann.
Und so spielen Professor Nijinski und die verbrutzelte Frau Gemahlin beim großen Konzert der verbotenen Gesichtstransplantationen leider nur zweite Geige.
Bevor er in die Niederungen der Naziploitation abgetaucht ist, hat Sergio Garrone neben einigen mäßigen Italowestern auch zwei klassische Horrorfilme abgeliefert, die er im Jahr 1974 in einem Aufwasch mit identischer Cast und Crew fertiggestellt hat. Der hierbei entstandene LA MANO CHE NUTRE LA MORTE ist quasi Garrones AUGEN OHNE GESICHT, da er uns im Grunde dieselbe Geschichte wie Franju in seinem berühmten Werk erzählt. Dank Carlo Rambaldis blutiger Maskenarbeit werden natürlich auch hier krude wie detailliert Hautlappen und Gesichter transplantiert und trotzdem kommt der etwas schläfrig wirkende Film nie richtig in die Gänge. So können weder Klaus Kinski in der Rolle des Mad Surgeon noch Augenfreuden wie Katia Christine oder Marzia Damon verhindern, dass LA MANO CHE NUTRE LA MORTE selbst in den Reihen der Franju-Epigonen eher belanglos wirkt.