DRAMA: USA, 2012
Regie: Joe Carnahan
Darsteller: Liam Neeson, Dermot Mulroney, Frank Grillo
Nach dem Tod seiner geliebten Frau verdingt sich John (Liam Neeson) als Scharfschütze im Sold einer Ölfirma. Im äußersten Norden Alaskas schützt er die Arbeiter vor den Angriffen wilder Tiere. Ein Flugzeug sollte ihn nach Hause bringen. Doch die kleine Machine stürzt ab, irgendwo im verschneiten Niemandsland. Hunger, Wind und beißende Kälte setzen den wenigen Überlebenden zu. Doch da draußen lauert noch eine weit größere Gefahr auf sie: Ein Rudel Wölfe heftet sich an die Fersen der Männer. Die Jagd ist eröffnet ...
"You're not the animals! We're are the animals!"
"Of Wolf and Man" heißt ein altes Lied von Metallica. Und dass der Mensch dem Menschen ein Wolf ist, sollten wir Bildungsbürger ja noch aus dem Lateinunterricht wissen. Aber keine Angst, akademischer soll's hier nicht mehr werden. Auch wenn Regisseur Joe Carnahan ("Narc") einige höchst einprägsame Bilder zum zeitlosen Thema "So-animalisch-ist-die-Natur-des-Mannes" gelingen. Weil im Angesicht des nahen Todes der Männerrudel dem Wolfsrudel immer ähnlicher wird. Weil, wie wir wissen, die Grenzlinie zwischen Mensch und Bestie nicht nur im Kino eine sehr dünne ist.
Abseits von solchen existenzphilosophischen Fragen funktioniert THE GREY vor allem als eines: Als astreines, streckenweise wirklich gänsehauterzeugendes Spannungskino. Was die Männer hier in der eisigen, menschenfeindlichen Wildnis Alaskas durchzustehen haben, lässt einen im Kinosaal frieren und frösteln.
Okay, VAN DIEMEN'S LAND war verstörender und düsterer, ESSENTIAL KILLING spröder und stilistisch radikaler, doch im Grunde reiht sich auch THE GREY ein in die Reihe der existentialistischen Survival-Dramen, die letztlich um nichts Geringeres kreisen als um die großen Fragen des Menschseins.
Der hünenhafte Ire Liam Neeson brilliert als Anführer und Alphatier wider Willen, doch die eigentliche Hauptrolle spielt, wie in Filmen dieser Art üblich, die Landschaft: Nebelverhangene Bäume ragen aus der schneebedeckten Landschaft, der Wind pfeift, es schneit unaufhörlich. Ein großes Lob gebührt dem Kameramann, der die menschenfeindlichen Schneehölle in gestochen scharfen Bildern auf die Leinwand bannt, die alleine schon die Kinokarte wert sind.
Wer sich diesen Film - vielleicht noch in erbärmlicher Qualität - aus dem Netz saugt und einem mickrigen Laptop-Monitor ansieht, den sollen meinetwegen die Wölfe fressen.
In diesem Sinne: "Fuck it! I'll do it myself!"
Liam Neeson stürzt mit dem Flugzeug ab und kämpft - gegen Kälte, gegen Hunger, gegen Wölfe, gegen die Schöpfung und gegen sich selbst. Ein nervenaufreibender Survival-Thriller mit Gänsehaut-Garantie, jetzt im Kino.