HORRORKOMöDIE: USA, Neuseeland, 1996
Regie: Peter Jackson
Darsteller: Michael J. Fox, Trini Alvarado, Jeffrey Combs, Dee Wallace
Frank Bannister kann nicht nur tote Menschen sehen; nein, sie leisten ihm bei seinen kleinen Betrügereien sogar wertvolle Dienste. Die Masche: Er lässt drei freundliche Geister in den Häusern argloser Mitmenschen herumspuken, nur um dann in seiner Eigenschaft als "professioneller Geisteraustreiber" als Retter in der Not in Erscheinung zu treten. Gegen Bares "treibt" er dann die Geister aus, die er selbst angeheuert hat. Doch dann kommt etwas tatsächlich Böses über die Menschen und Geister in der beschaulichen Kleinstadt Fairwater. Ein unheimlicher Sensenmann geht um; und sein todbringendes Erscheinen scheint nicht nur mit einem Amoklauf, der Fairwater vor vielen Jahren erschüttert hat, in Verbindung zu stehen, sondern auch mit dem mysteriösen Tod von Bannisters Frau...
Teufel, hat mich Peter Jacksons (Horror-) Film 1 nach BRAINDEAD - sein Drama HEAVENLY CREATURES muss ich damals wohl geflissentlich übersehen haben - seinerzeit 1996 enttäuscht. Da hat Jackson kurz zuvor mit seiner "Mi'm-umgeschnallten Rasenmäher-durch-Zombiehorden-pflügen"-Party beinahe ganz Neuseeland in Filmblut ertränkt (und uns Gorehounds seit den seligen 80ern endlich mal wieder einen Blick ins Himmelreich des Splatters gewährt); und dann lässt er der Gore-Atombombe BRAINDEAD einen Film wie THE FRIGHTENERS folgen; eine Geisterkomödie mit Michael J. Fox in der Hauptrolle, zwar FSK 18, aber mit einem im Vergleich zu BRAINDEAD fast schon katholischen Splattergehalt...
Da saßen Müller, Sigge, ich und der Rest der Bande nebst unseren Backfischen in freudiger Erwartung der nächsten Blutkeule und dann so was: Der Kerl aus ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT als Geisterjäger, sogar noch vor Haley Joel Osment im Stande, "tote Menschen zu sehen", ein paar lustig-olle Wiedergänger, die auf den ersten Blick HOUSE 2 entsprungen sein könnten und sämtliche Rasenmäher wurden in der Gartenlaube belassen...
Nach Sicht übergossen wir die FRIGHTENERS mit Spott und Häme und zogen uns danach aus purem Trotz ein aus BAD TASTE und BRAINDEAD bestehendes Double Feature rein. Aber damals waren wir eben noch Teenage Gorebauern und auch nicht schlauer als die jungen Bluthunde von heute, die in ihrem jugendlichen Leichtsinn noch immer dem Irrglauben anhängen, alleine der Gore Score entschiede über die Qualität eines Horrorfilms. Schön, dass man mittlerweile ein paar Jahre Filmreife mehr auf dem Buckel und einen Horrorfilm auch ohne überschäumende Blutbäder zu schätzen gelernt hat. Und so ist es nicht verwunderlich, dass THE FRIGHTENERS - zumindest in meinen Augen - mit den Jahren gereift ist wie guter Wein.
THE FRIGHTENERS ist zwar nach wie vor nicht Jacksons bester Jahrgang - ich bevorzuge immer noch den 87er BAD TASTE und den 92er BRAINDEAD -, aber immerhin kann ich den Film mittlerweile goutieren ohne dabei in Tränen der Wehmut auszubrechen - ob der verlustigt gegangenen goldenen Funsplattertage.
THE FRIGHTENERS ist mit seinem stattlichen, von Hollywoods Robert Zemeckis mitfinanzierten Budget sowohl Jacksons Abhub in die Multimillionendollar-Sphären des Mainstreams als auch Abschiedsgruß an die Adresse der Horrorfans. Hier versucht er den Spagat zwischen schrägem Horrorfilm und massentauglicher Hollywoodware. Ein Spagat, der zwar nicht misslungen, aber auch nicht perfekt geglückt ist. Die Tatsache, dass der Film seine 30 Millionen Dollar Produktionskosten nicht wieder einspielen konnte, mag belegen, dass der Erfolg bei der breiten Masse eher von bescheidener Natur gewesen war. Und auch die Kritiker reagierten nicht eben euphorisch.
Auf der anderen Seite mussten sich Peter Jacksons Altgetreue mit sehr viel weniger anarchistischen, blutgetränkten Humor zufrieden geben und auf exzessive bis ins Extrem überdrehte Splattereinlagen sogar fast ganz verzichten. Die Momente mit dem guten, alten makaber-charmanten Jackson-Witz stehen hier leider allzu oft im Widerstreit mit öden Mainstream-Kalauern wie der herausragend platten Resurrektion von R.L. Ermey in Gestalt seines FULL METAL JACKET-Alter Ego, dem Paradeschleifer Gny. Sergeant Hartman. Und wenn es denn mal splattert, dann nicht aus dem herkömmlichen Bluteimer, sondern mittels CGI aus dem Rechner.
Doch nehmen wir mal an, wir hätten noch nie BRAINDEAD oder BAD TASTE gesehen und wüssten nicht in welch überirdische Sphären des Funsplatters Peter Jackson bereits vorgedrungen ist und wie bissig sein Humor wirklich sein kann. Dann - ohne die übermächtigen Schatten jener Klassiker des ironischen Gemetzels - erscheinen auch die FRIGHTENERS in einem freundlicheren Licht.
Dann wird der Zuschauer einen ironischen Horrorfilm entdecken, der seinen Plot mit einigen recht originellen Ideen und irrwitzigen Tricks gespickt hat und sich schon allein dadurch vom Gros der Genrekonkurrenz abhebt. Und auch für die anfangs vielleicht enttäuschten Jackson-Fans dürften sich mit jedem Durchlauf die bereits erwähnten Gelegenheiten mehren, in denen das große Talent Jacksons (sowie das seiner Frau und Mitautorin Fran Walsh) aufblitzt, Horrorfilme mit einem wunderbaren Augenzwinkern auszustatten. Und so entwickelt sich THE FRIGHTENERS nach und nach zu einer ironisch-satirischen Abrechnung mit neuenglischer 50er Jahre Spießeridylle, Haarpomade, Serienkillern und naivem Geisterglauben.
Das Tempo ist hoch und die Effekte - obgleich die CGI-Technik damals noch eher in Kinderschuhen steckte - sehen auch heute noch recht ordentlich aus. Michael J. Fox und sein weiblicher Co-Star Trini Alvarado bekommen Unterstützung aus der Ruhmeshalle des Splatterfilms: Jeffrey (RE-ANIMATOR) Combs und Dee (THE HILLS HAVE EYES) Wallace dürfen sich gegenseitig mit manischen Vorstellungen überbieten, wobei Combs als faschistoider, mysogyner, durch zahlreiche Undercovereinsätzen in Psychosekten körperlich und mental gezeichneter FBI-Agent den Vogel abschießt.
Und als Sahnehäubchen gibt es einen großen Widersacher, der eine äußerst originelle Mischung aus klassischem Sensenmann und dem Massenmörder Starkweather darstellt. Ergo: THE FRIGHTENERS ist zwar nicht (Peter Jacksons) bester Jahrgang, aber dennoch ein guter... Und seien wir mal ehrlich: Den formvollendeten Funsplatter eines BRAINDEAD in irgendeiner Form überbieten zu wollen; das ist auch für dessen Schöpfer himself ein Ding der Unmöglichkeit. So gesehen hat Jackson vielleicht wirklich gut daran getan, es gar nicht erst versucht zu haben.
Irgendwo pendelnd zwischen seiner ureigenen ironisch-schrägen Genrekunst und Mainstream-Anbiederung präsentiert Peter Jackson seinen Abschiedshorrorfilm. Es fehlen beinahe gänzlich die ins Groteske überzogenen Splatterexzesse seiner früheren Werke und auch der Humor hat an anarchistischen Biss verloren. Doch mit Tempo, schrägen Figuren, einem originellen Unhold und vielen irrwitzigen Tricks wird Abbitte geleistet. So wie die Prota- und Antagonisten in THE FRIGHTENERS zwischen dem Diesseits und dem Jenseits schweben, schwebt der Film zwischen 7 und 8 Punkten. In diesem Sinne: