OT: De Vierde Man
PSYCHOTHRILLER: NL, 1983
Regie: Paul Verhoeven
Darsteller: Jeroen Krabbé, Renée Soutendijk, Thom Hoffman
Der dem Alkohol nicht abgeneigte Schriftsteller Gerard lernt auf einer Lesung eine verführerische Frau kennen, die mit ihm fortan Tisch und Bett teilt. Alles hätte gut werden können, wenn da nicht diese Albträume wären. Wird Gerard auf die warnende Stimme der Jungfrau Maria, die ihm Traum erscheint, hören? Oder wird er der schwarzen Witwe ins Netz gehen?
KRITIK:Zwischen psychologischem Thriller, Erotikdrama und Film Noir pendelnd, wirkt der 1983 gedrehte Film wie ein halluzinierendes Prequel zu Verhoevens späteren Mega-Hit BASIC INSTINCT. Wenn ihr mich fragt, ist THE FORTH MAN sogar der bessere Film: Amsterdam gibt einfach den stilvolleren Schauplatz ab als L.A., ein psychotischer Schriftsteller ist zumindest mir die sympathischere Identifikationsfigur als ein arroganter Bulle, und eine echte Literaturvorlage ist der Auftragsarbeit jedes noch so talentierten Drehbuchautors in jedem Fall vorzuziehen.
Der niederländische Schauspieler Jeroen Krabbé spielt den zerrissenen Schriftsteller zwischen (unterdrückter) Homosexualität und Halluzinationen, Sucht und Schizophrenie, Katholizismus und Kastraktionsangst.
Gerard Reve (1923-2006) war einer der ersten offen homosexuellen niederländischen Künstler. Sein Werk, das stets auf religiöse und erotische Motive zurückgriff, sorgte immer wieder für Kontroversen. Ein gefundenes literarisches Fressen also für Provokationsgroßmeister Paul Verhoeven, der Reves Roman mit angemessen expliziten Bildern auf die Leinwand brachte.
Verhoevens Stamm-Kameramann Jan de Bont sorgte für prächtige Aufnahmen, die bisweilen hart an der Grenze zur Symbolüberladenheit kratzen. Psychologie- oder auch Theologiestudenten, sich auf darauf einlassen möchten, könnten beim Interpretieren der Bilder jedenfalls Stoff für Diplomarbeiten im Dutzendpack finden.
Paul Verhoeven bezeichnet THE FORTH MAN denn auch als seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Christentum, das für ihn deutlich schizophrene und gewalttätige Züge trägt.
Der Film lief seinerzeit mit eher durchwachsenem Erfolg in den niederländischen Kinos. Verhoeven zog die Konsequenzen und übersiedelte kurze Zeit später nach Hollywood. Der Rest ist Filmgeschichte
Eine gekürzte Fassung von THE FOURTH MAN ist im Rahmen der Paul Verhoeven Klassiker Edition von Eurovideo erhältlich. Wer die ganze Wahrheit sehen will, muss zur britischen DVD von Tartan greifen.
Das inoffizielle psychoanalytisch-gialloeske Prequel von BASIC INSTICT war Paul Verhoevens Abschiedsgeschenk an das niederländische Kinopublikum, bevor er Provokations-König von Hollywood wurde. Schöner Film, in D leider nur gekürzt auf DVD.