ENDZEIT: USA, 2011
Regie: Doug Aarniokoski
Darsteller: Shawn Ashmore, Ashley Bell, Cory Hardrict, Dominic Monaghan
Fünf Überlebende in einer postapokalyptischen Welt stoßen auf der Suche nach rar gewordenem Proviant auf ein verlassenes Haus im Wald. Dieses entpuppt sich als Falle, die ihnen von einem marodierenden Kannibalenclan gestellt wurde. Draußen vor der Tür formiert sich nun eine Übermacht, die es auf Menschenfleisch abgesehen hat und innerhalb der Gruppe brechen sich alte Konflikte und Tragödien Bahn. Es ist abzusehen, dass dieser Tag für mehr als einem Protagonisten der letzte sein wird ...
Douglas Aarniokoski hat sich seine Sporen als Regieassistent bei mehr als 30 Titeln (unter anderem darunter RESIDENT EVIL: EXTINCTION THE CROW, FROM DUSK TILL DAWN aber auch AUSTIN POWERS und FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS) verdient. Sehr häufig hat er dabei einem gewissen Robert Rodriguez assistiert. Mit Neo-Grindhouse hat seine zweite eigenständige Regie-Arbeit nach dem zwar gefloppten, aber mancherorts als unterschätzt eingestuften vierten HIGHLANDER-Teil allerdings nichts zu tun.
Wie der Titel schon zart andeutet schildert THE DAY einen Tag im Leben einer kleinen Gruppe Überlebender in der Postapokalypse. Und wie die Inhaltsangabe zart andeutet, werden am Ende dieses Tages fast alle dieser Überlebenden Ex-Überlebende sein -weil eines gewaltsamen Todes gestorben.
Warum? Weil es in der Postapokalypse bekanntermaßen nicht nur ein Kreuz mit nach Benzin und Wasser lechzenden Punks ist, sondern auch mit den vermaledeiten urbanen Kannibalen. Anscheinend ist es wohl so, dass Menschenfleisch beträchtlich an Reiz gewinnt; in Zeiten des Hungers nachdem McDonald's (und Mutter Natur) ihre Filialen wegen Apokalypse schließen mussten.
Dies ist also die Grundprämisse von Aarniokoskis erstem Beitrag zum Genre der Endzeitfilme. Der Mensch ist nun des Menschen am einfachsten beschaffbare Nahrungsquelle geworden. Das einzige noch geltende Gesetz ist: Fressen oder Gefressen werden. Die Menschenschlächter haben sich zusammengerottet und machen Jagd auf jene Artgenossen, die sich noch ein Fünkchen Zivilisation bewahrt haben und lieber in verwaisten Landstrichen und verlassenen Häusern nach Konserven suchen als sich dem Blutrausch des Kannibalismus hinzugeben. Zu dieser Sorte gehören unsere fünf einsamen, aber aufrechten Survivals und deshalb kleben ihnen nun auch die postapokalyptischen Menschenfresserclans an den Hacken...
Welche Apokalypse den größten Teil der Menschheit dahingerafft hat, kommt in THE DAY nicht zur Sprache. Das Grundsetting sieht jedenfalls sehr nach THE ROAD aus. Mutter Natur ist offenbar unfruchtbar geworden. Die Tiere sind ausgerottet, der Boden nimmt keine Saat mehr an. Allerdings schenkt Aarniokoski diesem Aspekt der letzten Menschheitstage sehr wenig Beachtung. Was er erzählen will, ist die Geschichte des Showdowns zwischen seiner Gruppe Überlebender und einer (leider doch sehr unspektakulär aussehenden) Horde Endzeit-Kannibalen. Und die, der sich in diesem Überlebenskampf nun bahnbrechenden Konflikte innerhalb der Gruppe.
Diese Geschichten gehen niemals in die emotionale Tiefe eines THE ROAD, aber gerinnen auch nur ganz selten zum billigen Spektakel. Einem themenverwandten C-Movie wie etwa TOOTH AND NAIL (mit einem sich emsig am absteigenden Ast talwärts hangelnden Michael Madsen) ist THE DAY in allen Disziplinen haushoch überlegen; auch wenn er sich einmal im Mittelteil glücklicherweise aber nur ganz kurz in klischeehafte, dämliche Niederungen herablässt.
Zur Unterstreichung der Endzeitstimmung hat Aarniokoski seinen Fim fast komplett in Schwarz/weiß gedreht. Nur die äußerst selten vorkommenden Rückblenden in die Vergangenheit sind in Farbe. Ein visuelles Indiz dafür, dass die Zeiten noch hoffnungsloser geworden sind und der Regen längst zur Traufe geworden ist. Optisch gibt es budgetbedingt nicht allzuviel von der Apokalypse zu sehen. Keine verwaisten Großtstädte, keine großen Sets. Gedreht wurde in kahlen Wäldern und einem einsamen heruntergekommenen Haus im Wald. Nur an dessen desolaten Zustand und dem abgerissenen Äußeren unserer postapokalyptischen Protagonisten können wir ablesen wie marode es um die Welt in THE DAY bestellt ist.
Trotz dieses optischen Minimalismus funktioniert THE DAY lange Zeit richtig gut. Als Zuschauer sieht man die Apokalypse zwar nicht im großen Maßstab (in Wahrheit sogar in einem weit kleineren als gar zuletzt beim deutschen Endzeitfilm HELL), aber man kauft sie dem Film trotzdem ab. Die guten Darsteller(innen) (allen voran der als Iceman aus X-MEN bekannte Shawn Ashmore und die frisch aus DER LETZTE EXORZISMUS herausgedeibelte Ashley Bell) tragen ihr Scherflein zur glaubwürdigen Endzeitstimmung bei.
Allerdings wird spätestens nach einer halben Stunde klar, dass Aarniokoski hier kein großes Apokalypse-Epos vorbereitet, sondern an einem viel simpleren Szenario bastelt. Die Atmosphäre lässt schon anfangs an einen apokalyptischen Zombiefilm (nur eben ohne Zombies) denken; spätestens wenn die Überlebenden dann versuchen, ihr Haus im Wald gegen eine Horde Angreifer sturmfest zu machen, ist man vollends im Setting einer NACHT DER LEBENDEN TOTEN angekommen. Oder bei den drei kleinen Schweinchen. Oder noch besser: Bei Carpenters Belagerungsklassiker ASSAULT.
Im direkten Vergleich mit den alten Meistern kann Aarniokoski natürlich nur den Kürzeren ziehen. Doch es ist nun mal so, dass man ein an sich minimalistisches Belagerungsszenario nicht viel besser ausspielen kann wie es Romero oder Carpenter in ihren Jahrhundertwerken getan haben. Abgesehen von den bereits angesprochenen Holprigkeiten im Mittelteil, wo man einmal kurz Realismus schlecht gegen übertriebene Wannabe-Coolness eintauscht, schlägt sich THE DAY trotzdem recht wacker.
Spannung ist durchgängig vorhanden; die Atmosphäre ist stimmig düster und auswegslos, die Kämpfe sind blutig und stets von kurzen, aber relativ heftigen Gewaltspitzen begleitet. Zusätzliche Würze bekommt der Film durch einen Twist, der den Burgfrieden der Überlebenden empfindlich stört und zu einem erbitterten Duell zwischen zweien der fünf Hauptdarsteller führt. Dieses wiederum zeigt einmal mehr, dass in Extremsituationen die Linie zwischen Zivilisation und Barbarei nur noch verschwindend dünn ist.
Postapokalyptisches vom langjährigen Regieassistent von Robert Rodriguez. Mit Grindhouse hat THE DAY dennoch wenig bis gar nichts zu tun. In einem minimalistischen, aber düsteren Endzeitsetting standen hier eher THE ROAD, ASSAULT und DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN Pate. Allerdings wird weder die Intensität der alten Klassiker noch die emotionale Tiefe eines THE ROAD erreicht. Zudem verhinderte ein sicherlich nur überschaubares Budget apokalyptische Schauwerte größeren Maßstabs. Dennoch hat Douglas Aarnikoski mit THE DAY einen kleinen, aber feinen Beitrag zum Endzeitgenre geschaffen. In einem zwar unspektakulären, aber stimmigen Szenario weiß sein Film mit kühlen monochromen Bildern, guten Darstellern und durchgängiger Spannung begleitet von kurzen, aber heftigen Gewaltspitzen zu überzeugen. Die Endsequenz haut in die Fresse.