COMICVERFILMUNG: USA, 2012
Regie: Chrisopher Nolan
Darsteller: Christian Bale, Morgan Freeman, Anna Hathaway, Marion Cotillard, Tom Hardy....
Seit jener schicksalhaften Nacht vor acht Jahren, in denen Batman die Schuld auf sich genommen hat um Harvey Dent's Rolle als Retter und leuchtendes Smybol Gothams aufrecht zu erhalten, ist es ruhig um Bruce Wayne und sein Alter Ego im Fledermauskostüm geworden. Doch Gotham City wäre nicht Gotham City, wenn Dekadenz und Apokalypse nicht eng beieinander liegend fröhliche Urstände feierten ...
Es tut mir leid, aber dieser Film ist leider vollkommen in die Hose gegangen. The Dark Knight Rises ist zwar kein Ärgernis geworden, aber er leidet an der typischen Krankheit des dritten Teils, die noch in jeder Filmtrilogie außer vielleicht bei Indiana Jones ausgebrochen ist: Zu groß, zu komplex, zu unfilmisch, zu große Ambitionen, zu sehr der Wunsch, dass sich HBO des Themas angenommen hätte um eine ganze Fernsehserie draus zu machen.
Ich möchte Christopher Nolan nicht zu nahe treten, aber dieser Film verschiebt natürlich die Perspektive auf sein Gesamtwerk, denn was er hier vorhatte, war nichts geringeres als sein Opus Magnum vorzulegen, und obwohl ich es toll finde, dass er es versucht hat, so ist hier sein schlechtester Film rausgekommen, mal abgesehen vom ersten Teil der Dark Knight Trilogy, die man somit als gescheitert betrachten muss. The Dark Knight Rises wollte so etwas wie Watchmen werden, und obwohl man den auch als gescheitert betrachten muss, liegen da Welten dazwischen.
Warum war das so? Ich weiß eigentlich gar nicht wo ich anfangen soll. Vielleicht nochmal mit dem Lob. Die haben tatsächlich versucht Zeitgeist und Zeitgeschehen in einem Comicfilm zu reflektieren. Finanzkrise, Schuldenkrise, Occupy-Bewegung, Endzeitstimmung, Terrorismus, Anarchie und Korruption geben sich die Hand in dieser Welt Gothams, ein Spitzname, den die Stadt New York seit über hundert Jahren trägt. "A Storm is coming", flüstert Catwoman in Bruce Waynes Ohr. Ja, ein Sturm zieht auf in unserer Welt, so wie er immer schon aufgezogen ist, aber wir sind so aufmerksam und hysterisch wie nur selten und das merkt man alleine schon daran, dass ein Sommerblockbuster davon handelt.
Aber schafft es dieser Film auch nur ansatzweise, die schweren Dilemmata unseres Zeitalters auf seine Figuren so zu übertragen, dass wir uns in ihnen wiederfinden und folglich ihren Schmerz und ihre Ausweglosigkeit verstehen können und in uns aufnehmen um durch das Kunstwerk so etwas wie Läuterung und Reinigung zu erfahren? Nein. Weil dieser Film, anders als sein Vorgänger, nur die Oberflächen berührt, weil er vollkommen ausgefranst in hundert Richtungen wuchert und daher schal, leer und müde bleibt. Da ist keine anarchische Leidenschaft vorhanden, da brennt kein Feuer von Gewalt und Verzweiflung in diesen gelackten Bildern, die unmotiviert im immer selben unpassend verkürzten Rhythmus herabgespult werden, um ja die Geschichte gleichzeitig breitzutreten und ihr allen Fokus und alle Kanten zu entziehen.
Wir sehen keine Krise auf der Leinwand, wir sehen einen dreistündigen Trailer von ihr, wir sehen Skizzen von Figuren, Andeutungen von Geschehnissen, aber der Film will nicht zu sich kommen, will und kann nicht anfangen und endet dann einfach irgendwann bevor er an irgend einer Stelle ein seelisches Zentrum entwickeln konnte.
Darüber hinaus leiden ausnahmslos alle Figuren unter Blutarmut. Bruce Wayne/Christian Bale wirkte einfach nur müde, aber vielleicht war das seiner Rolle geschuldet. Michael Caine, Gary Oldman und Morgan Freeman wirkten einfach nur alt, aber vielleicht war das ihrer Rolle geschuldet. Anna Hathaway war fehlbesetzt als Catwoman, aber sie brachte wenigstens ein bisschen so etwas wie Frische und Begeisterung mit. Joseph Gordon-Levitt lebte nur vom Rollen-Überbau seiner Karriere, also von seinem Gesicht, aber das wars auch schon. Marion Cotillard völlig verheizt und sinnlos. Und Tom Hardy als Bane war die größte Enttäuschung, weil er nicht einmal ansatzweise dem Joker das Wasser reichen konnte. Das war schon fast peinlich.
Darüber hinaus wurden allen Figuren nur furchtbar oberflächliche und schlechte Dialoge geschrieben und ebensolche Szenen, deren Tiefpunkt eine völlig unmotivierte Liebesszene zwischen Bruce Wayne und Marion Cotillards Charakter war. Und gestorben wird hier auch völlig einfach so und dazu noch so richtig schlecht. Ich meine, wozu wurde diese Figur dann überhaupt aufgebaut? Oder, wozu wären sie in einem anderen Film, der sich für seine Figuren Zeit nahm, aufgebaut worden, denn das ist ja hier eindeutig nicht der Fall. Das nur so nebenbei: Die einzigen Schauspieler, die offenbar wirklich Spaß an diesem Film hatten, waren die vielen Seriendarsteller, die zu Cameos kamen. Aus Lost, Game of Thrones, Stargate usw. durften einige ihre bekannten Gesichter kurz in die Kamera halten, wie man sich jedoch denken kann, hat das den Film auch nicht gerettet.
Und ich weiß, Meister Hitchcock wird sich dafür im Grabe umdrehen, aber ich muss einfach die Logik dieses Films bemängeln, weil sie sowas von missachtet wurde, dass es schon einer Beleidigung der Zuseherintelligenz gleichkommt. Man mag mich korrigieren, wenn ich falsch liege, aber einer der wesentlichen Aspekte von Spannung und Dramaturgie ist, dass ein Held in einer komplexen Geschichte nicht überall gleichzeitig sein kann, wenn er nicht gerade der mit übermenschlichen Kräften ausgestattete Superman ist. Tja, Batman, dieser erfolgreichste aller Comichelden, weil wir uns ja sooo mit ihm identifizieren können, weil er eben "so ist wie wir, nur besser", kann gleichzeitig die Brücke präparieren, den Polizeichef retten und seinen jungen Kumpel befreien an verschiedenen Orten in New York in der ziemlich stressigen Nacht des finalen Showdowns.
Und sowieso, in dieser riesigen Stadt treffen sich immer alle zufällig am selben Ort. Das hat schon Batman Begins zerstört und jetzt hat Christopher Nolan eben beschlossen, diesen Fehler für den dritten Teil zu wiederholen. Aber nicht nur diesen.
ACHTUNG SPOILER. Auch die ganze Geschichte rund um die Liga der Schatten, die schon Batman Begins zerstört hat, wird hier völlig unmotiviert wieder aufgewärmt und noch schlechter etabliert. Diese pseudomystische Vereinigung, die ganz und gar nicht in das Batmanuniversum der Dark Knigth Trilogie passt und wie ein Fremdkörper wirkt. Darüber hinaus ist sie eine dramaturgische Note, die den gut versteckten, aber latenten politischen Unterton dieses beinahe brisanten Films in eine völlig geschmackslose Richtung dreht. Die Figur des Batmans war immer schon problematisch durch ihre von Selbstjustiz und Systemstabilisierung gespeisten Untertöne. Aber hier wird es letztlich auf die Spitze getrieben. Das größte Übel im Universum Gothams Citys ist nicht die Korruption, die Dekadenz und das Verbrechen, nein, es ist die Revolution dagegen, also die Revolution an sich. Vielleicht liegt unglaublich viel Weisheit darin, den Menschen als des Menschen Wolf zu sehen, und ihm folglich nicht zuzutrauen, sich und die Welt zum Positiven zu ändern, aber in Wahrheit ist das konservativer Reflex, der aus Angst gespeist diese reproduziert und auf die Masse projiziert.
Es tut mir so leid, ich weiß ja wie fürchterlich und schmerzhaft gesellschaftliche Veränderungen sind. Dass wir heute in einer Demokratie leben, dass man sich verlieben darf und seinen Ehepartner selbst wählen kann, dass man seine Sexualität ausleben darf, dass Frauen heute wählen dürfen, dass Ausländer mit anderer Hautfarbe auf unseren Unis studieren oder dass Homosexuelle heiraten dürfen... Ja, schmerzhaft, denn diese Rechte mussten erkämpft werden durch kleinere und größere Bürgerrechtsbewegungen, deren Anliegen im Grunde revolutionär waren und unsere Welt besser gemacht haben. Also bitte lasst euch nicht einreden, dass die Welt nicht zu ändern ist und schon gar nicht von einem letztlich dummen Film wie The Dark Knight Rises.
Letztlich, und das wirkt fast wie ein Hohn nachdem ich über Dramaturgie und Politik gesprochen habe, aber so ein Film ist eben auch ein Spektakel und soll unterhalten, gab es im ganzen Film nur eigentlich nur eine einzige Szene, wo das überstürzte Erzählmuster durchbrochen wurde, um einen Augenblick zu verweilen um den Zuseher den Moment wirklich spüren zu lassen. Aber war das eine Charakterszene? Nein. Das war eine Actionszene. Die mit dem fliegenden Batmobil als es von Raketen verfolgt wurde. Die einzige Szene in diesem Film, der soviel sein wollte, die man als solche bezeichnen kann, die einen Anker geworfen hat und wo ich noch nicht einmal sagen möchte dass sie so besonders (wichtig) war. Aber sie war zumindest.
Trotzdem glaube ich, kann der Film noch gerettet werden. Nicht dass das bedeutet, dass er von seiner widerlichen politischen Aussage befreit werden kann, aber - who cares? - ich will ja im Endeffekt nur gut unterhalten werden. Mr. Christopher Nolan. Bitte, machen Sie einen Director's Cut. Und damit meine ich nicht, die zwei gekürzten Szenen, die da rausgeschnitten wurden, wieder reinzukleistern. Damit meine ich, den Film von Grund auf neu zu schneiden, ihm einen Rythmus zu geben um ihn eine Seele entwickeln zu lassen, damit wir wieder so berührt werden können wie von der guten ersten Hälfte von Batman Begins und der gesamten Lauflänge von The Dark Knight. Damit Ihre Trilogie ihren Status auch wirklich verdient ...
Dass The Dark Knigth Rises kein ebenbürtiger Nachfolger von The Dark Knight werden würde, war zu erwarten. Dass The Dark Rises aber nicht einmal ein durchschnittlich guter Film werden würde, ist dann schon eine große Enttäuschung. Ambitionen bis dort hinaus waren zweifellos vorhanden, aber Raffinesse, Genialität, Leidenschaft und diese entfesselte Energie des zweiten Teils sind einer quälenden Müdigkeit, triefender Klischeehaftigkeit, eklatanten Inszenierungsschwächen und einer schlampigen wie enttäuschend konventionellen Dramaturgie gewichen. EPIC FAIL nennt man sowas heutzutage. Schade!