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The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead

The Battery / Ben & Mickey vs. The Dead

OT: The Battery
ZOMBIEFILM: USA, 2012
Regie: Jeremy Gardner
Darsteller: Jeremy Gardner, Adam Cronheim, Alana O'Brien

STORY:

Zombieapokalypse und zwei junge Männer auf der Suche nach dem Sinn.

KRITIK:

Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren! Wenn man etwas aus George R. Romeros (vorwiegend) alten Zombiefilmen lernen kann, dann das. Und das das größte Monster immer noch wir selbst sind.

Hoffnungslosigkeit und Nihilismus, die Angst zu einer seelenlosen Konsummaschine zu werden, das Verblassen der Erinnerung an unser menschliches Dasein - being a Zombie is a hell of a thing. Doch die Zeiten, in denen die Untoten unseren tiefen Ängste reflektieren sind passé: Weltkriege werden unter dem "Z"-Banner geführt und die Jäger der verlorenen Gehirne amüsieren sich im Themenpark der Untoten. Mal ehrlich; die "Walker" sind schon lange nicht mehr gruselig oder bedrohlich. Bereits in Romeros Einkaufscenter-Klassiker war es klar, dass man die schleichenden Toten "wie Betrunkene" austricksen kann. THE WALKING DEAD brachte uns die Bedrohung der langsamen Killer zwar wieder etwas näher, doch auch dort zeigt sich die Bedrohung mehr anhand von Rednecks, irren Cowboys und untreuen Ehefrauen. Zombies (und ihre Verwandten) sind zu einer Horrorfilmattraktion verkommen, bleiche Hau-den-toten-Lukas, Comic-Reliefs (siehe FIDO) und zuverlässige Splatter-Lieferanten.

Der Zombie hat also den Einzug in den Mainstream geschafft und das soweit, dass man ihm zum Love-Interest in Teeniefilmen macht (wobei der Gehirnfresser wohl nie die sanfte Edelmut und Grazie eines Vampirs oder die beschützende Männlichkeit eines Werwolfs erreichen wird (on a related note: wo sind eigentlich die Werwolf-Frauen?). Und wenn uns die Untoten doch mal erschrecken müssen, laufen sie wie von der Tarantel gestochene Wüteriche ganze Stockwerke hoch (dass sich die "Zombies" von [REC] nicht als Zombies herausstellen und die "Runner" aus 28 DAYS LATER eigentlich infiziert und nicht untot sind, lassen wir hier einfach mal außen vor, weil sonst sind wir morgen noch nicht fertig). Wie also erschafft man einen glaubwürdigen Zombiefilm, der die Apokalypse mitsamt seiner bedrohlicher Konnotation einfängt?

In dem man den Zombie in den Hintergrund rückt. THE BATTERY konzentriert sich im Gegenzug zu - ja, eigentlich - all seinen Filmkollegen auf das Überleben; nicht mit-einander sondern trotz-einander. Der Mensch ist das Monster, dass wissen wir schon seit der Nacht aus 1968, doch die Bedrohung war bei Romero stets die wankende Leiche. In THE BATTERY ist die Bedrohung der Toten der Omnipräsenz des Sinnlosen gewichen.

Auf ihrer "Reise" durch die nordamerikanischen Wälder müssen Mickey und Ben miteinander zurechtkommen und sich um den ganzen alltäglichen Scheiß kümmern, den ein Weltuntergang so mit sich bringt: gemütliche Schlafmöglichkeiten suchen, leere Wohnhäuser erkunden, Essen beschaffen. Und zur Abwechslung mal nicht aus jeder Pore wie ein Besoffener zu stinken. Das verlangt ganz schön viel ab, vor allem, wenn die einzige Freizeit (wobei, jede Zeit ist freie Zeit in Zombieland)-Beschäftigung aus Baseball-Werfen besteh und ein leerstehender, stickender Volvo das Höchste der Gefühle repräsentiert. Noch schlimmer; der einzige Mensch, mit dem man umherzieht, ist ein fauler Träumer oder einer sarkastischer Arsch, mit dem man im Pre-Zombie-Life nicht wirklich was zu tun hatte - doch in der Not frisst der Mensch auch Thunfisch. Jeden Tag.

Ben und Mickey sind nicht gerade Freunde und die einzige Gemeinsamkeit besteht wahrscheinlich darin, dass sie den Film TREMORS kennen. Mickey träumt vor sich hin und hört Tag ein Tag aus Musik mit seinem Discman, während Ben die Untoten noch mehr tötet (und das auch etwas genießt). Während Ben sich mit der Situation abgefunden hat, nutzt Mickey jede Möglichkeit, die ihn daran erinnert, dass er einmal Teil einer Zivilisation war: Betten, Dächer, andere Menschen. Doch jede Hoffnung stirbt - mal früher, mal später, doch immer endgültig.

Hoffnungslosigkeit und Banalität sind zwei der großen Themen dieses Filmes. Der eigentliche Schrecken einer Welt voller Untote besteht in THE BATTERY nicht daraus, dass jeden Moment eine Leiche die Zähne in deinen Arm versinken lassen könnte, sondern, dass zwischen den (eventuellen) Attacken das Warten liegt. Nichts-Tun. Sitzen. Langeweile. Nichts entzieht dem zivilisierten Menschen mehr Menschlichkeit und Würde, wenn man sie in eine lustlose Welt wirft, in der Nichts auf einen wartet und kein Ziel in Sicht ist. Während die Protagonisten von THE WALKING DEAD stets mit Gefahren konfrontiert sind oder sich wenigstens zum Ziel gemacht haben, ihr vorheriges Leben halbwegs wieder aufzubauen, bleibt unseren Antihelden aus THE BATTERY nur das Warten auf den nächsten Tag. Kleine Freuden haben stets einen negativen Beigeschmack und die Musik weilt auch nur bis zur nächsten Batterie.

Apropos Musik: diese hat sowohl innerhalb als auch extern einen hohen Stellenwert in THE BATTERY. Zunächst ist sie relevant für die Figuren selbst, die sich aus dem faden Alltag in die Welt hinter den Kopfhörern flüchten. Dance like nobody's watching and because nobody's here. Außerdem ist die Songauswahl exzellent gestaltet; kleine Kostprobe gibt's hier. Die Apokalypse hört sich nur in Independent-Filmen so schön an. Vor allem, wenn man bedenkt, welches Budget der Film zu Verfügung hatte.

Eigentlich ist mir das ja meistens egal, doch bei THE BATTERY ist es fast schon unglaubwürdig. Für 6000 Dollar schaut dieser Film einfach zu gut aus. Die Kamera fängt die Bilder exzellent ein (vor allem gegen Ende hin wird die klaustrophobe Stimmung perfekt veranschaulicht), Schnitt und Ton sind makellos und die Schauspieler allesamt überzeugend und glaubwürdig. Es sollte kein Kriterium sein, wie viel Geld einem zu Verfügung steht (und wenig Budget ist nicht gleich guter Film, mein persönliches Paradebeispiel wäre hierbei MONSTERS, den ich trotz schöner Bilder grauenhaft langweilig fand) doch irgendwie merkt man schon, dass Filme besser werden, wenn die kreativen Köpfe sie machen wollen und nicht machen können. Als Vergleich nehme man Kevin Smiths CLERKS 1 und 2 oder Sam Raimis EVIL DEAD und DRAG ME TO HELL (jeweils gute Filme, keine Frage, aber jeder weiß, welcher der bessere von ihnen ist).

Wer sich hinter dem Label "Zombiefilm" einen Zombiefilm erwartet hat ja zu 90% auch recht; demnach sollte man THE BATTERY einem anderen Genre zu ordnen. Postapokalyptisches Drama mit humoristischen Untertönen. In THE BATTERY passiert eigentlich nichts, das sollte einem schon klar sein. Der Alltag ist das Zentrum des Films und geblutet wird hier ganz selten. Wenn die Zombies attackieren passiert dies so gut wie immer im Off oder die Angriffe werden höchstens angedeutet. Was nicht bedeutet, dass THE BATTERY kein Zombiefilm ist; eigentlich ist er ein klassischer Zombiefilm, wie Romero ihn gemacht und geliebt hätte (vielleicht tut er das sogar). Trotzdem: Regisseur, Schreiber und Schauspieler Jeremy Gardner kennt das Genre wahrscheinlich besser als die ganzen ZOMBIELANDS und WARM BODIES. Er spricht die Themen direkt an, die sich hinter Romeros Klassiker verstecken (Entmenschlichung und "Vermonsterung" durch die Konfrontation der externen Übel), zeigt wo die eigentliche Bedrohung wohnt und spickt das ganze noch mit ein, zwei Referenzen ("Pittsville" ist meiner Meinung nach eine eindeutige Anspielung auf Romeros Erstling). Die Figur des Bens die ebenso von Gardner gespielt wird, erweist sich bald als nerdiger Genre-Connaisseur, der für seinen träumenden Freund die filmischen Klischees genüsslich aufzeigt (Stichwort: apocalypse-pixie-girl with a sexy scar) und bekannte Plottechniken clever dekonstruiert. THE BATTERY schließt sich somit in eine Welt ein, in der Zombiefilme offenschtlich existiert haben (dazu fällt mir eigentlich nur Edgar Wrights Zombiekomödie ein) ohne dabei die ironische Übertreibung Wes Cravens zu zelebrieren. Lediglich einen politischen und gesellschaftlichen Subtext wie das große Vorbild lässt sich Gardner nicht ein - wahrscheinlich, weil es der Film für nicht notwendig hält oder in keine Phrasendrescherei à la LAND OF THE DEAD verkommen will.

Das THE BATTERY mit seiner Darstellung des ganz normalen Zombie-Alltags den Spannungsregler jetzt nicht auf 11 stellt sollte ebenso jedem klar sein, wenn er sich den Film zu Gemüte führt: ab und zu schleicht sich die Langeweile in den Film - und jetzt kommt's - jedoch als geplantes Stilmittel. Eine Welt ohne Menschen und ohne Unterhaltung ist nun mal sehr langweilig. Dies reflektiert der Film, in dem er uns langsame Szenen präsentiert, denen selbst ein Zombie noch folgen könnte (ah, ein sehr fauler Witz, ich weiß). Die Dynamik der beiden überaus liebenswerten Charaktere bringt aber jeder noch so "langatmige" Szene in Fahrt, die spärlichen Dialoge runden den Plot humorvoll ab und die Stimmung ist hie und da gar nicht mal so unlustig. (Zombies sind - wie gesagt - nun mal sehr erheiternde Wesen mit ihrem Stöhnen und Schlurfen und Schmatzen.)

Gegen Ende hin dreht sich der Film dann in eine etwas düstere Richtung, wirft inmitten seiner regnerischen Szenerie eine dystopische Andeutung in den Raum, die aber keiner Antwort gewürdigt wird (ob man das gut findet, bleibt einem selbst überlassen, mir hat's gefallen, aber zugleich auch nicht gereicht) bis der Film letztendlich in einem beklemmenden, stillen und sehr menschlichen Finale endet. Zurück bleibt ein leerer Hoffnungsschimmer, eine neblige Erinnerung und ein leiser Abschied; sowohl für die Figuren als auch für die Zuschauer dieses kleinen, ruhigen aber bemerkenswerten Film.

The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 1
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 2
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 3
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 4
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 5
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 6
The Battery /  Ben & Mickey vs. The Dead Bild 7
FAZIT:

THE BATTERY ist ein ruhiger, menschlicher und höchst musikalischer Film, der sich deutlich von den hysterischen Zombiefilmen und das Genre zurück in seine Bahnen führt, ohne dabei sein wesentliches Element auszureizen. Gardners Film ist ein leiser Film über Menschen, die nichts mehr zu tun haben, weil es nichts mehr zu tun gibt und führt dabei vor, wie dieser Wahnsinn zu der subjektiven Apokalypse führt. Und Zombies, Mann.

WERTUNG: 8 von 10 betrunkene Tanzeinlagen
Dein Kommentar >>
djan | 25.09.2013 00:17
super film! total sympatisch und trotz des niedrigen budgets kommt absolute apokalypse stimmung auf :-)
super kritik! die werden immer besser!
Fedi | 25.09.2013 03:07
Ahhhh, cool! Danke! Solang sie dir gefallen, hab ich
alles richtig gemacht. :) (wobei ich immer
unglaublich neidisch auf Chris' Reviews sind, der
sein immenses Horror-Fachwissen offenbar so
mirnichtsdirnichts aus dem Ärmel schüttelt^^)
Chris | 25.09.2013 20:14
Kein Grund, das Licht unter den Schemel zu stellen. Sind
Superkritiken, die du schreibst. : ) PS: Auf diesen Film bin ich extrem
gespannt. Hoffe, er läuft auch mal in einem Kino in meiner Nähe...
Fedi | 26.09.2013 02:32
Hab ich schon mal erwähnt, dass ich nicht gut mit
Idiomen und Sprichwörtern bin? Ich geh jetzt "Licht
unter den Schemel stellen" googeln... Und DANKE! :)
Chris | 26.09.2013 05:30
Googel lieber "Licht unter den Scheffel stellen". So heißt es richtig. Mir
dünkt, dass ich mich mit Sprichwörtern auch nicht so gut auskenne
wie gedacht. : ))
Fedi | 26.09.2013 14:25
google war so klug und hat sofort gewusst, was ich
mein! ;)
>> antworten
Pat Bateman | 24.09.2013 18:17

Hatte schon gewartet, wann auf der Seite meines Vertraunes eine Rezension zu dieser Indie-Perle erscheint.
Gardner führt mit seinem beeindruckend stilsicheren Debüt den Zombiefilm zurück zu alten Tugenden. Für mich neben "Stake Land" einer der besten Genrebeiträge der letzten Jahre.

9 von 10 geschälten Baseballs
Fedi | 25.09.2013 03:05
Ja, hey. Stake Land liegt bei mir schon auf den
Noch-Mal-schauen-und-dann-ne-Kritik-schreiben-
Stapel. Ich war ja bei beiden Filmen skeptisch, weil
gerade Indie-Filme sehr leicht hochgehyped werden
aber THE BATTERY geht mir seit Tagen nicht aus dem
Kopf und STAKE LAND hat mich unvorbereitet
getroffen. Ein fieser Film.
>> antworten