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Animalia

Animalia

OT: Le Règne animal / The Animal Kingdom
DRAMA/HORROR/MYSTERY: F, 2023
Regie: Thomas Cailley
Darsteller: Romain Duris, Paul Kircher, Adèle Exarchopoulos

STORY:

Frankreich in einer sehr nahen Zukunft: Aus unerklärlichen Gründen beginnen immer mehr Menschen zu mutieren, sich in Tiere zu verwandeln. Émile weiß, was das bedeutet: Seine Mutter wird in einer Klinik für Mutanten behandelt. Und dann entdeckt Émile Veränderungen an seinem Körper, die ihn in Panik versetzen.

KRITIK:

Stau auf der Stadtautobahn. Nichts geht mehr, auch die Rettung steckt fest. Schreie und dumpfe Schläge aus dem Rettungswagen deuten auf einen Kampf hin. Scheiben bersten, die Tür springt auf, und ein Mischwesen, halb Mensch, halb Vogel, entkommt aus dem Fahrzeug. Zückt jemand sein Handy? Bricht Panik aus? Nein. Die Menschen sind an den Anblick dieser Kreaturen, die sie "Critters" nennen, längst gewöhnt. Die Polizei fängt die Mischwesen ein, sperrt sie in Lager weg, versucht sie zu therapieren.

Das ist die Ausgangslage von ANIMALIA. Der Abschlussfilm des /slash Filmfestivals ist traditionell ein großer Crowdpleaser, und THE ANIMAL KINGDOM (internationaler Verleihtitel) enttäuscht die hohen Erwartungen keineswegs. Eine ziemlich fette französische Filmproduktion ist das, vom 15 Millionen Budget ist die Rede, keine Kleinigkeit für einen europäischen Genre-Film.

Der Film kreuzt das Coming of Age-Drama mit Fantasy-Elementen und Body Horror - nicht unbedingt neu, zugegeben, aber extrem stilsicher und wirkungsvoll. Lacht mich ruhig aus, aber es gibt da zwei Szenen, bei denen ich mir kurz die Hand vor die Augen halten musste: Das klingt möglicherweise seltsam aus dem Mund eines alten Splatter-Veteranen, aber abgerissene Fingernägel und rausbrechende Zähne sind Dinge, die ich nur schwer aushalte. Wenn sie nämlich hyperrealistisch aussehen wie hier.

Dass Kameraarbeit, Musik und Schauspieler überzeugen, erwartet man von einem Film dieser Preisklasse irgendwie von selbst. Trotzdem an dieser Stelle eine hochlobende Erwähnung des jungen und unverbrauchten Schauspieltalents Paul Kircher, der den circa sechzehnjährigen Émile spielt und neben Größen des französischen Kinos wie Adèle Exarchopoulos (BLAU IST EINE WARME FARBE) und Romain Duris (DER WILDE SCHLAG MEINES HERZENS) locker besteht.

Beeindruckend auch die tollen Bilder von Kameramann David Cailley. Der Film spielt zu einem großen Teil in sattgrünen, nebelverhangenen Wäldern Südfrankreichs, wo sich die Mutanten, versteckt in Erdlöchern oder in Baumkronen ihr Reich eingerichtet haben. Ich liebe es ja, wenn die Natur quasi die zweite Hauptrolle spielt.

Wie viele aktuelle Genre-Arbeiten aus Frankreich - am /slash wurden auch noch Loc Bessons DOG MAN, der Paranoia-Thriller VINCENT MUST DIE und der nervenaufreibende Spinnenterror-Reißer VERMIN gezeigt - darf auch ANIMALIA als Gegenwartskommentar verstanden werden: Wie geht die Gesellschaft - die verlogenen Sonntagsreden über Toleranz, Inklusion und Diversität mal außen vor gelassen - wirklich mit Außenseitern und Randgruppen um? Aber das klingt jetzt vielleicht plumper und pädagogischer als der Film wirklich ist. Am Ende gab es jedenfalls Applaus und glückliche Gesichter vor dem Kinosaal. So soll es sein.

Animalia Bild 1
Animalia Bild 2
Animalia Bild 3
Animalia Bild 4
Animalia Bild 5
Animalia Bild 6
FAZIT:

Die Mutanten sind unter uns. Coming of Age-Drama meets Fantasy, stilsicher und wirkungsvoll. Der gefeierte Abschlussfilm des /slash-Filmfestivals 2023, jetzt regulär im Kino. Laufen, Karten kaufen!

WERTUNG: 8/10
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