DRAMA: USA, 2008
Regie: Charlie Kaufman
Darsteller: Philip Seymour Hoffmann, Samanta Morton, Catherine Keener
Der New Yorker Intellektuelle und Theaterregisseur Caden Cotard entfremdet sich zusehends von seinem eigenen Leben. Er hat Existenzängste, leidet an Hypochondrie, seine Frau verlässt ihn samt Kind und sein Bühnenwerk ist der gigantische Versuch die Wirklichkeit nachzuempfinden, angefangen von seinem Familienleben bis zur Rekonstruktion der ganzen Stadt New York in einer riesigen Lagerhalle ...
KRITIK:... so als ob dieser Woody Allen auf tragisch versuchen würde zu verstehen, was eigentlich in seinem Leben schiefgelaufen ist. Die Verdoppelung und Rekonstruktion nimmt immer absurdere Formen an, denn schließlich führt Caden Regie in seinem Stück, wo ein regieführender Caden in einem künstlichen New York versucht einen regieführenden Caden in einem künstlichen New York Regieanweisungen zu geben.
Das Leben wahrhaft nachzuspielen bedeutet in diesem Fall also das Nachspielen an sich nachzuspielen. Hört sich irgendwie nach Björks Video zu ihrem Song Bachelorette an, wo ausgerechnet Michel Gondry, einer von Charlie Kaufmanns Stammregisseuren, Regie führte, der dazu aber lapidar meinte, das sei eben der Beweis dafür, dass sie ähnlich ticken und dadurch so gut zusammen arbeiteten.
Charlie Kaufman hat es also endlich geschafft. Er ist der Mann, der im bösen Hollywood die verrückten, kreativen, genialen Drehbücher schreiben darf, er ist der Drehbuchautor, der in der strengen Hierarchie des Produktionsstabes des Hollywoodfilmes nicht bloß als Auftragskünstler untergeht, sondern im Gegenteil schon längst als Werbeträger seiner Filme gilt.
Und jetzt ist Charlie Kaufmann auch der Regisseur, der sein eigenes Drehbuch mit der Crème de la Crème der Darstellerriege - Philip Seymour Hoffmann, Samanta Morton und Catherine Keener u.a. - auf Zelluloid bannen darf.
Und Charlie Kaufman wäre nicht Charlie Kaufman (vielleicht aber Donald Kaufman ;-), würde er es uns Zusehern nicht auch in bisschen schwer machen. Schon der Titel enthält ein ganz fieses, unbekanntes Fremdwort, aber ich habe mir für euch die Mühe gemacht nachzuschlagen: Eine Synekdoche ist eine rhetorische Figur, welche die Ersetzung eines Wortes durch einen Begriff aus demselben Begriffsfeld bezeichnet, was aber dann schon wieder enorm hilfreich ist um den Film in einem Satz zusammenzufassen oder zu interpretieren, wobei lustigerweise genau das gleiche dabei herauskäme.
Ich würde also sagen es geht darum, die geballte Sinnlosigkeit des Lebens durch eine hochkomplexe, künsterisch überbordende Brille darzustellen und die Handlungsebenen munter gegenseitig zu spiegeln um ein bisschen Pfeffer in die gähnende Leere des Daseins zu bringen.
Da ist der Mensch mit seinem Willen, seinen Wünschen und Träumen, der auf der Stelle tritt und nichts weiter vermag als endlich darüber zu reflektieren. Willkommen, postmodernes Subjekt, in der Gegenwart. Es wird wohl versucht durch Überhöhung, Surrealismus, Traumdeutung, variable Mittel der Darstellung der dominierenden Banalität Einhalt zu gebieten.
Ob Charlie Kaufman das geschafft hat, ist wohl eine sehr subjektive Angelegenheit. Ich möchte behaupten, dass ein Michel Gondry oder ein Spike Jonze vielleicht etwas mehr aus dem Stoff herausgeholt hätten. Der Film wirkt doch ziemlich lang, die Figuren und ihre Probleme, obwohl aus dem Leben gegriffen, doch sehr weit entfernt.
Andererseits immunisiert sich der Film gegen solch kleinlichen Kritikerangriffe, denn seine Form entspricht nun einmal dem Inhalt, seine zeitweilige Langeweile ist nun einmal eine Spiegelung der zweitweiligen Langeweile des Lebens, sein Verlangen nach Sitzfleisch und Hingabe kommt den Erfordernissen der realen Welt sehr nahe. Die Existenz scheint manchmal wirklich nichts weiter als völlig sinnlos, als hundertmal durchgekaute Sägespäne, als die immerselben öden Probleme an den immerselben öden Tagen.
Aber der Mensch hat zum Glück das Spiel erfunden um sich die Zeit zu vertreiben und ich sage es mal so, es gibt schlechtere Möglichkeiten sich die Zeit zu vertreiben als mit den Bild gewordenen Ergüssen von Charlie Kaufmans Hirnwindungen, denn dieser ist einer der gegenwärtigen Meister, wenn es darum geht zu spielen.
Charlie Kaufmans Regiedebüt ist eine sperrige, intellektuelle und melancholische Angelegenheit,
die sicher nicht jedem gefallen wird, und die man vermutlich erst nach mehrmaliger Rezeption in ihrer Ganzheit erfassen wird können.
Trotzdem ist der Film so herrlich unkonventionell, absurd und von leisem Humor durchzogen, dass er es verdient, angesehen zu werden.
Läuft exklusiv im Wiener Top-Kino.