DRAMA/THRILLER: Frankreich, 1985
Regie: Luc Besson
Darsteller: Isabelle Adjani, Christopher Lambert, Jean-Hueges Anglade, Jean Reno
Fred (Christopher Lambert) ist als ungeladener Gast auf der Party im Hause von Helena (Isabelle Adjani) erschienen und hat dort belastende Papiere von Helenas nicht ganz sauberen Mann mitgehen lassen. Er flüchtet mit dem Auto vor den Häschern des Mannes und kracht dabei mit Vollgas in einen Metro-Eingang. Anschließend versteckt er sich in dem unterirdischen Labyrinth und fordert 50 Millionen Franc oder eine gemeinsame Nacht mit Helena für die Rückgabe der Papiere...
"to be is to do" - Sokrates
"to do is to be" - Sartre
"do be do be do" - Sinatra
So lautet die Schrifttafel, die nach den Anfangscredits von Luc Bessons zweiten Spielfilm SUBWAY (1985) erscheint. Als nächstes sieht man Christopher Lambert als Edelpunk Fred mit blonden Billy-Idol-Schopf und schwarzem Smoking bei einer aberwitzigen Autoflucht, bei der er die Karre mit voll Karacho in die Metro krachen lässt.
S U B W A Y
Der Rest des Films spielt fast ausschließlich in den Gängen und Gewölben der Pariser Untergrundbahn. Dort eröffnet sich Fred eine faszinierende Gegenwelt voller skurriler Charaktere, die so so ganz nach seinem Geschmack ist. Die hier lebenden Originale sind so ganz anders, als die fade Pariser High-Society, weshalb auch Helena sich schon bald immer mehr zu Fred und zu diesem Reich voller schräger Vögel hingezogen fühlt. Da gibt es den Blumenverkäufer und widerwilligen Polizeiinformanten (Richard Bohringer) und den Bodybuilder, der eine geschlossene Handschelle mit purer Muskelkraft öffnen kann. Und da ist der undurchschaubare Trommler (Jean Reno) und der Taschendieb auf Rollschuhen (Jean-Hueges Anglade), der wiederum von Polizisten mit Namen wie Batman und Robin gejagt wird.
M Ä R C H E N L A N D
Dass die Pariser Metro nicht einfach irgendeine profane Untergrundbahn, sondern ein faszinierendes Reich voller Geheimnisse ist, hatte bereits Jean-Jaques Beineix mit seinem magischen Meisterwerk DIVA (1981) gezeigt. Der Film zeigte die französische Hauptstadt als ein glitzerndes Märchenreich und begründete nebenher mit dem "Cinéma du look" die wichtigste französische Kinorevolution seit dem Ende der Nouvelle Vague. Seit DIVA weiß der informierte Cineast auch, dass man sich auf den Rolltreppen der Metro am besten per Mofa bewegt. Vier Jahre später legte Luc Besson mit SUBWAY kräftig nach und bewies, dass man auch auf Rollschuhen wunderbar Rolltreppen fahren kann.
D I V A G O E S P U N K
Während DIVA den Zuschauer dank seiner einzigartigen Magie fast augenblicklich in seinen Bahn zieht, wirkt SUBWAY zu Beginn eine Spur weniger elaboriert und deshalb gewöhnlicher. DIVA ist Klassik und SUBWAY Straßenmusik. DIVA ist hohe Kunst und SUBWAY ist Punk. Der Zauber von DIVA schlägt sofort ein wie ein doppelter Espresso. SUBWAY entfaltet seinen unverschämten Charme langsam, aber unaufhörlich, wie eine große Tasse schwarzer Tee. DIVA bringt Briefträger zum Träumen und SUBWAY erweckt Tote zum Leben. DIVA war ein Meilenstein und trotzdem versank sein Regisseur Jean-Jaques Beineix mit dem Ende der 80er bereits wieder weitestgehend in der Vergessenheit. SUBWAY war ein kleiner Kultfilm und wenige Jahre später war sein Regisseur Luc Besson der erfolgreichste Regisseur Frankreichs und ein cineastischer Weltstar.
Wer DIVA sagt, muss auch SUBWAY sagen. Nie war 80er-Jahre Kult aus Frankreich schöner und charmanter, als in diesen beiden Filmen. Das Original mag noch eine Spur gediegener, als der Nachfolger sein. Lust auf wilde Erkundungstrips in der Metro machen jedoch beide Klassiker des Cinéma du look. Nur die alte deutsche DVD von SUBWAY präsentiert den Film in unwürdiger VHS-Qualität. Doch inzwischen gibt es von dem Kultfilm auch bereits eine Blu-ray, die sehr wahrscheinlich besser sein wird.