OT: Brestskaya krepost
KRIEGSFILM: RUS, 2011
Regie: Alexander Kott
Darsteller: Andrey Merzlikin, Pavel Derevyanko, Veronika Nikonova
Die Sowjetunion im Juni 1944. Russische Truppen werden im Schlaf vom Angriff der deutschen Wehrmacht in der Festung Brest überrascht und versuchen diese neun Tage lang zu halten.
Ein Antikriegsfilm sollte eines können um sich "Antikriegsfilm" nennen zu dürfen: Nämlich auf dem schmalen Grat zwischen objektiver historischer Betrachtung des Stoffes und subjektivem Blickwinkel eines oder mehrer Protagonisten zu balancieren. Er sollte nicht bewusst Partei ergreifen, denn das kann der Zuschauer (ausgestattet mit der Fähigkeit autonom zu denken und sich eine eigene Meinung zu bilden) selbst.
Einem Kriegsfilm aus Russland, der einen Angriff der deutschen Wehrmacht auf sowjetisches Staatsgebiet zum Thema hat, wird es - durchaus verständlicherweise - schwer fallen, eine gewisse Objektivität zu wahren.
Sturm auf Festung Brest hat den Titel "Antikriegsfilm" daher nicht verdient.
Die Handlung des Films lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen, genauso wie die Wirkungsweise des Films: Deutsche Soldaten dringen in die stalinistische Idylle der Sowjetunion ein und zerstören alles was sich ihnen in den Weg stellt. Dabei verteidigen heldenhafte und über jeden moralischen Verdacht erhabene russische Soldaten ihr Vaterland und sind stolz, wenn sie dabei den Märtyrertod sterben dürfen.
Beim Ansehen dieses Films stellte sich mir die Frage, ob es im heutigen Russland unter der Führung von Wladimir Putin jemals möglich sein wird die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und die Rolle der Roten Armee objektiv und authentisch aufzuarbeiten. Und ob es Filmemachern überhaupt möglich ist, diesem Anspruch gerecht zu werden und nicht der Zensur zum Opfer zu fallen.
Hier einige Beispiele die verdeutlichen wie (ja ich benutze dieses Wort jetzt) propagandistisch die Geschichtsschreibung in diesem Film dargestellt wird:
In der offiziellen Version heißt es bis heute, die russischen Soldaten hätten sich im Verlauf der Kämpfe um die Festung Brest nicht in Gefangenschaft begeben. Auch im Film wird an dieser Version festgehalten. Fest steht jedoch, dass Gefangenschaft an der Tagesordnung lag. 6000 der 9000 Soldaten gerieten in Gefangenschaft der Wehrmacht.
Im Film wird gezeigt, wie sich deutsche Soldaten in Uniformen der roten Armee in die Festung einschleichen. Dieses Ereignis hat niemals stattgefunden.
Am Anfang des Films erleben die Soldaten eine heftige Bombardierung durch die deutsche Luftwaffe. Zu dem im Film genannten Zeitpunkt wurde die Festung niemals bombardiert. Außerdem rücken im Film eine Menge Panzer auf die Festung vor. Panzer wurden jedoch niemals eingesetzt.
Es ist wirklich schade, dass der bittere Beigeschmack dieser verzerrten Darstellung der Ereignisse den gesamten Film überschattet und die Qualität des Films erheblich schmälert.
Denn gute Ansätze findet man in "Sturm auf Festung Brest" eine Menge. Nennswert zum Beispiel die Erzählung der Geschehnisse aus der Sicht eines Jungen (durch eine Stimme im Off). Durch diesen Blickwinkel drängt sich einem doch eine objektive Darstellung der Ereignisse förmlich auf, so wie es in "Der Junge im gestreiften Pyjama" schon exzellent funktioniert hat. Schade! Da hätte Regisseur Alexander Kott einiges draus machen können.
Positiv zu bewerten sind aber vor allem das solide Setting, die Kullissen und die guten Pyroeffekte. Auch schauspielerisch birgt der Film eine Menge Potential, das jedoch nicht ausgeschöpft werden kann.
Wer also in der Lage ist, sein Hirn auszuschalten und Lust auf ein Werk voller Explosionen und Feuergefechte, kurz solide Kriegsaction, hat kann hier ruhig zugreifen. Denn technisch ist Sturm auf Festung Brest auf der Höhe der Zeit und kann durchaus mit vergleichbaren (und mit höherem Budget gedrehten) Filmen mithalten.
Technisch befindet sich der russische Kriegsfilm "Sturm auf Festung Brest" auf der Höhe der Zeit. Leider versinkt man hier aber von Anfang an im Propagandasumpf. Wer jedoch auf solide Kriegsaction aus ist und sein Hirn für zwei Stunden abschalten möchte kann hier ruhig zugreifen.