THRILLER: GB, 1971
Regie: Sam Peckinpah
Darsteller: Dustin Hoffman, Susan George
Der amerikanische Mathematiker David Sumners (Dustin Hoffman) zieht mit seiner Frau Ami auf eine Farm in Cornwall. In der Abgeschiedenheit hofft er in Ruhe seiner wissenschaftlichen Arbeit nachgehen zu können. Doch der intellektuelle Kopfmensch hat die Rechnung ohne die hinterwäldlerische Dorfgemeinschaft gemacht, die den Städter misstrauisch beäugen und vom ersten Tag an mobben. Die Dinge spitzen sich sukzessive zu: Als Davids Frau vergewaltigt, ein Mädchen ermordet und ein Schuldiger gesucht wird, belagert der entfesselte Mob Davids Farm. Ein Blutbad kündigt sich an...
KRITIK:Wie viele der blutroten Gewalt-Epen des New Hollywood ist auch diese zentrale Arbeit von Sam Peckinpah als Replik auf Rassenunruhen und Vietnamkrieg zu sehen. Von der zeitgenössischen Kritik als "gewaltverherrlichend" missverstanden, wurde der Film mit Zensur belegt. Der vorliegenden ungekürzten DVD aus dem Hause EuroVideo gingen harte Verhandlungen mit der deutschen Bundesprüfstelle voraus, die sich schließlich vom künstlerischen Wert des Films überzeugen ließ und einer FSK-16-Freigabe zustimmte.
Dabei hat es der Film wirklich in sich. Peckinpah entwirft eine Atmosphäre des psychologischen Terrors, der sich kontinuierlich steigert, mit der berüchtigten Doppelvergewaltigung als erste Schlüsselszene. So mancher sich Filmkritiker schimpfender Seventies-Chauvi glaubte darin die Quittung für das sexuell "provokative" Verhalten von Davids Frau zu sehen;
getreu dem schwachsinnigen Macho-Motto, wonach Frauen selbst daran schuld wären, wenn sie vergewaltigt werden.
Ob sich Sam Peckinpah über diese Interpretation geärgert oder ihr stillschweigend zugeprostet hat, werden wir nicht mehr erfahren.
Ich vermute zweiteres, denn so manche Dialogzeile hört sich an, als hätte Eva "Frauen an den Herd" Herman am Drehbuch mitgeschrieben. "Wenn du mir helfen willst, mach die Küche sauber" herrscht der David wie selbstverständlich seine Frau an. Derartige Aussagen machen den Film unmissverständlich zu einem Dokument seiner Zeit.
Interessanter als sein gestriges Frauenbild ist die Radikalität und Konsequenz, mit der Peckinpah seine Geschichte erzählt. Dabei bedient er sich Motive des amerikanischen Backwood-Slashers ebenso wie des Italowesterns:
Die Dorfbewohner werden als vor-moderner, notgeiler, allein ihren Instinkten folgender Mob gezeichnet, dessen unberechenbares Verhalten von Anfang an auf Konfrontation ausgelegt ist: Bald merkt der Protagonist, dass er diesen Konflikt nur überleben kann, wenn er seine zivilisatorischen Werte über Bord wirft und selbst zu einem der titelgebenden "Stroh-Hunden" wird. (Erklärung siehe in den Kommentaren, danke @monomania :-).
Das finale Blutbad inszeniert Peckinpah dann als Schlag in die Magengrube des Zusehers,
dessen graphischer Einfallsreichtum in Sachen Tötungsszenen so manchen zeitgenössischen Slasher-Film in den Schatten stellt. Aua, hat weh getan.
Sam Peckinpahs STRAW DOGS: Düsterer Italowestern meets Backwood-Horror in New Hollywood. Die bluttriefende Mutter aller "Gewalt-erzeugt-Gegengewalt"-Filme, ist in positiver (seine brilliante Inszenierung) wie negativer Hinsicht (sein Frauenbild) ein interessantes und aufschlußreiches Dokument seiner Zeit. Jetzt erstmals ungekürzt und mit massig Bonusmaterial als aufwändige Doppel-DVD-Edition erhältlich. Wir verordnen Kaufpflicht!