FUN-SLASHER: Irland, 2012
Regie: Conor McMahon
Darsteller: Ross Noble, Tommy Knight, Gemma-Leah Devereux, John McDonnell
Auf dem Kindergeburtstag des kleinen Tom gibt der Clown Stitches seine letzte Vorstellung: Der Spaßmacher überlebt die bösen Streiche der kleinen Satansbraten nicht. Sechs Jahre später hat Tom sturmfrei und entschließt sich dazu, seinen sechzehnten Geburtstag mit einer großen Party zu begehen. Und er bekommt einen ungeladenen Gast. Stitches...
Von der zombifizierten BSE-Kuh zum untoten Killerclown.
Die erstere stammt noch aus dem Debütwerk des jungen, irischen Horror-Begeisterten Conor McMahon, welches kontextuell trefflich mit DEAD MEAT betitelt wurde. Wenn ich an diesen Film zurückdenke, sehe ich vor meinem geistigen Auge einen sympathischen Very Low Budget-Zombieflick mit starker Indie-Attitüde und drolligen Splattereffekten.
Der untote Killer-Clown. Das ist STITCHES. Acht Jahre nach DEAD MEAT McMahons zweiter abendfüllender Horrorfilm und im Vergleich zum Erstling ein Quantensprung in allen Belangen.
War DEAD MEAT quasi McMahons BAD TASTE, ist dies nun sein BRAINDEAD.
Nicht nur, dass das irische Regietalent für sein zweites Werk das gefühlt Zwanzigfache an Budget zur Verfügung stand - Nein, er ist auch bei den Majorlabels untergekommen. Doch sein STITCHES ist nicht wirklich angepasst, sondern beseelt vom guten (genre-kundigen) Fangeist seiner Macher und dem Mut zum lustig-groben Gekröse. Letzteres inklusive graphischem Schwanzabriss und fröhlichem Luftschlangenbasteln aus Darmschlingen. Nicht zu vergessen, das fatale Geschirrspülmaschinen-Malheur auf Toms Kindergeburtstag.
"Wenn ein Clown seine Vorstellung nicht beenden konnte, wird er nicht in Frieden ruhen können..."
So kehrt der böse Clown Stitches aus dem Jenseits zurück, um mit den mittlerweile zu Teenager mutierten Rotzlöffeln von damals abzurechnen. Und um für Irland ein weiteres Ausrufezeichen in Sachen Fun-Horror zu setzen. Nach GRABBERS, einem hochprozentigen Monsterspaß aus Belfast ist STITCHES nun schon der zweite schwerunterhaltsame und herrlich ironische Genre-Export, der binnen eines Jahres von der grünen Insel kommt. 2012 dürfte somit als das Jahr der irischen Party-Horrorfilme in die Geschichte eingehen.
Eine Party steht auch hier im Mittelpunkt. Tommys nun mehr 16. Geburtstag. Und im Gegensatz zu anderen Teenkill-Streifen werden die Teenager auch größtenteils von Teenagern gespielt. In STITCHES gibt es also keine Enddreißiger, die uns -wir erinnern schmunzelnd an Caroline Munro in SLAUGHTER HIGH- als noch schulpflichtige Mittelschüler verkauft werden. Allerdings bekommen wir die volle Palette an Klischeefiguren. Alles vertreten, was an der Earl-Cliché-Gesamtschule in Schuluniform so kreucht und fleucht. Vom Shy Guy, seiner Angebeteten, über den Notgeilen, dem Kiffer, dem Fettsack, dem Hosenscheisser bishin zur Schulmatratze und dem überheblichen Anwaltssöhnchen, alle dabei. Doch all diese (Stereo-) Typen werden von unbekannten, aber engagierten Nachwuchstalenten absolut liebenswürdig oder -falls es die Rolle erfordert- eben nicht liebenswürdig verkörpert, so dass STITCHES dieses Spiel mit dem üblichen Kaonenfutter nie zum Nachteil gereicht.
Dem High School-Milleu wird viel Platz eingeräumt. Was neben den obligatorischen Hormonschüben und Haschkeksen natürlich auch einiges an AMERICAN PIEsquen Zoten mit sich bringt. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache; ich jedoch fühlte mich angenehm an das Sodom und Gomorrah der eigenen Jugend zurückerinnert.
Doch dann und wann - meist natürlich während der irrwitzigen, köstlich überzogenen Splatterszenen - blitzt aber auch jener knochentrockene, schwarze Humor auf, den Peter Jackson so wunderbar beherrscht hat, bevor er zum KLEINEN HOBBIT wurde. Dann reicht STITCHES (8/10) beinahe, allerdings nur beinahe an den köstlich-schrägen Splatteranarchismus eines BAD TASTE (9/10) oder eines BRAINDEAD (10/10) heran.
Doch in seinen besten Momenten - und davon hat STITCHES durchaus einige - beweist er zumindest den Witz eines SHAUN OF THE DEAD, den Charme eines SATAN'S LITTLE HELPER, den Zynismus eines Freddy Krueger-Nachrufs zum Ableben eines seiner Opfer und viel Kreativität beim Töten...
Und als Leckerli obendrauf gibt es noch einen irgendwo zwischen bizarr, absurd und Baron Samedi rangierenden Beerdigungszug in die Clownsgruft. Dieses fast schon absurde, aber auch irgendwie beunruhigende Szenario, welches die Spaßmacher ins Zwielicht eines konspirativen, okkulten Geheimbundes rückt, macht schon jetzt Lust auf kommende Filme Mc Mahons, in denen er vielleicht etwas länger als hier die üblichen Pfade verlässt. Denn auch wenn STITCHES das alte Slasher-Thema mit frischem Elan, viel Spaß, und kübelweise augenzwinkernden Gore angeht; eine Revolution im Genre entfacht der ironisch mit den altbekannten Szenarien spielende Film nun auch wieder nicht.
Ein Mordsspaß ist er indes trotzdem. Für Leute wie unsereins, die den BAD TASTE quasi mit der Muttermilch per VHS aufgesogen haben. Aber auch für Menschen, die der dunklen Seite der Filmmacht noch nicht so hoffnungslos verfallen sind wie wir.
So wurde ich in meinem eigenen Heimkino Zeuge, wie eine bislang überzeugte Gore-Abstinenzlerin und dem intellektuellen Kino zugetanene Dame bei der Regenschirmmordszene -en detail ein Paradebeispiel an zynisch inszenierter, abstrus-lustiger Gewaltdarstellung!- laut gelacht hat. Der Untergang des Abendlandes dürfte also kurz bevorstehen.
Egal: STITCHES (der übrigens vom hierzulande wenig bekannten, aber in seinem Heimatland schwer angesagten britischen Stand-up-Comedian Ross Noble gespielt wird) hat Kultappeal und das Zeug zur nächsten großen Slasher-Serie.
In diesem Sinne: "Send in the clowns!"
Blood, Guts & Pappnasen! Aus Irland kommt der wohl lustigste und kultverdächtigste Schlitzerfilm seit Liebermans SATAN'S LITTLE HELPER. Wenn STITCHES, der böse Clown, Bäuche aufschlitzt, um aus Darmschlingen Luftschlangen zu basteln, bleibt kein Auge trocken. Wen, wenn nicht diesen FSK18-Spaßmacher, sollten sich Fun-Splatteristen, Slasherfans und Zirkusfreunde für ihren nächsten Kindergeburtstag mieten?