OT: Half Past Dead
ACTION: D/USA, 2002
Regie: Don Michael Paul
Darsteller: Steven Seagal, Morris Chestnut, Ja Rule, Nia Peeples
Steven Seagal wird undercover in ein neues Hochsicherheitsgefängnis geschleust, wo ein Goldräuber hingerichtet werden soll. Als eine Verbrecherbande das Gefängnis übernimmt, um den Aufenthaltsort des Goldes rauszufinden, muss Seagal die Bösewichter verkrüppeln und selbst rausfinden, wo das Gold ist.
Und Ja Rule läuft auch noch da rum und tut so als wäre er ein harter Hund...
Nach Seagals Auftritt im widerlich schlechten Filmmassaker TICKER, war es 2002 wieder allerhöchste Eisenbahn für einen richtigen Seagal-Film mit dem Meister aller Pomaden in der Hauptrolle. Und weil EXIT WOUNDS ein recht ordentlicher Erfolg beschieden war, durfte der mittlerweile speckige Aikidoka Seagal noch einmal die Leinwand mit seinem inzwischen schon imposant angewachsenen Körper füllen. Und man kommt nicht umhin sich Sorgen um die Gesundheit des einst so sehnigen Meisters zu machen. Gerade in den Nahaufnahmen fällt sofort das Gesicht eines Alkoholikers auf - speckig, aufgequollen, porig. Da kann man mal sehen, was das harte Partyleben mit - vermutlich - Schnaps, Koks und - sehr wahrscheinlich - 24 Stunden-Sexsklavinnen so aus einem macht.
Jedenfalls sollte der Erfolg von EXIT WOUNDS selbstverständlich wiederholt werden und junges Publikum kommt immer gut, warum also nicht mal wieder die Freunde des munteren Sprechgesangs ansprechen und Seagal wieder mit einem schwarzen Rapper zusammen in einen Film packen. Aber halt, Seagal und ein Schwarzer, das hätte es ja jetzt schon zum vierten Mal gegeben - nervig in ALARMSTUFE: ROT 2, gelungen in GLIMMER MAN und mäßig in EXIT WOUNDS. Um letzteren zu toppen, wurden für HALBTOT nicht nur ein Rapper gecastet, sondern gleich zwei - Ja Rule und Kurupt. Das verspricht so gar nicht großes Kino, aber man soll ja alles mal probiert haben.
Was zunächst auffällt ist, dass HALBTOT sich nicht entscheiden kann, was er eigentlich sein will. Gerade zu Beginn wechselt die Handlung zwischen Krimi, FAST AND THE FURIOUS'esquem Motorgedröhne, Thriller und stupider Action. Die unnötig komplizierte Handlung hilft da nicht wirklich weiter, ist sie doch so hanebüchen und bescheuert, dass es fast schon weh tut. Das fängt schon damit an, dass Alcatraz als Hochsicherheitsgefängnis der höchsten Stufe wiedereröffnet wird, der Eingangsbereich, in dem die Gefangenen eingewiesen werden, aber eher wirkt wie das Foyer eines Kinos. Das scheinen auch die Wachen so zu sehen, anders ist es schwer zu erklären, dass Seagal nach drei Sekunden bereits einen Wärter angreifen kann. Lustigerweise greift sein Kumpel Nick Frazier ein um ihm sofort zur Seite zu helfen. Aber als der dann von den Wärtern übel verprügelt wird, schaut Seagal lieber zu und lässt sich halbherzig von drei halben Portionen zurückhalten. Echt jetzt? Der Mann der in unzähligen bisherigen Filmen ganze Heerscharen von Verbrechern zerlegt hat, lässt sich von drei Wärtern aufhalten? Schlechter Einfall der Autoren - wobei sich sowieso die Frage stellt, wozu HALBTOT zwei Zweiergespanne Autoren gebraucht hat. Im Endeffekt ist es aber lustigerweise genau das, was ich von Seagal im echten Leben erwarten würde.
Ansonsten ist die Plotte um den Millionenraub und die Verbrecher die den Aufenthaltsort des Goldes erfahren wollen, an und für sich gar nicht so verkehrt. Aber mal ganz ehrlich, warum sollte die Bande um Johnson warten bis Lester auf Alcatraz sitzt – wir erinnern uns, dem Hochsicherheitsgefängnis - und ganz nebenbei noch kurz vor seiner Hinrichtung steht? Das hätten die Jungs und Mädels auch einfacher haben können. Davon abgesehen halte ich es für höchst uneffektiv jemandem der gerade auf den Elektrischen Stuhl geschnallt wurde, eine Knarre an den Kopf zu halten um Informationen zu verlangen. Wovor sollte der denn Angst haben? Erschossen zu werden, bevor er das Vergnügen hat gegrillt zu werden? Aber, es hätte schlimmer kommen können, immerhin gibt's keinen Wildblütensud und irgendwie mussten die Autoren die Verbrecher - also, nicht die Insassen jetzt - ja auf die Insel bekommen. Wer sich übrigens über die Ähnlichkeiten zu THE ROCK wundert, das Drehbuch zu HALBTOT wurde vorher geschrieben und das Projekt auf Eis gelegt, als dann der Film mit Sean Connery und Crazy Nicholas Cage ins Kino kam - eben auf Grund dieser Ähnlichkeiten.
Im Gegensatz zu THE ROCK hat HALBTOT jedoch Steven Seagal und das bedeutet jede Menge Kloppe für die bösen Buben. Auch wenn das ja seit einigen Filmen nicht mehr selbstverständlich ist - ja, ich meine dich THE PATRIOT, und dich auch TICKER. Seagal darf endlich mal wieder die Fäuste sprechen lassen und auf dämliche Wire Fu-Einlagen wurde zum Glück auch verzichtet. So zeigt er halbwegs brauchbares Aikido und schleudert der ein oder anderen Gegner durch Glasscheiben und verteilt nasenbrechende Faustschläge, wie man sie von Seagal gewohnt ist. Die Kampfszenen sind dabei doch recht ansprechend inszeniert aber arg harmlos - ordentlich verbogen wird hier niemand. Auch die Schießereien muten teilweise eher an wie einer Folge THE A-TEAM entsprungen. So viel wird geschossen, so wenig getroffen. Die FSK 16-Freigabe verwundert indes also nur, weil andere Seagal-Filme mit dieser Freigabe ungleich brutaler sind - GLIMMER MAN zum Beispiel.
Aber, alles halb so schlimm. Kommen wir lieber zu den wirklich üblen Dingen - Ja Rule. Wer dieses schauspielerische Fliegengewicht gecastet hat, gehört mit lebenslangem Berufsverbot belegt und mindestens eine Woche mit der Neunschwänzigen ausgepeitscht. Nicht mal mit ganz, ganz viel gutem Willen nehme ich dieser halben Portion ab, ein gut gehendes Autoschiebergewerbe zu betreiben. Ein Gesicht zum Zuschlagen - was vor allem die weibliche Kampfmaschine der Verbrecherbande Nia Peeples als 49er Six gerne tut - und ich habe mir jedes Mal gewünscht, sie würde ihn mal so richtig in seine Visage treffen. Ein dummer Gesichtsausdruck folgt dem nächsten und wenn man dann denkt, dümmer kann der nicht gucken, setzt er zur nächsten Grimasse an. Die Szenen mit Ja Rule gehören denn auch zu den schlimmsten, die der Film zu bieten hat. Ansonsten ist von akzeptabel bis Steven Seagal jede schauspielerische Leistungsklasse dabei - alles in allem also trotz Ja Rule noch akzeptabel.
In diesem Sinne: "Hey, how do I look?" - "Like a big-ass prom queen."
HALBTOT ist kein guter Film. Hoffnungslos unterbudgetiert, mit einer saudämlichen Geschichte, schlechten Dialogen und Ja Rules Schmockvisage. In gewisser Weise ist er aber trotzdem noch unterhaltsamer als andere Seagal-Filme. THE PATRIOT zum Beispiel und nach TICKER sowieso die reinste Granate. Denn zumindest schmeißt Seagal, der inzwischen aussieht wie ein abgehalfterter Alki und einige Kilo zu viel mit sich rumschleppt, wieder die Prügel raus. Und das sogar halbwegs ansprechend. Dazu wird viel geballert und Nia Peeples hüpft im hautengen Lederfummel durch die Kulissen. Hilft aber alles nichts - HALBTOT ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Letztlich also ganz okay für zwischendurch. Seagal-Komplettisten könnte es schlimmer treffen. Alle anderen können getrost einen Bogen um HALBTOT machen, ohne etwas zu verpassen.