OT: On Deadly Ground
ACTION: USA, 1994
Regie: Steven Seagal
Darsteller: Steven Seagal, Michael Caine, Joan Chen, John C. McGinley, R. Lee Ermey
Forrest Taft ist Feuerbekämpfungsspezialist und außerdem Ex-Eliteagent eines Geheimdienstes. Er arbeitet für eine Ölbohrfirma, bis er merkt, dass dieser die Umwelt völlig egal ist - wer hätt's gedacht.
Also startet er einen erbitterten Feldzug gegen die Umweltsünder, auf dem ihn nicht einmal Drogentrips und Grizzlybären aufhalten können...
Wir schreiben das Jahr 1994 und so langsam wird nun auch deutlich, dass der Erfolg seiner Filme nicht nur Seagals Bankkonto gefüllt hat, sondern auch die Bäckchen des Meisters. Wirklich gut in Form war er ja nicht mal zu Beginn seiner Karriere - was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass Aikido eine Kampfkunst ist, die nicht auf große körperliche Kraft als Grundlage setzt. Gut, ich gebe zu, in NICO und HARD TO KILL war er schon sehr drahtig, aber von durchtrainiert konnte noch nie die Rede sein. Van Damme und Norris zum Beispiel hatten als Karateka daher natürlich einen entsprechend muskulös-athletischen Körperbau, Schwarzenegger hatte als Bodybuilder riesige Muskelberge. Andererseits ist es dieses Aussehen, das ihn noch weiter von seinen Kollegen abgehoben hat und immer noch abhebt. Und irgendwie habe ich eh Gefallen dran gefunden.
Außerdem war er auch bei AUF BRENNENDEM EIS noch weit von der Kampfwurst entfernt, die sich heutzutage durch seine billigen Ost-Europa-Klopper doubeln lässt. Ganz vorbei war's jedoch mit seinem Ego. Der Trip auf dem der Beste bisher unterwegs war, war ja schon immer überirdisch, aber mit seiner Berufung zum Regisseur schien sich sein Größenwahn in neue, unbekannte Bahnen erhoben zu haben. Steven Seagal ist Forrest Taft. Forrest Taft ist Feuerwehrmann, Sprengmeister und der übelste, härteste Kerl den die Welt je gesehen hat. Ausgebildet von einer Einheit die so geheim ist, dass sie quasi nicht existiert - da kann selbst der EQUALIZER mit seiner popligen Geheimdienst-Ausbildung einpacken.
Schon zu Beginn wird deutlich, was für ein harter Kerl dieser Taft ist. Als ein Ölbohrturm lichterloh brennt, versucht die Betriebsfeuerwehr was sie nur kann um die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Vergeblich. Doch Gott seis gedankt, sie alle können einpacken und nach Hause gehen, denn (Lauf) Forrest (Lauf) Taft löst das Problem locker-flocking zwischen zwei lässig im Mundwinkel hängenden Zigarillos. Wenn Seagal da nicht noch mal am Drehbuch rumgepfuscht hat, fress ich einen Besen mit Stiel.
Ich will ihm ja jetzt gar nicht unterstellen für die schwülstigen, peinlichen Ökobotschaften, die einem platitüdenhaft um die Ohren fliegen, verantwortlich zu sein – auch wenn das mehr als wahrscheinlich ist. Aber einen großen Einfluss auf die Zelebrierung seines Halbgott-Statuses mit der Lizenz zum Handgelenksbruch™ hatte er mit Sicherheit. Was ja auch gar kein Problem ist, denn was wäre ein Seagal-Film ohne Größenwahn und Arroganz? Eben, kein Seagal-Film. Kommen wir also direkt noch mal auf die Ökobotschaften auf PETA-Niveau zu sprechen.
Es ist ja durchaus ein hehres Anliegen, sich für den Umweltschutz stark zu machen und wenn ein Actionfilm es schafft neben guter Unterhaltung noch dafür zu sorgen, dass sich wenigstens ein guter Teil der Zuschauer seine Gedanken über das Gesehene macht, dann bin ich der letzte, der sich beschwert. Aber plakativer und härter könnte einem nicht mal Bud Spencer mit seinem berühmten Dampfhammer das Ökogeschwurbel einprügeln. Die gewünschte Wirkung dürfte so mit Sicherheit im Sande verlaufen, der Unterhaltungswert jedoch steigt enorm. Wenn Taft etwa am Ende seine eindringliche - hust, hust - Rede hält und davon schwafelt, dass die Ölkonzerne unseren Planeten ausbeuten und die Natur zerstören, dann fragt man sich im Rückblick, wieso er mit einem Chevrolet Suburban durch die Gegend karrt. Immerhin ein Fahrzeug, das locker 8 bis 10 Personen Platz bietet und gut und gerne 30 Liter auf 100 Kilometer schlucken dürfte. Die Ökobotschaft verschwindet also weitestgehend zwischen dämlichen Phrasendreschereien und sonstigen Peinlichkeiten.
Macht aber nichts, wir sind ja schließlich nicht hier um Blumen zu essen und den Planeten zu retten. Wir wollen uns am voranschreitenden Wahnsinn Seagals erfreuen und was das angeht, hat AUF BRENNENDEM EIS so einiges zu bieten. Da wäre zum einen die Bar-Keilerei relativ zu Beginn des Films - unvermeidlich, schließlich ist der Laden voll von Typen die einfach ein paar aufs Maul verdienen - die doch tatsächlich in einer lockeren, aber doch schmerzhaften Runde Händeklatschen endet. Inklusive der tiefgründigen aber eher rhetorischen Frage "Wie lange braucht ein Mann um sich zu ändern?!". Herrlich - da haben wir in lockeren 10 Minuten schon mal alles durch was das Seagal Fan-Herz braucht: Irrsinn, Trash, gebrochene Handgelenke und pomadierte Haare. Im weiteren Verlauf erlebt Taft eine Art Schwitzhütten-Fiebertraum, ringt mit einem Bären, überlebt eine Explosion die selbst den Terminator zerlegt hätte und baut sich aus einer Plastikflasche einen perfekten Schalldämpfer.
Langweilig wird es also kaum, der Trashfaktor ist verdammt hoch. Lediglich die Traumsequenz hätte es in der Ausführlichkeit nicht gebraucht. Ohne wäre aus AUF BRENNENDEM EINS ein wirklich kompakter Actionreißer geworden. Denn, und das mag eigentlich gar nicht denken, Seagal ist als Regisseur nicht die größte Niete. Die Goldene Himbeere als schlechtester Regisseur kann ich persönlich jedenfalls nicht nachvollziehen. Klar, all das oben Geschriebene mag einen anderen Eindruck erwecken, aber im Endeffekt ist AUF BRENNENDEM EIS nicht wirklich schlechter inszeniert als andere frühe Seagal. Die Action im Finale ist überzeugend und in der Barszene spielt Seagal sogar kurz mit den Erwartungen der Zuschauer - ein netter kleiner Kniff, den ich ihm so definitiv nicht zugetraut hätte. Wenn man ihm denn etwas vorwerfen wollte, dann definitiv das schwülstige Ökogefasel und der schreckliche Abschluss mit seinem "Rettet die Wale"-Monolog.
Was die Gewalt betrifft nimmt sich AUF BRENNENDEM EIS relativ harmlos aus. Zwar wird das ein oder andere Handgelenk gesprengt und blutige Nasen und jede Menge erschossene Handlanger finden sich zu Hauf. Ebenso wie eine Folterszene - schließlich muss Forrest Taft ja was zu rächen haben. Allerdings ist das meistens nicht sehr explizit - vor allem von der Folterung zeigt Seagal kaum Details und deutet eher an. Die Kneipenschlägerei ist im Vergleich zur Kneipenschlägerei in DEADLY REVENGE geradezu harmlos was blutige Details betrifft – und, das gebe ich gerne zu, schlechter inszeniert. Seagal zeigt sich aber dennoch von seiner übertrieben-harten Seite - will heißen, die Typen die er in der Bar zerlegt sind allesamt dumme Arschlöcher, aber sie deswegen gleich durch Glasscheiben zu schmeißen und den ganzen Laden zu zerlegen ist schon etwas viel des Guten. Wobei gerade DEADLY REVENGE ja zeigt, was mit richtig bösen Jungs passiert, die ihm über den Weg laufen.
Für vor die Kamera konnte Seagal wieder einige mehr oder wenige große Stars bekommen. Nicht weiter verwunderlich, immerhin spielten in ALARMSTUFE: ROT Tommy Lee Jones und Gary Busey mit. Für AUF BRENNENDEM EIS konnte der Meister Michael Caine als Oberschurke gewinnen. Der wirkt in seiner Rolle ein wenig unterfordert, überzeugt aber als fieser, schmieriger Ölmagnat. John McGinley, der seine größten Tage als Dr. Cox in der Serie SCRUBS hatte, glänzt als Handlanger, der vor nichts zurückschreck - außer vielleicht Steven Seagal. Dass er kein großes Kino abliefert dürfte klar sein, aber ich mag McGinley in solchen Rollen, weil er trotzdem überzeugt. Zu Seagal selbst gibt es nicht viel zu sagen. Egal ob er mit einem Bären ringt oder einen brennenden Bohrturm sprengt, das Gesicht sitzt. Die Haare dank Unmengen an Pomade ebenso. Alles beim Alten also. Joan Chen hat als Seagals Geliebte nicht viel zu tun - außer die Taschen und die Munition zu tragen, Seagal verwechselt seine Frauen ja gerne mal mit Mulis - spielt aber ordentlich.
In diesem Sinne: „Er ist einer von den Burschen, die du nur im Minislip und ohne Zahnbürste am Polarkreis aussetzen könntest, und am nächsten Nachmittag taucht er mit einer Handvoll Pesos und einem strahlenden Lächeln an deinem Swimmingpool auf.“
Steven Seagal mit Ökobotschaft. Das ist doch mal was. Im Endeffekt genauso heuchlerisch wie sein penetranter Zen-Buddhismus. Denn trotzdem fährt er Autos die halbe Ölraffinerien leer saufen und zerlegt Leute im Sekundentakt. Dennoch bietet AUF BRENNENDEM EIS genug Action und trashige Steven Seagal-Momente um das extrem plakative Ökogeschwurbel zumindest erträglich zu machen. Recht solide inszeniert und mit einem Seagal im Egoboost-Modus liefert das immerhin ganz nette Unterhaltung für zwischendurch.