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Squillo

Squillo

GIALLO: ITALIEN, 1996
Regie: Carlo Vancina
Darsteller: Raz Degan, Jennifer Driver, Paul Freeman, Bianca Koedam

STORY:

Ein Bauernhof in Polen. Im Fernsehen laufen gerade die Nachrichten. Die Berliner Mauer ist gefallen. Die bildschöne Eva freut sich. Cut. Eva ist auf einmal völlig aufgestylt und bewohnt ein Luxusapartment in Mailand. Dort bekommt sie Besuch von ihrer ebenfalls schönen, aber reichlich naiven Schwester Maria. Der erklärt sie, dass sie als Dolmetscherin tätig ist. Das Telefon klingelt. Eva muss sofort zu einem Geschäftstermin in ein Hotel. Sie stylt sich noch mehr auf und verlässt das Haus.

Als Eva am nächsten Morgen noch nicht wieder zurück ist, macht sich Maria Sorgen. Sie geht zu dem Hotel und erkundigt sich dort nach ihrer Schwester. Da man ihr dort jedoch nicht weiterhelfen kann, geht sie anschließend zur Polizei. Der Polizist Toni klärt Eva darüber auf, dass "Dolmetscherin" die Tarnbezeichnung für Callgirls sei, und meint, dass Eva schon wiederkäme. Nun beginnt Maria auf eigene Faust zu ermitteln, indem sie in die Rolle ihrer Schwester schlüpft. Kurz darauf wird ein Callgirl, dass in der besagten Nacht mit Eva zusammengearbeitet hatte, ermordet. Jetzt nimmt Toni Maria endlich ernst und geht davon aus, dass auch Eva ermordet wurde. Er schlägt Maria vor, weiterhin die Rolle ihrer Schwester zu übernehmen, um den Täter zu finden. Er selber bleibe dabei immer in ihrer Nähe und halte jederzeit Funkkontakt. Maria willigt ein und das gefährliche Spiel beginnt...

KRITIK:

Der Regisseur Carlo Vanzina hatte mit MYSTERE und NOTHING UNDERNEATH zwei der besseren Gialli der 80er Jahre gedreht. Und da bekanntermaßen aller guten Dinge drei sind, wendet er sich mit SQUILLO gut zehn Jahre später erneut dem Genre zu. Doch ist auch sein dritter Giallo wirklich gelungen?

Zunächst einmal fällt positiv auf, dass es sich bei SQUILLO im Gegensatz zu vielen anderen Gialli der 90er Jahre nicht um einen Fernsehfilm, sondern um einen Kinofilm handelt, dem man sein angemessenes Budget durchaus ansieht. Auch konnte für die Filmmusik, wie schon bei NOTHING UNDERNEATH, erneut der Komponist Pino Donaggio gewonnen werden. Und wer Vanzinas erste beide Gialli gesehen hat, dem fällt sofort auf, dass er mit SQUILLO ganz offensichtlich versucht hat, nahtlos an seine alten Erfolge anzuknüpfen. Aber genau hier beginnt das Problem.

Tatsächlich wirkt Vanzinas dritter Giallo, als hätte der Regisseur alle seine Ideen für die ersten beiden Filme in ein Glas gekippt und dann einmal kräftig geschüttelt, nicht gerührt, und fertig war SQUILLO.

So kennt man bereits aus NOTHING UNDERNEATH das ungleiche Geschwisterpaar aus der ausländischen Provinz, bei dem die Schwester nach Mailand geht, um dort das schnelle Geld zu machen. Und in beiden Fällen verschwindet diese Schwester bereits nach kurzer Zeit in dem dortigen gesellschaftlichen Sumpf, worauf dann ein geschwisterliches Provinzei versucht, der Sache auf die Spur zu kommen.

Noch offensichtlicher sind die Bezüge zu Vanzinas Giallo-Debüt MYSTERE. Das fängt bereits bei der Titelgebung an: MYSTERE ist der Name einer Edelprostituierten und SQUILLO bedeutet ganz schlicht "Callgirl". Doch auch damit fangen die Gemeinsamkeiten beider Filme erst an. So wie MYSTERE sich mit dem FBI-Mann Inspektor Colt (!) zusammengetan hatte, so bildet jetzt Maria zusammen mit dem Polizisten Toni ein Team. Und beide Male führt dies über anfängliche Probleme und ähnliche Konflikte mit der offiziell ermittelnden Polizei zu einer ähnlichen Entwicklung.

Aber auch damit ist noch immer nicht genug: Vancina war von seinen ersten beiden Gialli anscheinend so sehr überzeugt, dass er auch noch unbedingt deren offensichtliche Schwächen übernehmen musste. So fällt nach MYSTERE auch SQUILLO trotz einer Prostituierten als Hauptdarstellerin erneut erschreckend keimfrei aus. Und wie bereits NOTHING UNDERNEATH kommt auch SQUILLO erst im letzten Drittel so richtig in die Gänge, wobei das allgemeine Spannungsniveau in SQUILLO noch niedriger ist.

Stilistisch kann man über die drei Filme hinweg eine Entwicklung hin zu einem verstärkten Realismus ausmachen. Der zeigt sich bei SQUILLO aber leider auch in Form von recht nüchternen Bildern. Dazu kommt, dass Pino Donaggios Score für diesen Film selten uninspiriert wirkt. Die Schauspieler können auch nicht wirklich überzeugen und das Drehbuch ist eindeutig zu konstruiert.

MYSTERE funktionierte wie eine Art modernes Märchen, bei dem man sich über die Logik der Handlung keine unnötigen Gedanken machen musste. Doch aufgrund des verstärkten Realismus von SQUILLO, stören die gewaltigen Plotlöcher, die sich in dem Film auftun, umso mehr. Und wo in NOTHING UNDERNEATH die Arroganz und die latente Ausländerfeindlichkeit der Mailänder meist in witzigen Nebensätzen angedeutet wurde, hämmert sie uns Vanzina in SQUILLO mehrfach penetrant ein.

Aber trotz allem: wer mit Vanzinas ersten beiden Gialli etwas anfangen konnte, der sollte es vielleicht auch einmal mit SQUILLO versuchen. Denn all die vielen Wiederholungen bedeuten eben auch, dass sich in diesem Film viele der Elemente wiederfinden, durch die MYSTERE und NOTHING UNDERNEATH so unterhaltsam geworden sind.

Squillo Bild 1
Squillo Bild 2
Squillo Bild 3
Squillo Bild 4
Squillo Bild 5
FAZIT:

Für seinem dritten Giallo SQUILLO bedient sich Carlo Vancina ungeniert bei deren Vorgängern MYSTERE und NOTHING UNDERNEATH. Auch ansonsten wirkt der Film so, als ob der Regisseur inzwischen von leichten Ermüdungserscheinungen geplagt wird. Das Ergebnis ist eine leicht fade, lauwarme Mahlzeit, die aufgrund der vielen bewährten Zutaten aber letztendlich doch ganz gut schmeckt.

WERTUNG: 4 von 10 Observierungen mit dem Babyphon
Gastreview von Gregor_Torinus
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