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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Spurlos

Spurlos

OT: Sans laisser de traces
THRILLER: FR, 2010
Regie: Grégoire Vigneron
Darsteller: Benoît Magimel, François-Xavier Demaison, Julie Gayet, Léa Seydoux

STORY:

Manager Étienne steht an einem für seine Karriere wichtigen Wendepunkt: Der Chefsessel wird bald neu besetzt und Étiennes Karten stehen nicht schlecht. Es könnte alles so gut laufen, wären da nicht diese dunkle Schatten aus der Vergangenheit, die Étiennes Gewissen bedrücken. Eine zufällige Begegnung mit einem alten Jugendfreund, ein gemeinsamer Untrunk und Étienne befindet sich plötzlich inmitten eines Alptraums, aus dem es kein Erwachen zu geben scheint ...

KRITIK:

Ja, ja das Arbeitsleben. Hier wird mit harten Bandagen gekämpft. Und wer nach oben will, muss über Leichen gehen. Sagt man. Weshalb ausgerechnet die Franzosen das aber immer wörtlich nehmen und in Filme verpacken müssen, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen.

Es ist jetzt zwar schon eine Weile her, dass Costa-Gavras in Die Axt einen frustrierten Ex-Manager auf potentielle Konkurrenten die zwischen ihm und seinen Traumjob stehen könnten, los gelassen hat, aber glaubt man dem Bild das "Spurlos" gleich zu Beginn zeichnet, hat sich seitdem nicht wirklich viel geändert. Je höher man kommt, desto dünner wird die Luft. Gleich zu Beginn sieht man einige Führungskräfte und Topmanager bei einem netten Meeting, in dem darüber gesprochen wird wie man die Bilanz am Besten aussehen lassen könnte.

Der Umgangston wirkt zwar höflich, aber auch scharf. Und alles scheint sich nur um den Profit zu drehen. Nackte Zahlen, mehr nicht. Und mittendrin: Étienne (Benoît Magimel, Die Klavierspielerin). Einer, der es geschafft zu haben scheint. Jung, erfolgreich, tolles Haus, schöne Frau, schnittigen Wagen. Alles was dazugehört. Nun ja, fast alles. Ein Platz auf dem Chefsessel wäre halt nicht schlecht.

Aber wie es nun mal so ist: Kaum ist das lang ersehnte Ziel zum Greifen nah, beginnt man sich selbst zu sabotieren. Kein Wunder, hat sich Étienne doch nicht immer mit ganz sauberen Mitteln bis nach oben gekämpft.

Und ausgerechnet in dieser Situation trifft Étienne einen alten Jugendfreund wieder. So erfolgreich Étienne auch im Berufsleben sein mag, Freunde scheint er nicht sonderlich viele zu haben. Vielleicht auch deshalb, weil potentielle "Freunde" immer auch Konkurrenten sind. Umso erfreuter ist Etienne deshalb, als er Patrick Chambon (François-Xavier Demaison) wieder trifft. Sofort herrscht zwischen den Beiden wieder ein Vertrauen, das Étienne unvorsichtig werden lässt. Und dann führt eins zum anderen.

Und aus dem streckenweise recht bissigen Porträt eines Managers am Scheideweg wird plötzlich eine Art kafka-light Alptraum. Und ehe man sich versieht wird aus dem Alptraum ein Thriller. Und dann weiß man überhaupt nicht mehr, wohin die Reise geht.

Was den weiteren Verlauf der Handlung betrifft, möchte ich nicht zu viel erzählen. Eben weil die Stärke von "Spurlos" eben genau darin liegt, dass der Zuschauer nicht weiß, wie es weitergeht. Eine Wendung folgt der nächsten, ein "Schock" auf den anderen. Verschiedene Figuren tauchen auf, ihre Motive bleiben anfangs meist im Dunkeln. Und entpuppen sich im Endeffekt dann oftmals anders als erwartet. "Spurlos" möchte den Zuschauer an der Nase herumführen und legt auch gerne mal falsche Fährten. Das gelingt dem Film überraschend gut. Das Spiel mit dem Schein und dem Sein macht Spaß und ist zudem auch noch verdammt spannend.

Außerdem muss man dem Film zugute halten, dass er nicht nur storymäßig dem Zuschauer gerne in die Irre führt, sondern auch im allgemeinen. Vieles wird nur angedeutet, manches wird nicht erklärt, und das meiste wird erst einmal gezeigt und erst nach und nach erschließen sich die Zusammenhänge, manchmal aber auch nur bruchstückhaft.

So was muss man mögen, um "Spurlos" genießen zu können.

Außerdem sollte man als Zuschauer auch keine Aversion gegen geleckte Managertypen haben. Denn genau so wirkt Étienne zumindest zu Anfang. Hinzu kommt, dass er auch ziemlich überheblich sein kann. Also nicht gerade die einfachste Identifikationsfigur.

Natürlich stellt sich die Wahrheit als weitaus differenzierter dar. Étienne ist auch nur ein Mensch. Und eigentlich gar nicht mal so ein schlechter. Sicher, er ist oft ziemlich egoistisch, aber sind das nicht die meisten?

Was die Inszenierung betrifft, so wirkt "Spurlos" meist kalt und distanziert. Wohl auch um das Milieu, in dem der Film spielt zu unterstreichen.

Spurlos Bild 1
Spurlos Bild 2
Spurlos Bild 3
Spurlos Bild 4
Spurlos Bild 5
FAZIT:

Eigentlich ist es nur mehr ein kleiner Schritt: Der Chefsessel ist für Étienne zum Greifen nahe. Aber dann kommt alles anders als geplant und die smarte Nachwuchsführungskraft sieht sich plötzlich mit Dingen konfrontiert, die sich, ungewohnt für Étienne, mit Geld alleine nicht so einfach aus der Welt schaffen lassen.

Spurlos ist ein spannender, in seinen besten Momenten fast schon alptraumhafter Thriller, der mit falschen Fährten und überraschenden Wendungen punkten kann. Klar wirkt das alles auf die Dauer schon etwas konstruiert, aber dafür bleibt es bis zum Schluss spannend.

WERTUNG: 7 von 10 gezückten Scheckbüchern
TEXT © Gerti
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