OT: Spring
BODY HORROR ROMANCE: USA, 2014
Regie: Justin Benson , Aaron Moorhead
Darsteller: Lou Taylor Pucci, Nadia Hilker, Francesco Carneluti, Nick Nevern
Nach dem Tod seiner Mutter nimmt sich der junge Amerikaner Evan eine Backpacker-Auszeit in Bella Italia. Dort begegnet ihm die geheimnisvolle Schönheit Louise. Er verliebt sich in die lebenslustige, intelligente, junge Frau. Nichts ahnend, dass Louise nicht von dieser Welt ist ...
Die Liebe zu einem dämonischen Geschöpf wurde bereits in einem kindlicheren, aber nicht unblutigeren Rahmen im superben skandinavischen Vampirfilm SO FINSTER DIE NACHT thematisiert. Etwas kruder und bizarrer dann die Abhandlung in Vincenzo Natalis Gen-Horror SPLICE, weil dort Adrien Brody von einem Wesen sexuell angezogen wird, welches nur noch sehr vage humanoide Züge trägt. Am ehesten vergleichen lässt sich SPRING - auch was die Dramaturgie und der Verzicht auf allzu oberflächliche Effekthascherei anbelangt- mit dem übersehenen kanadischen Horrorfilm WHITE SKIN, wo sich der junge Protagonist in einen waschechten, männerfressenden Sukkubus verliebt. Die natürlichste und romantischste Lovestory von allen Genannten erzählt aber SPRING.
SPRING ist der zweite Spielfilm des jungen Filmemachergespanns Benson und Moorhead nach ihrem Debüt RESOLUTION. Zuletzt erschienen sie mit einem Beitrag zum letzten Teil der coolen wie bizarren Found Footage-Trilogie V/H/S auf der Bildfläche. Mit SPRING haben sie eine Herzensangelegenheit verwirklicht. Eine Liebesgeschichte. Da die beiden Herren aber vor allem den Horrorfilm im Blut haben, mischen sie ihren Linklater mit Lovecraft.
Die Optik der Wahl ist Digital Video. Aaron Moorhead führt die Kamera aber so ambitioniert, dass SPRING niemals einen billigen Eindruck hinterlässt. Bisweilen fängt er prächtige atmosphärische Bilder zwischen Weinlokalen, bäuerlicher Idylle und alten voller Staub und Mumien steckender Ruinen ein.
Währenddessen räumt sein Kollege und Drehbuchautor Benson der Einführung seiner Charaktere viel Zeit ein. Frank (DIE ANGST SITZT NEBEN DIR) Trebbin ist dabei vor Langeweile fast eingegangen; der mehr cineastisch angehauchte Kollege von critic.de war davon schon angetaner. Tatsächlich verrät die unaufgeregte Erzählweise viel über die Intention der Filmemacher, nicht nach den üblichen Spielregeln des Horrorfilms zu spielen. Benson und Moorhead liegen die Figuren am Herzen; nicht der Splatter und auch nicht der plumpe Spannungsmoment. SPRING erzählt seine Liebesgeschichte nicht nur als Mittel zum Zweck und setzt seine Horrorelemente nicht plakativ, sondern angenehm akzentuiert ein. Was ihn erwachsener macht; ihn deutlich vom allgemeinen Popcorn-Horrorkino abgrenzt, aber gleichzeitig für jede bierselige Splatterfilmparty im Voraus disqualifiziert.
Nach dem bedrückenden Anfang wechselt SPRING in den Wohlfühlgang. Doch die unbeschwerte Urlaubsromanze wird immer mal wieder von kurzen, widerlichen Einstellungen von kriechenden Raupen oder verwesenden Tierkadavern konterkariert. Obgleich SPRING nie auch nur annährend in derselben Sicko-Liga wie MELANCHOLIE DER ENGEL spielt (und auch nicht spielen will), erinnert er in diesen Momenten vage an Marian Doras berüchtigt-krankes Manifest.
Eine Entdeckung, die Hauptdarstellerin. Die bezaubernde und erfrischend natürlich wirkende Münchnerin Nadia Hilker brilliert in ihrem Part zwischen lebenslustiger Studentin und nach Blut gierender Monstrosität. Ebenso wie es der Film selbst brillant versteht, zwischen seinen Ebenen gradzuwandeln. Hier harmonieren eine Lovestory und ein Körperhorrorfilm ohne Reibungsverluste. Wobei bei genauerem Hinsehen -trotz Tentakel und fauligem Fleisch- nicht etwa der Horrorfilmanteil überwiegt. Falls man sich auf dieses Rendezvous einlassen möchte, sollte dies im Vorfeld bedacht werden.
Zugegeben; auch ich hatte mir die Verabredung von Urlaubsromanze und Körperhorror etwas anders, vielleicht bizarrer, widerlicher, bedrohlicher und einen Ticken spannender vorgestellt. Am Ende war ich dennoch von der Schönheit dieses Dates überrascht - und angetan.
Das Filmemachergespann Benson und Moorhead (RESOLUTION, V/H/S: Viral) zeigt uns in SPRING was passiert, wenn Mister Body Horror eine Love Story an einem lauen, italienischen Frühlingsabend zum romantischen Wein-Rendezvous ausführt. Große Liebe und Mutationen dezent Lovecraftianischem Coleurs im Ferienidyll. Zu feel good und subtil für eure nächste Splatterfilmparty, zu slimy bisweilen für eure kleine Freundin. Jedoch ein lohnenswertes Rendezvous für den romantisch veranlagten Horrorfan, der eine nette Liebesgeschichte zu schätzen weiß und nicht gleich zahlen will, wenn ihm nicht von Filmminute Eins ab die Kutteln um die Ohren fliegen.