DRAMA: Deutschland, 2004
Regie: Marco Kreuzpaintner
Darsteller: Robert Stadlober, Kostja Ullmann, Alicja Bachleda-Curus
Tobi (Stadlober) und Achim (Ullmann) erleben gemeinsame Abenteuer, tauschen
sich über erste sexuelle Erfahrungen mit Mädchen aus, betreiben gemeinsam
Sport, haben Spaß und wichsen sogar um die Wette. Tobi und Achim sind die
besten Freunde.
Mit dem Ruderclub RSC brechen sie ins Zeltlager auf. Hier soll nicht nur
hart für den baldigen Ruderwettkampf trainiert werden, sondern auch die
sexuellen Erfahrungen ausgebaut werden, Achim mit seiner Freundin Anke, und
Tobi mit Freundin Sandra. Doch dieser interessiert sich nicht für Sandra, er
hat andere Gefühle. Und als sich eine Berliner Schwulen-Mannschaft namens
"Queerschlag" am anderen Ufer niederlässt, fühlt sich Tobi der Männergruppe
angezogen
Welch' schöner, ruhiger Film! Er zeigt jene Phase eines Heranwachsenden, die
jeder von uns einmal durchmachen musste: die erste Freundin/der erste
Freund, der erste Kuss, das erste Mal, das Verrücktspielen der Gefühle, der
Hormone, eine Sturm-und-Drang-Zeit so zusagen. Und in diesem Fall spielt
auch die Homosexualität-Thematik eine sehr wichtige Rolle, denn die
Hauptfigur Tobi, von Roland Stadlober gut gespielt, ist schwul.
Doch hier hat man es nicht mit einem notgeilen Flachwichser oder einer überdrehten
Tunte zu tun. Nein, die Hauptfigur ist real, eine Person wie du und ich. Mit
Problemen, die wie gesagt jeder von uns schon einmal erlebt hat. Und das ist
schön, vermittelt dieser Film doch endlich einmal das echte Bild eines
Homosexuellen. Dass es zum Beispiel nicht einfach ist, sich zu outen und man
sich selbst dabei immer wieder im Weg steht, weil man Angst hat, vor seiner
Umwelt nicht akzeptiert zu werden bzw. weil man es sich selbst nicht
eingestehen will, oder dass es sich bei Homosexuellen nicht um sensible,
frauliche Obertunten handelt und, was mir besonders wichtig erscheint: Die
Gleichwertigkeit von Gefühlen, egal zu welchem Geschlecht, egal welcher
sexuellen Neigung.
Tobi befindet sich also in einem Gefühlsschwall, seine Gefühle zu Armin sind
sehr stark, jedoch traut er sich nicht, seine Gefühlwelt preiszugeben. Und
auch vor den anderen wagt es nicht, sich zu outen, was zu Missverständnissen
führt, da er sich immer mehr in Widersprüche verwickelt und damit auch
Gefühle verletzt, wie die von "Freundin" Sandra.
Schön, dass hier kaum mit Klischees gespielt wird. In der Truppe
"Queerschlag" befinden sich zwar auch ein paar bunte Vögel, aber die
Personen werden nie überzeichnet dargestellt, sondern echt und kritisch
dargestellt. Und die Skeptiker im SCR haben ebenso ihre Vorurteile bezüglich
dieser Gruppe, die weit verbreitet sind. Hier macht sich auch das
Stadt-Land-Gefälle bemerkbar: Während Berlin sogar eine eigene
Schwulenmannschaft hat, traut sich der Tobi vom Land nicht, seine Sexualität
zu offenbaren.
Und das alles, Tobis Feigheit, die schwulen Queerschläger und
die SCR vermengen sich gegen Schluss zu einem richtigen Gewitter, bei dem
schließlich alle unter einem Dach landen. Und hier offenbart sich meiner
Meinung nach die einzige Schwachstelle des Film: der Schluss, die letzten
Minuten. Sie fallen etwas vom Niveau ab. Das Happy-End stimmt den Zuseher
zwar fröhlich, doch wirkt das Schlussgeschehen eher konstruiert und banal,
irgendwie einfallslos.
Trotzdem bin ich beeindruckt. Es tut gut, endlich einen Film zu sehen, der
sich nicht nur Klischees bedient, und mit Klamauk auf tiefem Niveau
dahingrundelt, also weit abseits von "Traumschiff Surprise", das ich
verweigert habe. Gesamt gesehen passt alles
zusammen: gute Schauspieler, tolle Kamera und Kulisse, einfühlsame
Behandlung des Themas. Ansehen!
Ich appelliere an alle, diesen Film zu sehen, denn es handelt sich dabei um ein einfühlsames, herzerwärmendes Teenagerdrama!