OT: 6 Bullets
ACTION: USA, 2012
Regie: Ernie Barbarash
Darsteller: Jean-Claude Van Damme, Joe Flanigan, Anna-Louise Plowman, Charlotte Beaumont
Der ehemalige Fremdenlegionär Simon Gaul hat sich in Moldawien zur Ruhe gesetzt und betreibt eine Metzgerei. Nebenbei allerdings rettet er Kinder gegen Bezahlung aus den Fängen von Menschenhändlern. Der ehemalige MMA-Champion Anrew Fayden kommt nach Moldawien um sein Comeback zu starten. Da wird seine Tochter Becky entführt und soll an einen arabischen Geschäftsmann verkauft werden. Simon Gaul ist ihre einzige Hilfe, doch der ist nach einem tragischen Zwischenfall bei einer seiner Rettungsaktionen dem Alkohol verfallen. Wird er es schaffen Becky zu retten?
Was Keoni Waxman für Steven Seagal ist, so scheint mir, ist Ernie Barbarash für Jean-Claude Van Damme. Ein fähiger Regisseur, der das Maximum aus einem gealterten Actionstar herauszuholen vermag. Aber während Waxman hauptsächlich damit beschäftigt ist zu kaschieren, dass Seagal inzwischen aussieht wie ein von Gicht gebeutelter Fettsack, und seine kreative Energie investieren muss um zu kompensieren, dass Seagal kaum am Set ist, hat Barbarash es deutlich besser. Mit Van Damme hat er einen fähigen Akteur am Start, der nicht nur schauspielern kann, sondern seinen Körper noch immer in Form hält, und der dadurch auch in Actionszenen eingesetzt werden kann.
Van Dammes verquollenes Gesicht und sein trainierter Körper passen sehr gut zusammen, helfen ihm die Figur des Legionärs zu spielen, der eigentlich von der Welt nichts mehr wissen will, aber aus seiner Haut einfach nicht raus kann. Man nimmt es Van Damme sofort ab, dass er eigentlich am Ende ist. Und trotzdem hat er genug Kraft um noch ordentlich zuzuschlagen. Das unterscheidet Van Damme auch von Schwarzenegger, der in END OF DAYS zum Beispiel aussieht, als würde er am nächsten Tag beim Mr. Olympia antreten und bloß mit einem Bart den Eindruck erwecken will, er sei am Ende. Van Damme war wirklich schon dort.
Das passt zur düsteren Stimmung von SIX BULLETS, der ohne Umschweife und gerade heraus die brutale Geschichte um ein von Menschenhändlern entführtes Mädchen erzählt. Die trostlosen Straßenzüge einer großen Stadt des ehemaligen Ostblocks sind hier ausnahmsweise ein nicht wenig überzeugendes Double für eine amerikanische Stadt, sondern ideale Kulisse – nicht erst seit HOSTEL wissen wir, dass die Welt im wilden Osten ein heißes Pflaster ist. Vermutlich deshalb hat sich Van Dammes Simon Gaul auch dort niedergelassen.
Barbarash und seine Drehbuchautoren haben es geschafft SIX BULLETS spannend und packend zu inszenieren und die fiesen Mädchenhändler – die eigentlich auf andere Verbrechen spezialisiert sind –, hassenswert zu machen, ohne zu tief in die Klischeekiste zu greifen. Dadurch entwickelt ihr Film einen, für DTV-Actioner alternder Stars, eher ungewöhnlichen Sog, der auch die ein oder andere etwas zu weit hergeholte Wendung im Finale wettmacht.
In diesem Sinne: „Finding people, it’s what I do!“
Ernie Barbarashs SIX BULLETS ist ein kompromissloser, düsterer DTV-Actioner, der seinen alternden, in gewisser Weise, verbrauchten Star Jean-Claude Van Damme geschickt einsetzt. Van Damme selbst findet wieder einmal das richtige Maß zwischen Haudrauf und Melancholie.