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Sisters - Schwestern des Bösen

Sisters - Schwestern des Bösen

OT: Sisters
PSYCHOTHRILLER: USA, 1973
Regie: Brian De Palma
Darsteller: Margot Kidder, Jennifer Salt, Charles Durning, William Finley, Lisle Wilson

STORY:

Das Fotomodel Danielle Breton (Margot Kidder) lernt als Kandidatin einer Quiz-Show im Fernsehen den sympathischen farbigen Werbeexperten Joseph Larch (Lisle Wilson) kennen. Die beiden gehen nach der Sendung gemeinsam Essen und verbringen anschließend die Nacht bei Danielle. Die Journalistin Grace Collier (Jennifer Salt) meint am nächsten Tag in der Wohnung einen Mord gesehen zu haben und informiert die Polizei. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wird jedoch keine Leiche gefunden. Welche Rolle spielen in dieser Geschichte Danielles geheimnisvolle Zwillingsschwester Dominique Blanchion und Danielles suspekter Ex-Ehemann Emil Breton (William Finley)?

KRITIK:

Der aus dem Jahre 1973 stammende Psychothriller SISTERS ist Brian De Palmas bereits siebter Film in Spielfilmlänge und zugleich der allererste typische De-Palma-Film. Genau genommen ist SISTERS noch nicht einmal das. Dieses Frühwerk des begnadeten Regisseurs gleicht einem ungeschliffenen Rohdiamanten. SISTERS steht genau zwischen De Palmas frühen recht trashigen Komödien à la GREETINGS (1968) und HI, MOM! (1970) und seinen späteren extrem stilisierten Thrillern wie DRESSED TO KILL (1980) und BLOW OUT (1981). Ursprünglich verfolgte De Palma ja das ehrgeizige Ziel der amerikanische Godard (ZWEI ODER DREI DINGE, DIE ICH VON IHR WEISS, 1967) zu werden. Entsprechend überdeutlich schimmert das große Vorbild in vielen von De Palmas Frühwerken, wie dem bereits erwähnten GREETINGS durch. Hierbei konzentriert sich der Stilist vorrangig auf Godards optische Features wie die Hervorhebung der französischen/amerikanischen Natinalfarben Rot-Weiß-Blau. Die außerordentliche Vielschichtigkeit und der Tiefgang der meisten Godard-Filme, geht De Palmas Versuchen amerikanischer Äquivalente jedoch ab. Umso erfreulicher ist es, dass De Palma mit SISTERS ein neues Vorbild für sich entdeckt hat, das er besser versteht, als fast jeder andere, und dem er bis zum heutigen Tage treu geblieben ist: Alfred Hitchcock.

SISTERS spielt stark mit Hitchcocks größter Entdeckung: dem Suspense. Fast eine halbe Stunde dauert es, bevor in dem klassischen 90-Minüter der erste Mord geschieht. Und die ganze Zeit über meint man es jetzt gleich kommen zu sehen, bis man, als es dann geschieht, schon fast nicht mehr daran denkt. Auch die nächste halbe Stunde steht im Zeichen eines klassischen Kriminalplots. Wird es gelingen, die Leiche rechtzeitig verschwinden zu lassen? Und wer ist jetzt eigentlich wirklich der Täter? Dabei geht SISTERS noch eindeutig die Eleganz des späteren De Palma ab. Dies mag daran liegen, dass SISTERS ein kleiner Independentfilm ist, der für nur 500.000 $ gedreht worden ist. Doch zugleich versprüht das Werk einen anarchischen Charme, wie er für viele Filme der 70er-Jahre typisch ist. SISTERS ist mindestens ebenso trashig, wie z.B. die frühen Cronenberg-Filme wie SHIVERS (1975) oder RABID (1977). Doch im Gegensatz zu dem doch sehr ernsten und intellektuellen Cronenberg, zeigt SISTERS einen De Palma, dem wie in seinen vorhergehenden Komödien mächtig der Schalk im Nacken sitzt. Bereits die Eröffnung des Film gleicht mehr einer Spieleshow-Satire, als einem abgründigen Psychothriller. Dieser trashige Humor zieht sich fast durch den gesamten Film hindurch.

Doch in seiner letzten halben Stunde ändert SISTERS kräftig den Tonfall und die Gangart. Die Abgründe an psychischen Anomalien und die Schübe surrealer Psychosen, die sich nun zunehmend entfalten, kommen ebenso unerwartet, wie sie effektiv sind. Da driftet SISTERS von einer zwar bizarren, aber letzten Endes doch eher harmlosen Krimikomödie plötzlich immer mehr ins Experimentelle. Bilder, die an Luis Buñuels surrealen Meilenstein EIN ANDALUSISCHER HUND (1929) gemahnen, tauchen in schwarzweißen Rückblenden auf. Danielle und Emiles Nachname "Breton" lässt auf einmal stark an den surrealen Dichter André Breton denken, der unter anderem das Manifest der Bewegung verfasst hat. Das Unterbewusste und das Unterdrückte brechen sich ihre Bahn und entfalten ein ebenso unheimliches, wie unberechenbares Panoptikum des reinen Wahnsinns. Typische Themen der Surrealisten treffen auf die persönlichen Obsessionen De Palmas: Identitätsstörungen, das Verdrängte, Verwischte und Unklare, Dopplungen und Doppelgänger. SISTERS ist ein wildes Kind der 70er, das bereits vieles im Keim enthält, was De Palma später berühmt machen, und das er bis zum heutigen Tage immer weiterentwickeln, sollte. Ein echter Rohdiamant eben.

Sisters - Schwestern des Bösen Bild 1
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Sisters - Schwestern des Bösen Bild 5
Sisters - Schwestern des Bösen Bild 6
FAZIT:

Im Vergleich zu seinen späteren extrem stilisierten Meisterwerken wie DRESSED TO KILL, ist Brian De Palmas Thriller-Frühwerk SISTERS - SCHWESTERN DES BÖSEN noch reichlich trashig und ungeschliffen. Diese Rohheit entfaltet jedoch ihren ganz eigenen Charme, sobald der Film die volle Wucht seines abnormalen Drives offenbart.

WERTUNG: 8 von 10 mehr oder weniger erfolgreiche Trennungen
TEXT © Gregor Torinus
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Dein Kommentar >>
Marcel | 15.05.2013 00:08
Einer meiner Lieblings-dePalmas, auch wenn es lange her ist, dass ich ihn gesehen habe. Aber ich mochte noch dieses ungeschliffene - und alleine für diesen Vergleich danke ich dir. Mindestens 7 von 10 genialen Frühwerken ;-) Und unbedingt erwähnen sollte man noch die Musik von Herrmann. Wenn wir schon beim Vorbild Hitchcock sind...
Gregor | 15.05.2013 00:16
Stimmt. Hatte ich übergangen.
Marcel | 15.05.2013 08:29
Und weil ich gut drauf bin, packe ich noch einen Ãœbervater drauf. 8 von 10. Jawoll, endlich sind wir punktetechnisch einer Meinung. Finde ich den Film jetzt besser als Du? ;-)
Gregor | 15.05.2013 12:47
Ich sehe, allmählich kommen Wir ins Geschäft! ;-) Passt so. Der ist schon gut!
>> antworten
Lovecraft | 13.05.2013 16:01
Sehr schöne Kritik - aber Hollywood-Urgestein Charles Durning ("The Sting", "The Fury") gibt doch hier den Privatdetektiv?
Gregor | 13.05.2013 18:23
Vielen Dank. Und ja: Du hast Recht. Hatte ich mit Lisle Wilson verwechselt. Ist korrigiert. Danke für den Hinweis!
>> antworten
Erich H. | 12.05.2013 17:29
Wie wahr, SISTER gehört sicherlich einerseits zu den unterschätztesten dePalmas, anderseits zu den kultigsten.
Schöne Kritik.
Gregor | 12.05.2013 21:26
Danke.
>> antworten