OT: Silver Lining Playbook
TRAGIKOMÖDIE: USA, 2012
Regie: David O. Russell
Darsteller: Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Chris Tucker
In Hangover hatte Bradley Cooper gewisse Probleme mit der Erinnerung. Hier plagen ihn Probleme mit dem Gefühlshaushalt. Medizinisch gesehen handelt es sich um eine bipolare Störung, wegen der er acht Monate in einer Nervenklinik absitzen musste. Wieder draußen, zieht er bei den Eltern ein und arbeitet daran, sein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen. Nicht einfach, wenn die Erinnerungen an die Ex-Frau derartig übermächtig sind, dass schon das falsche Lied im Radio für einen mittelschweren Gewaltausbruch reicht. Die titelgebenden Silberstreifen am Horizont erscheinen in Gestalt der ebenfalls etwas neben der Spur stehenden Tiffany, die wie er bestens mit Risiken und Nebenwirkungen diverser Psychopharmaka vertraut ist. Ob das als Gemeinsamkeit reicht?
Freuden-, Rührungs- und Lachtränen aus den Augen wischen. Silver Linings. Toller Start ins neue Kinojahr. Hab ich gleich nach dem Kinobesuch auf Facebook gepostet. Und kann kann wohl auch als Fazit dieses schönen Films stehen bleiben.
Nach seinem Oscar-nominierten Drama THE FIGHTER ist Regisseur David O. Russell auf sein ureigenes Terrain zurückgekehrt: Zur Tragikomödie mit leichtem Hang zu Exzentrik und Wahnwitz. Ein bissl wie Woody Allen auf Speed dirigiert der Regisseur seine Figuren durch eine nur auf den ersten Blick mainstreamtaugliche RomCom.
Der Dialoganteil ist enorm; wie schon FLIRTING WITH DESASTER und vor allem sein Herzensprojekt I HEART HUCKABEES ist SILVER LININGS ein ziemlich geschwätziger Film. Aber - und das ist die Hauptsache - es sind durchwegs sehr gut geschriebene und sehr pointierte Dialoge, die sich die Charaktere hier um die Ohren hauen. Von einem kurzen Abstecher in die mir völlig fremde Welt des Football-Fandoms und der Sportwetten abgesehen hätte ich ihnen gerne noch länger zuhören können als die eh schon recht stattliche Laufzeit von 120 Minuten.
David O. Russell bedient sich klassischer Screwball-Konventionen - das ständig streitende Pärchen, der Tanzwettbewerb - um letztlich die Neurosen der amerikanischen Mittelschicht freizulegen. Ohne falscher Ironie oder gar Zynismus nähert er sich seinen Figuren, er lässt ihnen ihre Würde, ich würde sagen, er liebt sie: Die "Verrückten", das sind hier die Normalen, die Liebenswerten.
Unterstützt von einem großartigen Ensemble (Bradley HANGOVER Cooper, Jennifer HUNGER GAMES Lawrence, Robert De Niro) gelingen ihm einige wirklich schöne Szenen, die man gerne auch Magic Moments nennen darf.
In diesem Sinne: "Seit wann haben Bullen eine Visitenkarte?"
Romantische Komödie mit Dachschaden. Bradley Cooper trägt einen Müllsack und streitet mit Jennifer Lawrence, wer von ihnen verrückter ist. Regisseur David O. Russell ist der bessere Woody Allen. Perfekter hätte der Start ins Kinojahr 2013 nicht mehr ausfallen als mit diesem schönen Film, der mir Lach-, Rührungs- und Freudentränen zugleich in die Augen getrieben hat.