OT: Schock - Transfert Suspence Hypnos
HORROR: ITALIEN, 1977
Regie: Mario Bava
Darsteller: Daria Nicolodi, John Steiner, David Colin jr.
Einige Jahre nach dem Selbstmord ihres Ehemannes zieht Dora mit ihrem neuen Ehemann und Marco, ihrem Sohn aus erster Ehe, in ihr altes Haus zurück. Schon bald legt Marco ein teuflisches Verhalten an den Tag und wird zu einer offenkundigen Bedrohung für den labilen Seelenzustand seiner Mutter. Hat der Geist des Verstorbenen Besitz von ihm ergriffen?
KRITIK:Bavas letzter Kinofilm stimmt mich immer ein wenig wehmütig. Es ist der Abschied eines großen, alten Mannes, der danach noch einen Fernsehfilm drehte, sich zur Ruhe setzte und kurz darauf an einem Herzinfarkt starb. SHOCK ist zugleich Abschied als auch Neuanfang, der Stab wird an die nächste Generation weiter gegeben.
Schon bei der Auswahl des Themas sieht man den Generationenwechsel. SHOCK hat nichts mehr mit den klassischen Gruselgeschichten zu tun, die Bava zuvor gedreht hat. Wie auch: Die englische Dracula-Schmiede Hammer war bankrott, und mit ihr wurde auch der gepflegte Gruselfim zu Grabe getragen. Das Drehbuch seines Sohnes Lamberto, auf das Bava zurückgriff, orientierte sich dafür deutlich an aktuelle Reißer vom Schlage EXORZIST oder DAS OMEN.
Lamberto war zugleich - zumindest laut den Credits - auch Regieassistent. In späteren Interviews revidierte Lamberto das so weit, dass sein Vater sich sogar zurück hielt, um ihn Erfahrungen sammeln zu lassen. Vielleicht erklärt dies den deutlichen Stilwechsel, nur selten gibt es eine elegante Kamerafahrt zu bewundern, und von dem sonst so typischen Farbenrausch ist nichts zu sehen, düstere, bedeckte Töne beherrschen den Film - und sind sicher auch angemessener. Ungewohnt, aber ganz am Puls der Zeit war man bei der Wahl der Musik: Niemand anderes als Dario Argentos Hausband Goblin sorgten mit ihren Prog-Rock-Tönen für das typische 70er-Jahre-Flair, auch wenn sie unter einem Pseudonym agierten.
Wer auch immer für den Stimmungswechsel verantwortlich ist, durchgehend packend ist SHOCK eine lange Zeit nicht. Das ist zwar zum einem gewissen Teil so gewollt, um die Spannungsschraube am Ende noch andrehen zu können, aber es gelingen einfach nicht alle Suspensemomente, die der Film bis dahin zu bieten hat. Sicher haben leere Kinderschaukeln eine beunruhigende Wirkung, aber dass diese gleich einen Jet vom Himmel holen, ist dann doch des Guten zu viel. Auch scheint der Rotzbengel mit seiner Aufgabe, den bösen Blick zu üben und für Schauer zu sorgen, überfordert.
Im letzten Drittel verlässt sich Mario Bava dann nicht mehr auf Schauspieler, sondern zeigt noch mal sein ganzes Können, aus wenig bis nichts eine alptraumhafte Stimmung zu sorgen. Verzerrte Gesichter, psychedelische Traumsequenzen, geisterhafte Lichteffekte, da klappen dann die Fußnägel an einigen Stellen hoch, insbesondere, wenn der Kleine auf seine Mama zuläuft. In diese Fußstapfen hat es Lamberto Bava nie geschafft, dafür fehlte ihm trotz seiner handwerklichen Geschicktlichkeit einfach das Talent.
Mario Bavas Abschied und zugleich Beginn der Karriere seines Sohnes Lamberto. Ein Horrorfilm, der alles hat, was man von einem Horrorfilm dieser Zeit erwartet. Und doch bleibt eine Leere zurück.