ACTION: GROßBRITANNIEN, 2010
Regie: Mo Ali
Darsteller: Adam Deacon, Michael Socha, Kedar Williams-Stirling, Ashley Bashy Thomas
London im Jahr 2015. Die mächtigen Wirtschaftskonzerne haben den (Sozial-)Staat in die Knie gezwungen. In der Stadt herrscht eine strikte Segregation. Es gibt die abgeschotteten Wohngegenden für Reiche und erbärmliche Ghettos für Arme, in denen selbst die Grundnahrungsmittel zur Mangelware geworden sind.
Die "Paper Chaserz" sind eine Jugendbande, die auf die Beschaffung von "Fressalien" spezialisiert ist. Sie versuchen mit dem Kapern eines Lebensmitteltransporters den großen Coup zu landen. Doch dann kommt ihnen eine feindliche Gang in die Quere und ermordet ihren Anführer "Rager". Dessen kleiner Bruder "Junior" überredet die verbleibenden Gangmitglieder den Tod von Rager mit allen Mitteln zu rächen...
KRITIK:SHANK ist der erste Spielfilm von Mo Ali. Und dass Ali zuvor als Musikvideoregisseur gearbeitet hatte, sieht man von der ersten Sekunde an: SHANK geht sofort von null auf hundert und vereint eine atemberaubende Schnitttechnik mit einem unglaublich coolen Score.
Die kühle Optik und die Wildheit des Schnittes erinnert an den frühen Darren Aronofsky zu Zeiten von REQUIEM FOR A DREAM (2000). Dessen entfesselten, und von Soundeffekten unterlegten, Schnitt bezeichnete man damals als Hip-Hop-Montage. Da passt es, dass SHANK von einem pulsierenden Electro-Hip-Hop-Score unterlegt ist.
Der visuelle Einfallsreichtum erinnert auch an LOLA RENNT (1998): Da werden z.B. alle möglichen Informationen in Form von Texten und Diagrammen eingeblendet, da wechselt das Bild von Realfilm zu Videospiel zu Comic und zurück, da klappen einzelne Teile des Bildes auseinander und werden neu zusammengesetzt.
Mo Ali sagt im Interview, dass es auch genau dies war, was ihm bei SHANK vorschwebte: junge Kids in ständiger Bewegung, jede Menge Aktion, Verfolgungsjagden, Tanzen, Mädels und dazu ein cooler Beat. Erst später sei ihm aufgegangen, dass man für einen Spielfilm, im Gegensatz zu einem Musikvideo, auch gut ausgearbeitete Charaktere brauche...
und ich vermute, dass zu diesem Zeitpunkt das Drehbuch bereits fertig geschrieben war. So stört zum einen die äußerst dürre Story, die, bis auf das aufgesetzt wirkende Ende, vollkommen frei von Überraschungen ist. Aber noch schlimmer sind die durchgehend dämlichen Dialoge, in denen sich sämtliche Akteure in ihrer ausgestellten Coolness überschlagen.
Das kann man vielleicht auch Authentizität nennen. - Doch wenn einmal der Moment für halbwegs tiefschürfende Gedanken kommt, dann geben diese coolen Kids mit ebenso cooler Miene ebenfalls nur die albernsten Plattitüden von sich. Und so mündet SHANK in einen inneren Monolog von Junior, der ich an dieser Stelle einmal spoilern möchte:
"Gewalt: nur so wird man wahrgenommen. Wenn man nicht zu uns gehört, ist man Opfer. Kinder gehen auf den Strich, Kinder töten. Tritt ihnen auf die Füße und du wirst abgestochen. Kindheit.. th... das ist schon lange vorbei! - Manchmal wacht man auf und denkt: "Heute könnte ich umgebracht werden." - Dann verliert man jemanden, den man liebt und denkt: "Heute könnte ich jemanden umbringen!" - Das Leben stellt einem schwierige Fragen und man muss stark sein - und bereit. Ich möchte so stark sein wie Rager, möchte, dass er stolz auf mich ist! Aber im Grunde weiß ich nur zwei Dinge genau: Erstens: bleib tough und halte dich an die Jagd nach Kohle - oder du wirst hungern. - Schlicht und einfach! Und zweitens: Wenn du mitten im Elend lebst, versuch zu entdecken, wo sich Schönheit verbirgt. Versteht ihr?"
Da möchte ich doch gleich im Ton von SHANK antworten: "Mann Alter, bist ja voll der krasse Fressalien-Filosof! - Gib mir erstma´ was, von deinem oberharten Kaukram, damit ich auf dein Level komm. Du weißt doch, wie ich´s mein´, oda?! Oh, wouh Mann, geht das ab Mann! Voll die krassen Bilder! - Und die Beats, die rocken ja so richtig ab Mann! - Hey, und da sind ja auch noch echt oberscharfe Chicas! - Oh Mann, jetzt rockt mir der Beat so richtig durch die Rübe:"
"Hey Mo, ich sag´s dir so: dein Skript is´ für´s Klo, da sag ich ganz klar no. - Doch dann sing ich yo und tanz einfach so, Hirn aus, Anlage ganz krass laut - und SHANK gefällt doch irgendwo!"