DRAMA/HORROR: GB, 2000
Regie: E. Elias Merhige
Darsteller: John Malkovich, Willem Dafoe, Catherine McCormack, Udo Kier
Osteuropa in den 20er Jahren: Regisseur Dr. Friedrich W. Murnau möchte Bram Stockers Draculamotiv verfilmen. Da er die Rechte an dem Stoff nicht bekommen konnte, benennt er die Figur einfach in Count Orlok um und nennt sein Werk Nosferatu. Das Werk gilt als der realistischste Vampirfilm aller Zeiten, kein Wunder, wurde doch für die Hauptrolle ein echter Vampir engagiert .
KRITIK:Einen Film über einen Film, besser gesagt über das Filmschaffen an sich, über die
manipulative Macht der Bilder, über die Grenze zwischen Schein und Sein lieferten
E. Elias Merhige (Regie) und Steven Katz (Drehbuch) mit ihrem Werk "Shadow of The
Vampire" ab. Der Film nähert sich dieser Thematik über eine Hommage an einem der
Filmklassiker schlechthin: Friedrich Wilhelm Murnaus Werk "Nosferatu" (1921).
Obwohl noch aus einer Zeit, als die Bilder alleine sprachen, gilt der Film bis heute als einer der besten Vampirfilm aller Zeiten. Vor allem Max Schrecks Darstellung des Blutsaugers zieht die Zuseher seit jeher in ihren Bann.
Auch Jahrzehnte nach seinem Tod wollten die Gerüchte, wonach Schreck ein echter Vampir gewesen sei, nicht ganz verstummen. Zumindest unter leichtgläubigen Menschen... Dieser Legende bedient sich auch "Shadow of the Vampire", um die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion auszuloten und der Frage nachzugehen, wie weit man für die Kunst gehen darf.
Bei "Shadow Of The Vampire" handelt es sich also um einen hochanspruchsvollen Film,
der eine Menge voraussetzt. Als Zuseher sollte man über eine entsprechende
filmische und filmtheoretische Vorbildung verfügen, um sich nicht zu Tode zu
langweilen. Zudem wird auch noch philosophisches Grundwissen verlangt, wenn
beispielsweise in ein paar Worten Platons Höhlengleichnis abgehandelt wird.
Der Film beginnt relativ harmlos, als eine Art fiktive Doku über den Dreh von
"Nosferatu". Das Hauptaugenmerk liegt auf Murnau (John Malkovich), der als genialer, leicht exzentrischer Visionär dargestellt wird. Um einen Einblick in
Drehbedingungen der damaligen Zeit zu erhalten, wird der Dreh einiger Szenen aus
Murnaus Werk nachgestellt und auch der weit verbreitete Drogenkonsum zur Zeit der Weimarer Republik wird thematisiert.
Doch schon bald wird das sichere Gefilde der Künstlerbiografie verlassen, indem Max
Schreck (ein diabolisch guter Willem Dafoe) eingeführt wird.
Doch was ist jetzt schon real? Was ist erfunden? Ist ein Film der sich streng auf
historische Fakten beruft nicht gleichermaßen eine Illusion?
"Shadow of the Vampire" liegt einem einfachen Gedankenexperiment zugrunde: Was wäre
wenn...
Was wäre wenn Murnau mit einem wirklichen Vampir gedreht hätte, wie so viele
behaupteten. Ein Stoff der aus einem Horrorfilm entsprungen sein könnte. Merhiges
Werk geht allerdings eine andere Richtung: Ja, es sind Horrorelement vorhanden
und, ja die Filmcrew wird während des Drehs dezimiert, doch der Film vermag nicht zu gruseln.
Auch wenn das Werk teilweise dank feinem Dialogwitz (vieles aber nur mit
entsprechender Vorbildung verständlich) auch hie und da zum Schmunzeln anregt,
würde ich den Film auch nicht ins komödiantische Genre stecken.
Das oben erwähnte Gedankenexperiment dient Katz und Merhige zur Abhandlung
moralisch, ethischer Fragen wie: Wie weit darf man gehen? Welche Opfer muss/darf man erbringen? Was ist mehr Wert, ein Menschenleben oder ein filmisches Meisterwerk, das Jahrhunderte überdauert?
In einer der stärksten Szenen des Films fragen Produzent und Drehbuchautor Schreck,
denn beide für einen zwar unheimlichen aber begnadeten Schauspieler halten
"Vampirfragen" um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Doch so genial einzelne Szenen
auch sein mögen, so gut Dafoe, Malkovich und die anderen auch spielen mögen, ein Gesamtkunstwerk ist mehr als die Aneinanderreihung guter Szenen.
Anspruchsvolles und auch interessantes Gedankenexperiment, das trotz guter Ansätze nicht wirklich vermag Funken zu schlagen, da das Gesamtwerk nicht stimmig ist, einen nicht packt und so nur graue Theorie bleibt. Trotzdem würde ich das Experiment nicht unbedingt als gescheitert ansehen, da einem großes Schauspielkino und nicht wenige kongeniale Szenen geboten werden.