OT: Tales of Terror
HORROR: USA, 1962
Regie: Roger Corman
Darsteller: Vincent Price, Peter Lorre, Basil Rathbone, Maggie Pierce
Dreiteilige Horrorfilm-Anthologie nach Motiven Edgar Allan Poes. "Morella": Vater und Tochter sehen sich mit dem rachsüchtigen Geist der verstorbenen Mutter konfrontiert.
"Die schwarze Katze": Ein trunksüchtiger Ehemann bekommt spitz, dass ihn seine Frau betrügt und lässt diese samt ihren Liebhaber auf teuflische Weise verschwinden. Am Ende hat er aber die Rechnung ohne eine schwarze Katze gemacht.
"Der Fall Valdemar": Mr. Valdemar ist schwerkrank und hat den Tod vor Augen. Ein zwielichtiger Hypnotiseur bietet ihm an, ihm den Heimgang ohne Schmerzen zu ermöglichen. In Wahrheit aber steckt dahinter ein perfider Plan, um an Valdemars Frau und Haus zu kommen.
KRITIK:"Mit dem Tod und dem Sterben möchten wir uns beschäftigen...", kündigt eine Stimme aus dem Off zu Beginn der TALES OF TERROR an. Und mit Flüchen aus dem Totenreich, mit lebendig Eingemauerten, schwarzen Katzen und finsteren Hypnotiseure.
Willkommen in der Welt des Edgar Allan Poe! Nach drei Langfilmen (DIE VERFLUCHTEN, DAS PENDEL DES TODES und LEBENDIG BEGRABEN) packt Filmproduzent Roger Corman diesmal gleich drei Erzählungen des berühmten Schauergeschichtenschreiber in eine Anthologie, die bei uns unter den Titeln DER GRAUENVOLLE MR. X oder schöner SCHWARZE GESCHICHTEN erschienen ist.
In allen drei Episoden spielt der legendäre Vincent Price die Hauptrolle und wird dabei unterstützt von zwei anderen Größen des Schauspielfachs; Peter (M - DIE STADT SUCHT DEN MÖRDER) Lorre im zweiten Segment und Basil (SHERLOCK HOLMES) Rathbone im dritten.
Los geht's mit "Morella". In dieser Episode hat Richard Matheson, der einmal mehr für das Drehbuch zuständig war, die Vorlage etwas freier interpretiert, doch bleibt er dem Kern der Geschichte treu. Während Cormans Inszenierung einmal mehr hochatmosphärisch ist, strotzt die Episode inhaltlich vor Unglaubwürdigkeiten. So geht Vincent Prices Sinneswandel im Verhältnis zur Tochter etwas zu plötzlich und viel zu frenetisch von statten. Wo da zunächst abgrundtiefer Hass war, ist in der nächsten Filmminute urplötzlich unerschütterliche Vaterliebe.
Das hinterlässt ebenso ein fettes Fragezeichen wie dieser nicht erklärte oder nachvollziehbare Hass der toten Morella auf ihre vermeintlich Lieben, der offenbar so stark lodert, dass sie selbst das Totenbett der Rache wegen nicht weiter hüten möchte.
Doch Kenner der Vorlage wissen, dass es diese Logikschnitzer bereits im geschriebenen Original gegeben hat. Somit kann man Corman und seinem Drehbuchschreiber höchstens den Vorwurf machen, dass sie die wenig nachvollziehbaren Elemente der Vorlage widerstandslos übernommen haben.
Ansonsten atmet die Inszenierung in ihrer stark zwanzigminütigen Laufzeit in jeder Sekunde den morbiden Geist Poes. Man ist ganz in seinem makabren Element. Mit der vom Zerfall geprägten Schlosskulisse. Den Spinnweben. Der bizarren Trauerstimmung. Und vor allem mit Morellas mummifizierten Leichnam im ehelichen Bett. Ein Kadaver übrigens, der es in Sachen Creepiness sogar mit jener anderen berühmten schaurigen Leiche; nämlich der in der "Wassertropfen"-Episode aus Bavas DREI GESICHTER DER FURCHT aufnehmen kann.
"Morella" mag etwas unlogisch sein, ist aber Poe pur und damit ein perfekter Opener für SCHWARZE GESCHICHTEN wie diese. In verschiedenen Reviews habe ich Edgar Allan Poe als äußerst morbiden Zeitgenossen beschrieben. Doch wer seine Geschichten kennt, weiß natürlich, dass die düstere Ader nur einen Aspekt seiner Persönlichkeit ausgemacht hat. Neben einer großen Belesenheit hatte Poe durchaus einen ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor.
In der nächsten Episode "Die schwarze Katze" stellt Corman diese humoristische Seite Poes heraus und gibt damit auch deren Hauptdarstellern Vincent Price und Peter Lorre Gelegenheit ihr komödiantisches Talent unter Beweis zu stellen. Insbesondere die von einer herrlich überzogenen Mimik geprägten Vorstellung von Price als geckenhafter Weinkenner ist eine Klasse für sich. Nach einer äußerst amüsanten Weinprobe wird der Humor dann zunehmend sardonischer. Und zwischen rasender Eifersucht, Mörtel und delirium tremens steuert alles auf eine äußerst makabre Schlusspointe zu.
Neben seinen sichtlich gut aufgelegten Darstellern (allen voran natürlich Price und Lorre), der bekannten bitterbösen Geschichte über Rache und Fall eines gehörnten Ehemanns sticht Cormans "Die schwarze Katze" auch wegen seiner psychotronisch-verzerrten Perspektiven heraus, die Stamm-Kameramann Floyd Crosby gegen Ende hin immer exzessiver einsetzt. Nach einem noch etwas irritierenden Beginn mausert sich "Die schwarze Katze" allmählich zur Superpussy, die schließlich zum heimlichen Star dieser wohl unterhaltsamsten Episode des Trios wird.
Zum Abschluss bekommen wir den "Fall Valdemar" in Farbe und bewegten Bildern kredenzt. Eine Erzählung Poes, die oft und gerne verfilmt wurde. An ihr hat sich - allerdings mit umstrittenen Erfolg - schon ZOMBIE-Großmeister Romero versucht; und zwar in der zusammen mit Dario Argento verwirklichten Poe-Mini-Anthologie TWO EVIL EYES aus dem Jahr 1990. Unbestritten ist allerdings, dass Roger Corman 28 Jahre zuvor die deutlich bessere Filmumsetzung geliefert hat.
Vincent Price spielt den todkranken Mr. Valdemar, mit dem Ur-SHERLOCK HOLMES Basil Rathbone im ungewohnt sinistren Part des Hypnotiseurs Carmichael am Sterbebett (und über dieses hinaus!) ein bitterböses Spiel treibt, um an Frau und Haus des Todgeweihten zu gelangen. Vielleicht die schwächste in der Dreifaltigkeit der TALES OF TERROR, aber beileibe keine schlechte Episode, die mit dem Rathbone-Charakter einen Drecksack vor dem Herrn stellt und die Anthologie mit einem herrlichen Zombie-Auftritt von Price und ein paar Litern ekliger gallertartiger Masse würdig beschließt.
In SCHWARZE GESCHICHTEN (aka TALES OF TERROR) bringt Roger Corman drei weitere Kurzgeschichten des berühmten Schauerpoeten Poe auf die Leinwand. Sowohl in "Morella", "Die schwarze Katze" als auch im "Fall Valdemar" sehen wir Gruselfilmlegende Vincent Price in der Hauptrolle. Unterstützt wird er diesmal von zwei anderen großen Namen der Filmgeschichte. Peter (M- EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER) Lorre und Basil (SHERLOCK HOLMES) Rathbone dürfen je einmal teuflische Pläne schmieden, um Price das Grauen zu lehren. Dabei ist wohlige Schauerstimmung garantiert. Und im Falle der schwarzhumorigen Interpretation der "schwarzen Katze" auch ein feistes, schadenfrohes Grinsen.