ACTION: USA, 2010
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Russell Crowe, Cate Blanchett, Max von Sydow, Mark Strong
Ridley Scott versucht sich an einer Art Neuinterpretation um die Legende des Robin Hood. Um nicht zu sehr anzuecken nimmt er sich sichtlich eine ordentliche Portion Inspiration bei Christopher Nolans Batman Begins: die Geschichte spielt zu einer Zeit, als Robin Hood noch Robin Longstride war und gerade mit König Richard beim dritten Kreuzzug als Soldat um die Häuser zieht. Bekanntlich aber war ebendieser Kreuzzug nicht sonderlich erfolgreich und Richard versucht, am Rückweg nach England über Plünderungen die Soldkassa ein wenig aufzubessern. Dabei kommt König Richard ums Leben und greift somit einem Hinterhalt vor, der von Frankreichs König Philipp und dem englischen Feldherrn Godfrey geschmiedet wurde. Müde von den jahrelangen Kämpfen sieht Robin Longstride eine Gelegenheit gekommen, sich von der Armee abzusetzen
KRITIK:Da ist sie also die nächste Robin Hood-Verfilmung. Natürlich als Blockbuster ausgelegt. Ridley Scott versucht sich als Christopher Nolan und würde gerne die Vorgeschichte zur Heldensage erzählen. Doch das scheitert schon im Ansatz: da werden sowohl historische Begebenheiten als auch die verschiedenen bekannten Varianten der Legende um Robin Hood derart verdreht und auf den Kopf gestellt, dass es eine Freude ist.
Gleichzeitig versucht Scott allerdings zwanghaft, absolut jede Figur in sein kleines Kostümfest einzubauen, die in bisherigen Robin-Hood-Filmen eine Rolle gespielt hat ob sie für den aktuellen Film nun relevant sein mag oder nicht. Matthew MacFadyen als Sheriff von Nottingham zum Beispiel hat für die gesamte Handlung nicht die geringste Relevanz, darf aber gleich dreimal unnötig Zelluloid belegen. Weil eine Robin-Hood-Verfilmung ohne den bösen Sheriff wohl nicht sein kann.
Dafür kann Richard Löwenherz plötzlich am Rückweg vom dritten Kreuzzug das Zeitliche segnen. Passt zu keiner sonstigen Interpretation der Legende, ist auch historisch abstrus - musste aber wohl sein. Schließlich braucht man ja Platz für einen richtigen Bösewicht - in dem Fall die unfassbare Fehlbesetzung von Oscar Isaac als Prinz John und somit als Thronfolger des verstorbenen Richard.
Hat man mal das erste Drittel des Films überstanden, bei dem einem nahezu ausnahmslos Pfeile um die Ohren fliegen, beginnt ein ziemlich starker Mittelteil, der durchaus die Hoffnung aufkeimen lässt, dass Scott am Ende doch noch was aus der ganzen Misere rausholen könnte. Erstmals gibt es etwas mehr als nur eine Rahmenhandlung für möglichst viel mittelalterliche Action und man kann sich sogar ein wenig auf den Cast konzentrieren: Mark Strong als oberster Verräter der Krone, Godfrey, spielt ebenso stark wie die wie immer etwas kühle aber hier trotzdem überzeugende Cate Blanchett. Russell Crowe wurde schon mal besser gegen den Strich besetzt ("Insider"), als Robin Hood wirkt er zumindest zeitweise deplatziert, kann seinem Charakter aber auch einen etwas seriöseren Touch als in vergangenen Verfilmungen verpassen.
Insgesamt scheint sich Scott nun auf einem guten Weg zu befinden, etwas über die Wurzeln des Rächers der Enterbten zu erzählen. Hier mag man ihm eine Zeit lang sogar seine etwas eigentwillige Interpretation verzeihen.
Aber da hatte man ja noch nicht das letzte Drittel des Films gesehen.
Scott setzt wiederum auf pure Action, die zeitweise aber noch dazu in höchst groteske Szenen ausartet, die unfreiwillig für Komik sorgen. Wenn ein Robin-Hood-Film Assoziationen zum Chuck Norris-Schinken "Missing in Action" hervorruft hat irgendwer irgendwo etwas richtig verbockt. Technisch schlecht inszeniert ist das Ganze noch dazu, Scott ist nichtmal sonderlich bemüht darum zu verbergen, dass man es irgendwie nicht geschafft hat, die englische Armee auch wie eine solche aussehen zu lassen - und nicht eher wie einen etwas größer geratenen Ausflug vom benachbarten Reitclub. Absolut ungelöst ist für mich auch das Rätsel, wie eine derart winzige Gruppierung an Bogenschützen wahrlich die Mutter aller Bogenpfeil-Schwärme produzieren kann. Pfeile sind technisch halt einfacher reproduzierbar als Menschen. Generell wirkt der Film technisch lieblos - so wirkt auch die Sound-Abmischung platt und eines Blockbusters unwürdig.
Unterhaltsam ist "Robin Hood" dann insgesamt gesehen wohl doch. Wenn man mit minimalen Erwartungen reingeht und es einem vollkommen egal ist, was Scott hier für eine in sich selbst verdrehte Story rauspresst, steht einem locker-leichten Brainfree-Kinoabend nichts mehr im Wege. Zur Not bestaunt man die wirklich hübsche Ausstattung.
Und wenn das nicht reicht: für die Erklärung, wie denn aus Robin Longstride Robin Hood wird - eigentlich das Hauptthema dieses Films ja, allein dafür muss man den Film gesehen haben. So verarscht hat ein Film sein zahlendes Publikum schon lange nicht mehr.
Und wenn das nicht reicht: für die Erklärung, wie denn aus Robin Longstride Robin Hood wird - eigentlich das Hauptthema dieses Films
ja, allein dafür muss man den Am Ende ist "Robin Hood" für mich ein Film der vergebenen Chancen. Die Probleme beginnen aber schon beim Titel des Films, der wohl nur aufgrund besserer Plakatierbarkeit gewählt wurde. Die in vielen Bereichen guten Ansätze werden in weiterer Folge nicht durchgezogen und gipfeln in einem Ende, das in all seiner Dummheit kaum fassbar ist. So bleibt ein recht solides Grundgerüst, das am Ende für einen mittelalterlichen Action-Reisser herhalten musste. Dabei hätte eine Art "Batman Begins" im Robin Hood-Universum durchaus funktionieren können. Und auch eine angenehme Entkitschung des ganzen Themas wäre drin gewesen.
Wobei: das ist Scott vielleicht zu einem großen Teil gelungen, sicher auch dank Russell Crowe. Wäre da nicht diese Teletubbie-Szene am Schluss im Wald
Und Chuck Norris