OT: Jiang Shi
HORROR: Hongkong, 2013
Regie: Juno Mak
Darsteller: Chin-Siu Ho, Kara Hui, Pau Hei-Ching, Anthony Chan Yau
Als Onkel Tung stirbt und seine Frau ihn mithilfe eines Schwarzmagiers wieder zum Leben erwecken will, beginnen nicht nur die bösen Geister in einem alten, heruntergekommenen Hongkonger Apartmenthaus ihr Unwesen zu treiben, sondern auch ein uralter Vampir. Ein Vampir-Jäger a.D. und der lebensmüde Siu-ho stellen sich den todbringenden Dämonen...
Ist es wirklich schon wieder über eine Dekade her, als wir uns zutiefst beunruhigt Sadakos tödlichen Videobotschaften angesehen und uns asiatische Schreckgespenster mit langen, schwarzen Haaren das Fürchten neu gelehrt haben? Als aus Japan, Südkorea und Thailand beinahe im Stakkato Geisterfilme kamen, die heute völlig zu Recht als moderne Klassiker im Horrorgenre gelten? - Unheimlich wie die Zeit vergeht...
Doch auch wenn der Ruhm der ersten RING und JU-ON-Streifen, der originalen SHUTTER und PULSE oder dem herrlich bizarren EXTE, UZUMAKI und INFECTION-Dreigestirn noch nicht vergangen ist; der moderne asiatische Geisterfilm hat seinen Zenit längst schon wieder überschritten.
Die gute, alte SADAKO wurde unlängst in 3D endgültig verheizt; jüngst hat Altmeister Hideo (RING, CHAOS) Nakato mit seinem neuesten Genrebeitrag THE COMPLEX enttäuscht und nun versucht der Musiker und Schauspieler Juno Mak aus Hong Kong mit RIGOR MORTIS-LEICHENSTARRE verlorenen Boden gut zu machen. Dabei bedient er sich sowohl den Elementen des modernen J-Horrors sowohl dem landsmännischen Vermächtnis der Shaw Brothers, als diese in den Siebzigern und Achtzigern der BLACK MAGIC frönten und Filme wie SEEDING OF A GHOST auf die Menschheit losgelassen haben. Eine Brise Martial Arts darf natürlich auch nicht fehlen.
"Vampir-Action", sagt die Deadline, doch wer sich nun Rambazamba wie im Titty Twister kurz vor der morgendlichen Sperrstunde erhofft; sollte seine Erwartungshaltung noch einmal überdenken. Zwar bedient sich RIGOR MORTIS nicht des insbesondere im japanischen Horrorfilm beliebten Lava-Tempos (Kennt jemand noch den ersten TOMIE?), ist über weite Strecken aber auch alles andere als actionlastig.
Viel mehr haben wir es hier mit einem zunächst recht unwirtlichen Film zu tun, der mit einem verwahrlosten, heruntergekommenen Appartmentkomplex als Schauplatz aufwartet, in welchem die überwiegend alten Mieter unter einem Dach mit den Geistern vergangener Tragödien leben. Hinzukommen ein junger Selbstmordkandidat und ein abgehalfteter Vampirjäger a.D. als Hauptfiguren.
Der Einstieg ist recht unpersönlich und sperrig. Man wird nicht gleich warm mit Juno Maks Debüt und man meint schon fast den Hammerschlag zu vernehmen, mit dem der nächste Nagel in den Sarg des modernen asiatischen Geisterfilms geschlagen wird.
Doch nach einer halben Stunde hat RIGOR MORTIS die Kurve bekommen; sein geneigtes Publikum eingefangen. Dann empfiehlt sich RIGOR MORTIS mit jenseitiger Atmosphäre, ekligen Bildern, surreal-alptraumhaft anmutenden Szenen mit unheimlichen, übermenschlich großen Gestalten, die nachts durch die verwahrlosten Korridore streifen und einer derben Totenbeschwörung, die Erinnerungen an die bereits erwähnten BLACK MAGIC-Messen aus dem Hause Shaw wachruft. Juno Mak entpuppt sich nicht nur als ein Meister des Cantopops, sondern auch als einer der morbiden Bildersprache.
Doch irgendwann im Mittelteil verfällt der Film fast selbst in seine titelgebende Leichenstarre, bevor er sich in den letzten zwanzig Minuten nochmal zu einem blutrünstigen Finale aufrafft. Mehr als einmal bietet der oft zähe, aber stets düstere Film Szenarios, die aufsehen lassen und doch wirkt das Ganze nicht wirklich ausbalanciert. Eine durchgängig auffällige Sperrigkeit verhindert den ganz großen Filmgenuss.
Interessant aber der Aspekt, dass Vampire je nachdem in welchem Kulturkreis sie sich bewegen, andere Lebensmittelaversionen entwickeln. Während sich unsere europäischen Blutsauger vor Knoblauch ekeln, verabscheuen ihre Artgenossen aus Hongkong offenkundig Klebreis. Na ja, auch nicht mehr verwunderlich als das WTF-Erlebnis aus dem argentinischen BLOOD OF VIRGINS, als Dracula sich nicht als Fledermaus, sondern als Möwe in die nächtlichen Lüfte schwingt...
Cantopop-Meister Juno Mak übt sich in morbider Hongkonger Filmkunst und kredenzt einen leider nicht immer ausgewogenen Geister-/Vampir-/Black Magic-Mix, der immer düster, aber auch sehr sperrig daherkommt. Auffallend jedoch die eigenwillige Bildersprache, die sich sowohl in ungewöhnlichen Szenarien als auch im Blute suhlt.